63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
uns für sehr reich halten.“
„Und ist doch alles erst geliehen, eben dieses Eindrucks wegen. Wenn er nur mitmacht!“
„Ich denke, daß er auf die Bedingungen eingeht.“
„Er wäre dumm, wenn er nicht ja sagte. Wir haben wirklich keinen roten Heller mehr. Was sagte denn dieser alte Salomon Levi?“
„Er hat bereits ein Papier von ihm, will aber das Geld geben. Der Vater des Leutnants ist sehr reich.“
„So wird der Sohn das Geld klarmachen. Na, jetzt kannst du gehen, denke ich.“
Der Mann betrachtete sich im Spiegel, zog die Krawatte zurecht, schob die Papiermanschetten aus den Rockärmeln hervor, nahm eine möglichst imposante Haltung an und trat dann bei dem Leutnant ein.
Dieser hatte sich niedergelassen. Er erhob sich, machte ein militärisches Honneur und fragte:
„Gewiß, Herr Schönlein?“
„Habe die Ehre!“ antwortete der Gefragte in herablassender Weise. „Herr Leutnant von Scharfenberg?“
„Zu dienen!“
„Bitte, nehmen Sie wieder Platz!“
Sie setzten sich einander gegenüber, und der Leutnant fragte, als der andere zu beginnen zögerte:
„Die Ursache meiner Anwesenheit ist Ihnen bekannt?“
„Ja. Sie teilten Sie mir ja mit.“
„Und Sie sind bereit – hm! Ja?“
Herr Schönlein räusperte sich und meinte dann in einem sehr selbstgefälligen Ton:
„Vielleicht. Man kann ja darüber sprechen. Eigentlich habe ich es nicht nötig. Ich lebe von meinen Ersparnissen und brauche doch nicht Zins auf Zins zu häufen. Nun wurde mir vor kurzem ein Kapitälchen flüssig, welches ich erst in einiger Zeit wieder fest anlegen kann. Bis dahin läge es im Schrank, ohne irgendeinen Nutzen zu bringen. Da dachte ich, daß vielleicht jemand damit gedient sein könne, und so ließ ich die Annonce einrücken.“
„Haben sich Reflektanten gemeldet?“
„Oh, eine Unsumme! Aber ich habe doch gezögert und gezögert. Es vermochte keiner, mir Vertrauen einzuflößen. Man bot mir hohe, sehr hohe Zinsen und außerdem ansehnliche Vergütungen. Aber ich brauche das nicht. Was helfen mir gute Bedingungen, wenn ich mein Geld nicht wieder bekomme!“
„Da haben Sie sehr recht!“
„Lieber suche ich mir einen sicheren Mann heraus, der mir das Geld pünktlich zurückgibt, und lasse es ihm zu dem Bankiersatz.“
„Wie ist dieser?“
„Drei Prozent.“
„Wie? Mehr verlangen Sie nicht?“
„Nein. Warum mehr? Ich habe bereits gesagt, daß ich es nicht brauche.“
„Nun, dann wünsche ich nur, daß ich nicht auch zu denjenigen gehöre, denen Sie kein Vertrauen schenken können!“
„Na, um aufrichtig zu sein, Sie gefallen mir. Doch, ich kenne Ihre Verhältnisse nicht.“
„Sie haben noch nicht von der Familie Scharfenberg gehört?“
„Nein.“
„Der Oheim ist Regierungsrat und Direktor der Landesanstalt zu Rollenburg –“
„Hm! Das klingt empfehlend!“
„Mein Vater ist Offizier, lebt aber jetzt verabschiedet und zurückgezogen auf seinen Gütern. Er ist höchst sparsam und glaubt, man könne noch so auskommen, wie zu seiner Zeit. Da halte ich es nun für besser, für jetzt so wenig wie möglich an seine Kasse anzuklopfen. Sie verstehen –!“
„Sehr gut, sehr gut! Junges Blut will ausbrausen. Die Alten haben vergessen, daß sie selbst so gewesen sind. Man soll die Jugend genießen, zumal wenn es die Verhältnisse erlauben, gewisse unvermeidliche Verbindlichkeiten später abzutragen.“
„Das ist bei mir der Fall. Ich bin der einzige Erbe.“
„Sehr gut! Es ist mir, als ob ich mich für Sie entschließen könnte. Wieviel brauchen Sie?“
„Hm! Ich möchte gern eine Summe haben, welche mich nicht für nur ganz kurze Zeit selbständig macht.“
„Ganz recht! Also bitte, wieviel?“
„Hm, sechs-, acht- oder zehntausend Gulden?“
„Das ist so nahekommend an das, was ich liegen habe. Sie brauchen es sofort?“
„Sogleich.“
„Welche Sicherheit bieten Sie?“
„Wechsel und Ehrenschein.“
„Das würde genügen. Also, sind Ihnen drei Prozent recht, Herr Leutnant?“
„Ja gewiß, mehr als recht. Ich finde, Herr Schönlein, daß Sie ein nobler, ehrenwerter Mann sind!“
Er war förmlich elektrisiert von dem Gedanken, jetzt, sofort zehntausend Gulden zu erhalten.
„O bitte“, lautete die Antwort. „Es ist mir ein Vergnügen, einem Kavalier beispringen zu können. Also wollen wir?“
„Wenn es Ihnen recht ist?“
„Gewiß! Darf ich Ihnen das Wechselformular zur Ausfüllung vorlegen?“
„Bitte! Wie lange wollen Sie mir die Summe lassen?“
„Hm,
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