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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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stockend.
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    „Hm! Sie scheinen hier eine kleine Abweichung zu machen. Doch, wir treffen am richtigen Ort wieder zusammen. Auf jenem Dorf hat sie geboren?“
    „Ja.“
    „Und dann?“
    „Dann ging sie mit dem Kind nach Paris.“
    „Nicht sogleich. Sie tötete das Kind vorher.“
    „Teufel! Davon habe ich keine Ahnung.“
    „Sie schob den Verdacht auf eine andere, welche bis heute unschuldig im Zuchthaus gesessen hat.“
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    „Ein verfluchtes Frauenzimmer!“
    „Eine Teufelin! Aber bitte, nahmen Sie vielleicht vor ihrer Übersiedelung nach Paris Abschied von ihr?“
    „Nein.“
    „Besaß sie die Mittel, um eine solche Reise unternehmen und dann auf einige Zeit leben zu können?“
    „Sie mochte sich von meinen Geschenken so viel gespart haben.“
    „Hm! Wollen Sie mir das Dorf nennen, wo sie wohnte?“
    „Der Name ist mir entfallen.“
    „Das kommt vor, schadet aber nichts, da es uns gelungen ist, dieses Dörfchen ausfindig zu machen. Es ist allerdings ein kleines, sehr kleines Dörfchen. Wollen Sie vielleicht die Güte haben, es sich von mir zeigen zu lassen?“
    Er stand auf und schritt nach der Tür.
    „Wohin?“ fragte der Leutnant bestürzt.
    „Bitte, folgen Sie mir!“
    Scharfenberg konnte sich selbst jetzt noch dieses Verhalten nicht erklären; er schritt hinter dem Assessor her, welcher dem Korridor nach der andern Seite des Hauses folgte, dort vor einer Tür stehenblieb, zwei Schlüssel aus der Tasche zog und dann öffnete.
    „Wetter noch einmal! Wie kommen Sie zu diesen Schlüsseln?“
    „Ich habe sie vom Herrn Gerichtsrat erhalten. Man muß ja immer vorbereitet sein. Bitte, treten Sie ein!“
    Der Leutnant folgte dem Juristen, welcher auch die zweite, nach dem Schlafzimmer führende Tür öffnete und dann sagte:
    „So! Hier ist das kleine, winzige Dörfchen, wo sich Fräulein Editha von Wartensleben aufhielt. Nicht?“
    Der Leutnant schluckte und schluckte, als habe er etwas in der Kehle, was ihm sehr zu schaffen machte. Dann fragte er:
    „Wer hat Ihnen dies verraten?“
    „Wir wissen es; das ist genug. Ebenso sind wir auch über die Ersparnisse aufgeklärt, welche die Mittel zur Reise bildeten. Das waren nämlich die fünftausend Gulden, welche in Petermanns Kasse fehlten.“
    Jetzt war es mit der Fassung des Leutnants zu Ende. Er sank auf das Sofa nieder und sagte kein Wort. Diesen Eindruck mußte nun der Assessor erfassen. Er trat an das Fenster, ergriff die Rouleauschnur und bemerkte:
    „Von dieser Schnur hat sie ein Stück abgerissen und damit das Kind erdrosselt, Herr von Scharfenberg!“
    „Das – das ist – ich bin unschuldig daran. Ich weiß von diesem Mord nicht das geringste!“
    „Wenn ich auch annehmen will, daß Sie recht haben, warum zwingen Sie mich da, Ihnen nicht zu glauben?“
    „Zwingen?“
    „Ja. Sie sprechen von einem Dorf, welches aber gar nicht existiert, und Sie reden von Ersparnissen, die gar nicht vorhanden waren. Wie soll ich da das andere glauben?“
    Er stand in aufrechter Haltung vor dem auf seinem Sitz zusammengesunkenen Leutnant, welcher nichts zu sagen wußte, und fuhr nach einer Weile fort:
    „Ich bin Kriminalist und als solcher auch Psychologe. Ich gewöhne mich, in das Innere derjenigen Menschen gewaltsam einzudringen, welche mir dieses Eindringen nicht freiwillig gestatten. So liegt nun auch Ihre Seele offen vor mir. Ich weiß, daß Sie an dem Mord unschuldig sind, und daß Sie mir in Beziehung des Geldes nichts sagen, weil Sie dann eine recht, recht schwere Unterlassungssünde einzugestehen hätten. Aber dieses Geständnis bleibt Ihnen nicht erspart. Sie müssen es machen, heute oder morgen, freiwillig oder gezwungenerweise. Und so sage ich Ihnen, daß es besser ist, Sie offenbaren sich jetzt mir, als daß Sie an Gerichtsstelle und öffentlich davon sprechen müssen. Wollen Sie?“
    „Fragen Sie!“ seufzte der Leutnant.
    „Waren Sie, als die Leda von hier verschwand, hier anwesend?“
    „Ja.“
    „Warum entfloh sie?“
    „Mein Vater hatte geschrieben, daß er kommen werde.“
    „Dem wollte und mußte sie natürlich aus dem Weg gehen. Gab es kein anderes Mittel, als diese Flucht?“
    „Ich wollte sie einstweilen ausquartieren und suchte nach einer passenden Wohnung. Am Abend war sie verschwunden. Wohin, das erfuhr ich erst durch den ersten Brief, den Sie mir aus Paris sandte.“
    „Und mit ihr waren die fünftausend Gulden verschwunden?“
    „Ja.“
    „Hat sie diesen Diebstahl

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