63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
irgendeinmal erwähnt?“
„Sie schrieb mir, ich solle mich nicht wundern, daß sie sich aus der Kasse des Inspektors versorgt habe.“
„Besitzen Sie diesen Brief noch?“
„Ja.“
„Sie werden mir ihn geben.“
„Muß das sein?“
„Ich muß ihn unbedingt fordern! Petermann wollte von der Leda nichts verraten; Sie waren zu schwach, Ihrem Vater ein offenes Geständnis abzulegen, und so fiel er als Opfer.“
„Ich glaubte, Vater werde Nachsicht walten lassen. Ich wollte von Tag zu Tag gestehen, kam aber nie dazu.“
„Ich bin in dieser Angelegenheit nicht Ihr Richter. Wo haben Sie den erwähnten Brief?“
„Drüben bei mir.“
„Gehen wir also hinüber. Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß diese beiden Zimmer nicht betreten werden dürfen. Die Schlüssel nehme ich mit.“
Als er drüben den alten und doch so wichtigen Brief erhalten hatte, schickte er sich zum Gehen an. Der Leutnant hatte seinen ganzen Stolz verloren. Ihm war nur angst vor seinem Vater. Darum fragte er endlich kleinlaut:
„Wird die Leda wegen dieses Diebstahls ebenso wie wegen des Mordes in Anklage gesetzt?“
„Ja.“
„Und bestraft?“
„Das versteht sich.“
„Dann wird aber auch offenbar, daß Petermann unschuldig ist.“
„Gewiß! Ich selbst werde dafür sorgen, daß dies durch die Presse soweit wie möglich veröffentlicht wird.“
„Um Gottes willen! Denken Sie dabei an meinen Vater!“
„Der alles, alles erfahren wird.“
„Ja, alles!“
„Es wird eine fürchterliche Szene geben!“
„Jedenfalls.“
„Entsetzlich! Ich möchte mich erschießen!“
„Herr Leutnant, ich darf hierbei nur an den unschuldigen Petermann denken!“
„Warum dürfen Sie nicht auch mich berücksichtigen? Petermann ist frei. Er hat es ja nun hinter sich!“
„Und seine Ehre? Nein, er muß vollständig rehabilitiert werden. Sie sind Offizier; aber Sie sind Egoist und – ein ganz gehöriger Feigling!“
„Herr Assessor!“
„Pah! Ich werde Ihnen und jedem die Wahrheit sagen. Sie fürchten sich vielleicht nicht, eine Schanze zu stürmen, denn dabei sind hundert Möglichkeiten vorhanden, daß Sie unversehrt bleiben. Handelt es sich aber um ein Übel, welches unvermeidlich ist, dem Sie nicht entgehen können, so fehlt Ihnen der Mut. Sie hätten das fürchterliche Opfer, welches Petermann brachte, niemals annehmen dürfen. Er hat wohl von Stunde zu Stunde, von Minute zu Minute gehofft, daß Sie den bitteren Kelch von ihm nehmen würden; er hat noch bei der Verhandlung ‚Ja‘ gesagt, wohl in der festen Überzeugung, daß Sie aus dem Kreis der Zuhörer hervorspringen würden, um ein lautes ‚Nein‘ zu rufen – vergeblich! Er wurde abgeführt und trug die unverdiente Schande. Er hat einen riesenhaften Heldenmut bewiesen, Sie aber eine ebenso große Feigheit. Ich sage Ihnen das unter vier Augen. Wollten Sie mich fordern, so würde ich mich mit Ihnen nicht schlagen. Der Grund liegt auf der Hand. Ich gebe Ihnen den einzigen guten Rat: Gestehen Sie Ihrem Vater alles, noch ehe wir die Verpflichtung haben, ihm die betreffende Mitteilung zu machen. Adieu!“
Der Offizier blieb wortlos. Er wagte nicht zu antworten. Der Assessor ging. Er hatte hier nichts mehr zu tun. Freilich war seiner Pflicht noch nicht Genüge geschehen. Er hatte noch eine zweite Unterredung zu suchen und begab sich nach dem Palais des – Barons Franz von Helfenstein.
Dieser war anwesend und konnte sich nicht denken, was ein Assessor von Schubert bei ihm wolle. Er sprach ihn sozusagen nur von oben herab an und bedeutete ihm, seine Angelegenheit in möglichster Kürze vorzubringen.
„Verzeihung, Herr Baron“, antwortete der Assessor, „ich muß dieser Angelegenheit gerade so viele Zeit widmen, wie sie verdient. Es handelt sich um eine Erkundigung nach einer Person, welche in Ihren Diensten gestanden hat.“
„Wer ist das?“
„Eine gewisse Laura Werner.“
„Kenne sie nicht.“
„Wollen der Herr Baron vielleicht versuchen, sich zu erinnern? Es würde mir lieb sein.“
„Ich merke mir dergleichen nicht. Gehen Sie zum Hausmeister, der wird Ihnen Auskunft erteilen. Wer behält die Namen der Dienstboten im Gedächtnis!“
„Ich gebe das zu. Darum bin ich überzeugt, daß Sie sich desto besser einer anderen Person erinnern werden, welche nicht in Ihren Diensten gestanden hat.“
„Wer soll das sein?“
„Eine gewisse Aurora Bormann.“
„Kenne sie nicht.“
„Auch nicht ein Fräulein von Wartensleben?“
Der Baron hatte sich
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