63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
handelte. Womit kann ich dienen?“
„Ich ließ Ihnen bereits sagen, daß –“
„Ach ja – ein Wechsel! Wie hoch?“
„Zweitausend Gulden.“
Er sagte dies nur halblaut. Fast schämte er sich, ein so unbedeutendes Sümmchen von einem Mann zu verlangen, welcher in dieser Weise mit Millionen um sich warf. Freimann nickte leichthin, griff nach einem Verzeichnis, warf einen raschen Blick darauf und sagte:
„Wirklich einen Wechsel?“
„Ja.“
„Ich habe heute bereits vier eingelöst, und fünf sind nicht verzeichnet. Da muß ein Irrtum stattfinden.“
„Verzeihung! Es ist ein Papier auf Sicht.“
„Ach so! Bitte, zeigen Sie!“
Er nahm das Akzept in Empfang, betrachtete es, schüttelte den Kopf und fragte:
„Dieses Geld wollen Sie haben?“
„Ja.“
„Mit welchem Recht?“
„Ich habe es in Zahlung empfangen.“
„Hm! Nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Leutnant, aber Sie sind wohl kein Freund von geschäftlichen Manipulationen?“
„Ich gestehe allerdings aufrichtig, daß –“
Er stockte. Er begann, Besorgnis zu hegen, daß Freimann das Papier aus irgendeinem Grund nicht honorieren werde. Dieser nickte lächelnd und meinte:
„Das dachte ich mir. Der Wechsel ist zwar ganz richtig an Sie übertragen, denn hier steht ‚Für mich an die Order des Herrn Leutnant von Scharfenberg‘, aber Ihren Namen haben Sie noch nicht eingetragen.“
„Ah so!“ sagte Scharfenberg im Ton der Erleichterung. „Das werde ich sofort nachholen! Erlauben Sie mir die Feder!“
Er setzte seinen Namen hin und sagte dann:
„So, nun ist das Hindernis beseitigt!“
„Dieses, ja!“
„Wie? Sollte es ein zweites geben?“
„Allerdings“, meinte Freimann unter einem überlegenen Lächeln.
„Welches?“
„Aber, bitte, Herr Leutnant, haben Sie denn das Papier nicht gelesen, bevor Sie es in Zahlung nahmen?“
„Oberflächlich, ja.“
„Oberflächlich? Nehmen Sie mir es nicht übel; aber wenn es sich um zweitausend Gulden handelt, so sieht man doch ein wenig genauer hin! Selbst ich, der ich über bedeutende Mittel verfüge, wie Sie wohl bemerkt haben, pflege in dieser Beziehung höchst sorgsam zu sein.“
Jetzt wurde es dem Leutnant abermals angst.
„Sollte der Wechsel vielleicht einen Fehler haben?“ fragte er.
„Nein. Darüber kann ich Sie beruhigen; aber – hm! Vielleicht habe ich Sie um Verzeihung zu bitten, weil ich kein Recht hatte, das Wort Sorgsamkeit zu erwähnen. Vielleicht habe ich Sie nur falsch verstanden. Sie wissen natürlich, daß ich der Akzeptant des Papieres bin?“
„Ja, natürlich!“
„Und Sie wünschen, daß ich es einlöse?“
„Ja.“
„Also wirklich, ich habe Sie nicht falsch verstanden? Ich soll den Wechsel einlösen, nicht aber diskontieren?“
„So meine ich es.“
„Aber, mein bester Herr Leutnant, das habe ich ja ganz und gar nicht nötig!“
„Nicht? Donnerwetter! Wieso? Er ist ja auf Sicht gestellt, Herr Freimann!“
„Ja, auf Sicht gestellt, aber nicht nach Sicht zu zahlen. Jetzt sehe ich allerdings, daß Sie die Worte nur oberflächlich betrachtet haben. Bitte, sehen Sie her!“
Der Leutnant las zu seinem Erstaunen:
„Drei Monate nach Sicht zahlen Sie an die Order –“
„Himmeldonnerwetter!“ fluchte er.
„Hm! Ja!“ meinte Freimann. „Unangenehm allerdings, aber doch kaum abzuändern. Sie können mir den Zinsverlust nicht zumuten. Bitte, kommen Sie in einem Vierteljahr wieder, Herr Leutnant.“
Er gab den Wechsel zurück. Scharfenberg drehte denselben sehr verlegen in den Händen herum. Erstens war er blamiert, und zweitens hätte er doch gar zu gern das Geld gehabt. Lieber wollte er seinerseits auf die Zinsen verzichten.
„Ich sehe ein“, sagte er, „daß Sie allerdings nicht verpflichtet sind, Ihr Akzept einzulösen; aber, bitte, würden Sie es vielleicht diskontieren?“
„Hm! Sie haben gehört, welche Bestellungen ich mache. Ich brauche mein Geld selbst notwendig. Bargeld zieht man nicht ohne Not aus dem Geschäft, selbst wenn es sich nur um zweitausend Gulden handelt. So klein dieser Betrag ist, ich kann mir mit ihm in drei Monaten Vorteile verschaffen, welche jedenfalls nicht unansehnlich sind.“
„Ich will Sie ja gern entschädigen.“
„So! Hm! Brauchen Sie das Geld so notwendig?“
„Zur Not allerdings nicht; aber lieb wäre es mir doch, wenn ich es haben könnte.“
„Nun, wie viele Prozente denken Sie sich denn?“
„Vielleicht die landesläufigen sechs?“
„Ist sechs wirklich
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