63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
vorgesehen!“
„Inwiefern?“
„Ich habe Garantie verlangt.“
„Hat man sie geleistet?“
„Ja. Der Mann, welcher die Bestellung machte, hatte für mich zwanzig Gulden eingehändigt bekommen.“
„Das ist etwas anderes.“
„Sie meinen also, daß es Staudigel mit der Leda ist?“
„Ja.“
„Hm! Ich dachte mir so etwas Ähnliches. Geheimnisvoll war es, da sie nicht erkannt sein wollen.“
„Sie werden sie doch sehen!“
„Nein.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Es wurde mir gesagt, ich solle mich nicht wundern, wenn die Herrschaften eine Maske vor dem Gesicht tragen würden. Sie würden sich sofort auf ihr Zimmer begeben, und sie wünschen, von mir bedient zu werden. Nach dem Souper hätte ich mich zu entfernen. Die zwanzig Gulden seien zu meiner Sicherheit. Es verstehe sich aber ganz von selbst, daß das Souper nicht für diesen Preis verlangt werde.“
„Dann macht sich dieser Herr Staudigel einmal nobel. Würden Sie mir einen Gefallen tun?“
„Welchen?“
„Ich möchte die beiden belauschen.“
„Ist das nicht zuviel verlangt?“
„Wohl nicht.“
„Ich habe auf meine Gäste zu sehen.“
„Auch ich bin Ihr Gast.“
„Sie verlangen einen Vertrauensbruch.“
„Besitzen etwa Sie das Vertrauen dieser beiden, welche Sie nicht einmal wissen lassen, wer sie sind?“
„Hm!“
„Ist es nicht auch für Sie besser, wenn ich sie belausche? Was können die beiden im Schilde führen? Vielleicht ist das Souper nur ein Vorwand. Übrigens wissen sie, daß wir Reporter so halb und halb als Polizisten betrachtet werden müssen.“
„Ich weiß sehr wohl, daß Sie mit der Polizei in fleißiger Beziehung stehen.“
„Wie nun, wenn ich gerade in diesem Fall einen höchst triftigen Grund hätte, zu erfahren, wer die beiden sind und was sie sprechen.“
„Ja, wenn ich wüßte, daß sie nichts davon erfahren, daß sie belauscht werden.“
„Dafür zu sorgen, das ist Ihre Sache.“
„Sie selbst werden nichts verraten?“
„Nein.“
„Nun gut, ich will Ihnen zu Willen sein. Bitte, bemühen Sie sich mit herauf nach dem Zimmer, in welchem die beiden speisen werden. Wenn Sie die Lokalität kennen, werden sie leichter sagen können, in welcher Weise wir uns zu arrangieren haben.“
DRITTES KAPITEL
Eine Tau-ma
Als Werner, der Theaterdiener, Max Holm verlassen hatte, war er zu dem Theaterarchiv gegangen, um sich von ihm die Partitur zur ‚Königin der Nacht‘ geben zu lassen und hatte diese zu dem Kapellmeister getragen. Dann war er nach Hause zurückgekehrt, freudigen Herzens über die Summe, welche er von Holm geliehen erhalten hatte.
Auch er wohnte in einem Hinterhaus. Sein ärmliches Logis lag gar vier Treppen hoch, und zwar so, daß die Fenster desselben nach dem Hof gingen.
Er hatte unterwegs einige Nahrungsmittel eingekauft und freute sich über die frohen Gesichter, welche beim Anblick des Brots und der Wurst zu erwarten waren.
Aber als er die letzte Stiege hinter sich hatte, tönte ihm ein lautes mehrstimmiges Jammern und Klagen entgegen. Er blieb stehen und horchte. Es war kein Zweifel, die Töne, welche er hörte, kamen aus seiner eigenen Wohnung.
„Herrgott, was ist da los! Was wird da einmal wieder geschehen sein!“ flüsterte er erschrocken. „Nimmt denn das Elend nie ein Ende?“ fügte er bestürzt hinzu.
Er öffnete die Tür. Das kleine Zimmer war voller Menschen, welche, außer zweien, aber alle zur Familie gehörten. Ein fürchterlicher Duft ja geradezu Gestank herrschte in dem Raum. Er war so stark, daß man trotz der Kälte ein Fenster geöffnet hatte, und kam von der weiblichen Gestalt, welche mit vollständig verhülltem Gesicht auf einem hölzernen Schemel in der Ecke hockte.
Die zwei, welche nicht zur Familie gehörten, standen in der Mitte der Stube. Sie trugen Uniformen. Der eine hatte einen langen Zettel in der Hand und der andere einen kleinen Blechkanister, dessen Inhalt man nicht sehen konnte.
Die kleineren Kinder weinten laut. Eine erwachsene Tochter verhandelte mit den zwei Beamten.
Sie hatte ein bleiches, aber sehr regelmäßig geschnittenes Gesicht und eine hohe, volle Gestalt. Hätte nicht die Sorge in der armen Wohnung ihre Hütte aufgeschlagen gehabt, so wäre dieses Mädchen jedenfalls eine große, sogar eine üppige Schönheit gewesen.
Als der Theaterdiener eintrat und die beiden erblickte, blieb er erschrocken stehen.
„Guten Tag, meine Herren“, stammelte er.
„Guten Tag“, antwortete der eine. „Wer sind Sie?“
„Ich
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