63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
anredete:
„Sapperlot, Herr Holm, träumen oder dichten Sie?“
Er blickte erschrocken auf.
„Herr Kommissionsrat! Verzeihung!“
„Sie müssen denn doch, ganz gegen meine Meinung, ein schlechter Reporter gewesen sein. Suchen Sie die Neuigkeiten auf Ihren Fußspitzen?“
„Doch nicht. Ein jeder Mensch hat einmal einen Augenblick, an welchem er nicht zu Hause ist.“
„Und diesen Augenblick haben Sie jetzt? Schön! Worüber dachten Sie nach?“
„Über die Aufgabe, welche Sie mir gestellt haben.“
„Prächtig! Werden Sie sie lösen?“
„Zur Zufriedenheit.“
„Nicht zu sanguinisch, mein Lieber!“
„Ich überschätze mich nie, Herr Kommissionsrat; aber der Stoff, den ich mir gesammelt habe, verbürgt mir den Erfolg.“
„Ist er interessant?“
„Noch viel mehr!“
„Also hochinteressant?“
„Selbst noch mehr als das. Er ist geradezu zündend. Mein Artikel wird in die Gesellschaft platzen wie eine Granate.“
„Halten Sie Wort! Ihr Schaden wird es nicht sein! Darf ich vielleicht bereits jetzt etwas erfahren?“
„Ich möchte Sie ersuchen, mich von einer Mitteilung jetzt zu dispensieren.“
„Ganz wie Sie wollen. Aber wann erhalte ich die Arbeit?“
„Sobald sie beendet ist.“
„Hm! Das ist höchst unbestimmt. Ich hatte gerechnet, bereits für die morgige Nummer etwas zu bekommen.“
„Unmöglich!“
„Warum?“
„Ich darf Ihnen nichts Unreifes geben, und ebenso müssen die Ereignisse erst zur Reife gelangen.“
„Vielleicht ist's dann zu spät, diesem Residenzblatt eine Schlappe zu bereiten.“
„O nein! Die Schlappe wird beispiellos sein.“
„Nun gut, so will ich Ihnen vertrauen. Sie besuchen doch morgen die Vorstellung?“
„Ja. Ich werde mir bereits heute ein Billet besorgen.“
„Ist nicht notwendig. Hier haben Sie ein Passepartout. Behalten sie es. Es öffnet Ihnen alle Türen.“
Er ging weiter. Holm steckte das Billet ein und begann nun erst, sich zu orientieren. Er befand sich auf der Palaststraße.
„Ich habe wahrhaftig geträumt“, murmelte er. „Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Doch halt, es ist ja gut, daß ich mich in dieser Gegend befinde. Gehe ich immer geradeaus, so komme ich nach dem Bellevue, wo morgen der Oberstclaqueur mit der Leda Hochzeit hält. Ich werde mich doch einmal erkundigen, ob er sich bereits das Logis reserviert hat.“
Als er am Palais des Fürsten von Befour vorüberschritt, trat dieser soeben aus dem Portal. Holm zog ehrerbietig den Hut, und der Fürst dankte sehr leutselig.
„Wie steht es mit der Hand?“ fragte der letztere. „Haben sich Schmerzen eingestellt?“
„Nein, Durchlaucht. Es scheint alles gut.“
„Wollen es wünschen. Gehen Sie spazieren oder in Geschäften?“
„Beides. Ich spaziere und denke dabei an das Geschäft.“
„Auch ich wollte ein wenig Schneeluft schöpfen. Wohin wenden sie sich jetzt?“
„Nach dem Bellevue.“
„Nehmen Sie mich mit?“
Holm war ganz entzückt, mit diesem Mann gehen zu können, und drückte das in Worten aus.
„Bitte, keine Überschwenglichkeiten“, sagte der Fürst. „Wir Menschen sind gleichwertig, sobald ein jeder seine Pflicht erfüllt. Wie ich hörte, hat Ihr Engagement eine Änderung erfahren?“
„Wie? Durchlaucht wissen das bereits?“
Der Fürst lächelte leise vor sich hin und antwortete:
„So etwas spricht sich schnell herum. Ist Ihnen vielleicht eine Probeaufgabe geworden?“
„So etwas Ähnliches. Wenigstens möchte ich es so nennen.“
„Darf man es wissen?“
„Gewiß! Es betrifft den für morgen zu erwartenden Wettstreit zwischen den beiden Tänzerinnen. Durchlaucht haben, wie ich gestern zu hören die Ehre hatte, die Amerikanerin gesehen?“
„Einige Male. Sie wird siegen.“
„Ich möchte es bezweifeln.“
„Und ich behaupte es.“
„Sie hat es mit Gegnern zu tun, denen selbst das unehrlichste Mittel gut genug ist, wenn es nur dazu dient, den Zweck zu erreichen.“
„Sie wird dennoch siegen, wenn auch nicht morgen.“
„Ja, wenn Durchlaucht so meinen, dann bin ich freilich ganz derselben Meinung. Aber wehe diesen Intriganten, wenn sie es zu toll treiben! Sie bekommen es mit mir zu tun!“
„Ah! Sind Sie so fürchterlich?“
„Wenigstens hoffe ich, meinen Mann zu stellen.“
„Sie werden Ihre Lanze der Amerikanerin zu Ehren einsetzen, wie ich vermute?“
„Sicher! Und wen diese Lanze trifft, der ist verloren.“
„Diese Worte lassen vermuten, daß Sie sich bereits in den Besitz guter Waffen
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