63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
gesetzt haben?“
„Ja; ich bin so glücklich gewesen, Dinge zu erfahren, welche mich an meinem Sieg nicht zweifeln lassen. Die Gegner unserer Miß Ellen haben sich Blößen gegeben, welche nicht mehr zu verhüllen sind.“
„Darf man vielleicht diese Blößen kennenlernen?“
„Da müßte man erst die Gegner kennen.“
„Nun, wer sind sie?“
„Zunächst dieser Herr Intendant des Residenztheaters.“
„Was ist er für ein Mann?“
„Dumm, stolz und eingebildet, und dabei ein großer Bewunderer der Schönheit.“
„Ah! Die Amerikanerin ist schön; also sollte er eigentlich nicht zu ihren Gegnern zählen.“
„Sie ist schön, sehr schön, das ist wahr. Aber ihre Schönheit ist eine dianenhafte; sie ist keusch, rein, unberührbar. Der Intendant hat einen vergeblichen Angriff unternommen und ist auf eine geradezu demütigende Weise abgewiesen worden. Leda dagegen hat ihn erhört.“
„Dann läßt sich allerdings die Gegnerschaft begreifen. Die übrigen Widersacher? Wer sind sie?“
„Der Kapellmeister, der Ballettmeister, der Chef der Claqueurs und der Chefredakteur des Residenzblattes.“
„Wie hat sie sich diese Herren zu Feinden gemacht?“
„Ganz auf dieselbe Weise und aus demselben Grund. Man hat ihr zugemutet, sich ihr Engagement durch Opfer zu erkaufen, welche ein braves Weib unmöglich bringen kann. Sie hat diese Zumutungen in ihrer vornehmen Weise abgewiesen, während Mademoiselle Leda sich hingegeben hat, wo, wie und wann es verlangt wurde. Alle die genannten Herren sind einig, die Leda zu engagieren.“
„Hm! Vielleicht verrechnen sie sich.“
„Ich möchte den Einfluß, welchen diese Männer besitzen, denn doch nicht unterschätzen.“
„Ich tue das auch nicht; aber ich habe Miß Starton gesehen und weiß, daß sie das Publikum hinreißen wird.“
„Vielleicht läßt man es gar nicht dazu kommen.“
„Wie wollte man dies anfangen?“
„Durch allerhand Intrigen. Es ist zu bedenken, daß fünf einflußreiche Theaterbeamte den Wunsch haben, sie durchfallen zu lassen. Diese Herren stehen an der Spitze der Theaterverwaltung und befinden sich im Besitz so vieler Mittel, ihren Zweck zu erreichen, daß es ihnen wohl gar nicht einfallen wird, an dem Erfolg ihrer Bemühungen zu zweifeln.“
„Ich kann Ihnen freilich nicht Unrecht geben. Mein Interesse für diese außerordentliche Dame ist ein sehr großes; ich möchte sie gern in meinen Schutz nehmen; aber während ich in den Kreisen des Hoftheaters en vogue bin, kenne ich die Verhältnisse und Persönlichkeiten des Residenztheaters leider zu wenig, als daß ich mir irgendeinen Einfluß zutrauen dürfte.“
„Vielleicht gelingt es mir, diesen Herren ein Paroli zu bieten, obgleich ich nur ein armer Reporter bin.“
„Was wollen Sie tun? Wie wollen Sie in der Weise hinter ihre Machinationen kommen, daß Sie dieselben zu schanden machen können? Sie haben ja nur bis morgen Zeit, ihre Intrigen zu hintertreiben?“
„Dies zu können, maße ich mir gar nicht an. Mein Wirken kann nicht ein vorbeugendes sein; das heißt, ich kann nichts verhüten. Aber ich kann etwas noch viel Besseres: Nämlich ich kann mit Keulen dreinschlagen, wenn ich erkenne, daß man sich morgen irgendeiner Ungerechtigkeit schuldig macht.“
„Sie scheinen überzeugt, daß dies der Fall sein wird.“
„Allerdings. Man ist so sehr überzeugt, die Amerikanerin durchfallen lassen zu können, daß der Chef der Claqueurs sich bereits seine Prämie ausbedungen hat.“
„Von der Leda?“
„Ja.“
„Worin soll diese Prämie bestehen?“
„In einer Schäferstunde.“
„Ah! Wissen Sie das genau?“
„Ich habe es aus sicherem Mund.“
„Wann soll diese Schäferstunde gewährt werden?“
„Morgen abend nach der Vorstellung.“
„Sobald? Wo?“
„Im Bellevue.“
„Sehr hübsch! Das könnte Ihnen Gelegenheit geben, sich einen Spaß zu machen.“
„Gewiß! Ich habe ganz dasselbe gedacht, und es fällt mir gar nicht ein, diese Gelegenheit zu versäumen.“
„Was haben Sie sich ausgesonnen?“
„Noch nichts.“
„Dann denken sie nach.“
„Ich will eben jetzt nach dem Bellevue. Der Wirt ist ein sehr guter Bekannter von mir, der mir den Spaß wohl nicht verderben wird.“
„Ich gehe mit.“
„Kennt der Wirt Sie, Durchlaucht?“
„Ja. Sollte er irgendwelche Bedenken hegen, Ihnen zu Willen zu sein, so werde ich dieselben zerstreuen.“
„Ich will nämlich zunächst erfahren, ob er bereits weiß, daß Herr Léon Staudigel morgen abend
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