63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
kann.“
„Sie können!“
„Was ist es?“
„Nun, Sie wissen, daß mir meine Frau gestorben ist –“
„Das war vor drei Jahren.“
„Ich habe bisher als Junggeselle gelebt. Das ist höchst unbequem und unbehaglich.“
„Sie müssen wieder heiraten.“
„Heiraten? O nein. Das ist nicht gerade notwendig. Aber ich will mir eine Person hinnehmen, welche mir die Wirtschaft versorgt und in Ordnung hält.“
„Also eine Wirtschafterin?“
„Ja.“
„Man muß sich sehr bedenken, ehe man seine Wirtschaft einer fremden Person anvertraut!“
„Oh, sie ist nicht fremd.“
„Ah, Sie haben bereits jemand im Sinne?“
„Ja.“
„Jedenfalls eine Witfrau, Ihrem Alter angemessen?“
„Was nennen Sie überhaupt alt? Und was hat das Alter mit dieser Angelegenheit zu tun? Wollte ich heiraten, so kämen die Jahre in Betracht. Da ich aber nur eine Haushälterin brauche, so werde ich doch nicht etwa eine alte und gar schwächliche Person auswählen. Nein, die ich meine, ist ein junges Mädchen.“
„Ach so!“
„Ja. Und Ihnen kann das auch lieb sein.“
„Mir? Wieso?“
„Sie haben dann einen Esser weniger.“
Werner machte ein sehr überraschtes Gesicht.
„Sapperlot!“ sagte er. „Verstehe ich Sie recht?“
„Jedenfalls. Meine Haushälterin habe ich mir aus Ihrer Familie ausgewählt.“
„So, so! Wer ist es denn?“
„Die Emilie da.“
„Die Emilie! Ihre Haushälterin!“ meinte Werner, der diesen Gedanken ebenso sonderbar wie bedenklich fand.
„Ja.“
„Wie kommen Sie denn auf diesen Gedanken?“
„Sehr einfach: Die Emilie ist jung, gesund und arbeitsam. Das ist gerade, was ich verlange.“
„Das tut mir leid. Ich kann sie nicht entbehren.“
„Warum nicht?“
„Sie muß arbeiten und verdienen.“
„Bei mir würde sie mehr verdienen. Ich gebe ihr einen sehr guten Lohn. Und was sie nebenbei verdient, das ist ja auch ihr.“
„Hm! Sie meinen, daß sie täglich zu gewisser Zeit zu Ihnen komme, also, daß sie Ihre Aufwartung sein solle?“
„Nein. Sie soll bei mir wohnen.“
„Sapperment! Das geht nicht!“
„Warum nicht?“
„Meine Tochter bei einem ledigen Manne? Wo denken Sie hin!“
„Unsinn! Kein Mensch fragt danach, ob ich ledig bin oder nicht. Sie geben mir die Emilie, ich zahle ihr den Lohn und borge Ihnen die Miete. Hier meine Hand! Abgemacht! Schlagen Sie ein!“
„Geduld. Geduld! Ich weiß doch gar nicht, was Emilie dazu sagt.“
„Was soll sie dazu sagen? Sie wird natürlich mit der Veränderung ihrer Lage zufrieden sein. Nicht wahr?“
Er richtete diese Frage an Werners Tochter.
Er näherte sich ihr dabei und legte ihr die Hand wie liebkosend auf die Schulter. Sie bewegte schnell die Achsel, um diese Hand von sich abzuwehren, antwortete aber nicht.
„Nun, Emilie?“ fragte ihr Vater.
„Ich bleibe bei dir“, antwortete sie.
„Du willst dich nicht vermieten?“
„Nein.“
„Halt, nicht so schnell!“ warnte Solbrig. „Eine so wichtige Angelegenheit will reiflich überlegt sein. Sie werden es bei mir sehr gut haben!“
„Ich danke“, sagte Emilie.
„Ich werde Ihnen Bedenkzeit geben!“
„Ich brauche keine Bedenkzeit. Meine Ansicht kennen Sie bereits, Herr Solbrig. Ich vermiete mich nicht, wenigstens nicht an Sie!“
Sie sagte ihm das ernst und offen in das Gesicht. Ihr Vater stand dabei und wußte nicht, wie er sich das zu erklären habe. Solbrig aber zeigte ein kaltes, selbstbewußtes und überlegenes Lächeln. Er sagte: „Sprechen Sie nicht so rasch, Emilie. Ich bin überzeugt, daß Sie doch zu mir ziehen werden.“
„Niemals!“
Da schoß aus seinem Auge ein drohender Blitz auf sie hernieder. Er sagte in warnendem Ton:
„Ich denke, daß Sie sich das überlegen werden.“
„Es ist bereits überlegt!“
„Seien Sie doch vernünftig, liebes Kind!“
Er legte dabei seine Hand vertraulich abermals auf ihre Schulter und fuhr fort:
„Ich biete Ihnen doch einen hohen Lohn. Sie können Ihre Eltern unterstützen und –“
Er sprach nicht weiter. Sie war von ihrem Sitz aufgestanden, hatte sein Hand mit einer sehr energischen Bewegung von sich abgeschüttelt und sich dann in die Kammer geflüchtet, welche neben der Stube lag.
„Sapperment! Ist die resolut!“ sagte ihr Vater.
„Viel Geld scheint sie zu haben, da sie meinen Vorschlag zurückweist.“
„Sie hält zu sehr auf ihre Eltern. Sie will uns nicht verlassen. Rechnen Sie ihr das nicht an, Herr Solbrig!“
„Nein, ich rechne ihr das nicht an“, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher