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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bravsten Mann passieren, wenn er arm ist und Unglück hat.“
    „Und daß Sie den Mietzins schuldig sind?“
    „Ich werde ihn zu seiner Zeit bezahlen.“
    „Zu seiner Zeit? Diese Zeit kenne ich nicht. Ich kenne nur die Zeit, welche im Kontrakt stipuliert ist, und diese Zeit ist bereits verstrichen. Machen wir die Sache kurz. Haben Sie Geld?“
    „Nein.“
    „Gut. Ich gehe sofort auf das Amt, um Ihnen gerichtlich kündigen zu lassen, und dann melde ich auf der Polizei, daß Ihre Frau fort muß, weil sie an einer abscheulichen Krankheit leidet. Haben Sie etwas dagegen?“
    „Was ich davon denke oder dazu sagen könnte, das wissen Sie genau. Tun Sie, was Sie dereinst vor Gott verantworten können.“
    „Gehen Sie mit diesen frommen Redensarten! Zunächst habe ich zu tun, was ich vor dem Besitzer dieses Hauses verantworten kann. Also, Sie geben Ihre Tochter nicht als Wirtschafterin zu mir?“
    „Nein.“
    „Dann hole Sie der Teufel!“
    Er stürmte hinaus und warf die Tür laut hinter sich in das Schloß. Er war so im Zorn, daß er draußen gar nicht Acht hatte und mit einem Mann zusammenrannte, welcher soeben zur Treppe heraufkam.
    „Tölpel!“ schnauzte er diesen an.
    „Rüpel!“ antwortete der andere.
    „Grobian!“
    „Flegel!“
    „Esel!“ brüllte er noch zurück, als er bereits auf der untersten Stufe angekommen war.
    „Schafskopf!“ schallte es von der obersten Stufe herab.
    Und der, welcher dieses Schmeichelwort ausgesprochen hatte, brummte für sich weiter:
    „Famoses Haus! Vier Treppen hochsteigen, den Atem verlieren, sich anrempeln lassen und dann auch noch Tölpel, Grobian und Esel geschimpft werden, das ist wirklich alles, was einem zugetraut werden kann!“
    In seinem Ärger vergaß er, anzuklopfen. Er öffnete die Tür und erblickte inmitten der zahlreichen Familie den Vater und Emilie in einer herzlichen Umarmung. Die Tochter weinte und sagte sodann in tröstendem Ton:
    „Ich konnte nicht, lieber Vater. Es war unmöglich.“
    „Und ich hätte es nicht zugegeben, selbst wenn du es gewollt hättest. Die Folgen müssen wir abwarten.“
    „Ich vertraue auf den lieben Gott!“
    „Das ist das Einzige und zugleich das Beste, was wir tun können, denn – ah, Monsieur Jean!“
    Er hatte den an der Tür Stehenden erblickt. Es war der Diener des Intendanten.
    „Ein familiäres Tête-à-tête!“ sagte dieser. „Tut mir leid, daß ich Sie störe!“
    „Entschuldigung! Treten Sie näher!“
    „Puh, puh!“ pustete Jean, indem er das Taschentuch hervorzog und an die Nase hielt. „Was für ein Parfüm ist das? Wonach duftet denn Ihr Zimmer? Ah, dort! Wer ist dieses menschliche Wesen?“
    „Meine Frau.“
    „Was fehlt ihr? Warum hat sie den Kopf verhüllt?“
    Der Intendant durfte auf keinen Fall erfahren, daß die Frau seines Theaterdieners am Krebs leide. Was aber sollte Werner antworten? Es mußte glaubhaft sein und den im Zimmer wahrnehmbaren üblen Geruch erklären. Es wollte ihm nichts anderes einfallen; er sagte:
    „Sie leidet augenblicklich am Ohrenzwang.“
    „Aber warum stinkt sie so?“
    „Der Arzt hat verordnet, sie mit asa foëdita einzureiben.“
    „Pfui Teufel! Asa foëdita ist doch Teufelsdreck?“
    „Ja.“
    „Habe auch noch nicht gehört, daß Teufelsdreck in die Ohren gerieben wird, ist aber immerhin noch besser als in die Nase! Will machen, daß ich fortkomme! Der Intendant wünscht, Sie augenblicklich bei sich zu sehen. Adieu, Werner, wünsche baldige Besserung und dann angenehmere Einreibung! Asa foëdita, Teufelsdreck, verflucht miserable Ohrenkur!“
    Er zog sich schleunigst zurück und turnte sich die vier Treppen hinab. Unten im Hof stand – Solbrig. Er hatte sich über den Menschen geärgert, mit welchem er zusammengerannt war und der es gewagt hatte, ihm, dem Hausverwalter, in so kräftiger Weise zu antworten. Er sagte sich, daß der Betreffende bald wieder herabkommen werde; darum wartete er.
    Als Jean jetzt erschien, machte selbst die betreßte Livree desselben keinen milderden Eindruck auf den Grimm des Wartenden. Dieser warf vielmehr dem Lakaien einen wütenden Blick entgegen und sagte, aber aus Vorsicht wie zu sich selbst:
    „Impertinent!“
    Jean erriet sofort, daß er den Menschen vor sich habe, mit dem er zusammengestoßen war, und antwortete:
    „Gemein!“
    „Ungezogen!“ meinte Solbrig, als Jean eben an ihm vorüberging.
    „Jungenhaft!“ entgegnete der letztere.
    „Hundsföttisch!“ grollte der Hausverwalter, jetzt mit sehr

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