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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Jedenfalls haben die Schmiede ihr Absteigequartier, wo wir sie fassen können.“
    Er begab sich nach der vorderen Seite des Palais, wo er Anton fand.
    „Ist der Baron daheim?“ fragte er.
    „Ja. Er wird sich soeben zum Essen begeben.“
    „Hat er Gäste?“
    „Nein.“
    „Ist etwas Ungewöhnliches geschehen?“
    „Nein. Ich habe mit meiner Heißgeliebten geplaudert. Das ist alles.“
    Das war eine kleine Vertraulichkeit, welche sich der Fürst gern gefallen ließ, weil er ganz genau wußte, daß diesen Worten eine weit wertvollere Mitteilung folgen werde.
    „Gönne dir das Vergnügen. Doch nicht bloß von Liebe?“
    „Ich hatte mir kürzlich den Schlüssel zur Hinterpforte bei ihr bestellt, den wir außerordentlich gut gebrauchen können. Hier ist er, Durchlaucht.“
    „Das ist prächtig, prächtig! Ob's aber der richtige ist!“
    „Sie versicherte es.“
    „So werde ich gleich einmal probieren. Also, du sagtest, daß der Baron jetzt speise?“
    „Er hatte für jetzt das Souper bestellt.“
    „Gut. So kann ich in Gemütlichkeit rekognoszieren. Punkt zehn Uhr kommen die Schmiede. Bleibst du hier?“
    „Eigentlich wollte die Zofe mich hinaufheben.“
    „So gehe. Es ist vielleicht vorteilhafter für uns. Da aber fällt mir ein: Du warst ja wohl bereits in den Gemächern des Barons?“
    „Ja, damals, als ich die Gnädige wegen der Juwelen belauschte.“
    „Wie sind die Räumlichkeiten?“
    „Ich bin nur bis in die Garderobe gekommen.“
    Er beschrieb die Zimmer, soweit er sie gesehen hatte, und sodann begab der Fürst sich zu Adolf.
    „Ich habe den Schlüssel zu dieser Pforte“, sagte er. „Du wirst jetzt mitkommen, um zu rekognoszieren.“
    Er öffnete. Der Schlüssel tat seine Pflicht ohne eine Spur von Geräusch. Als sie die Tür hinter sich wieder verschlossen hatten, zog der Fürst sein chemisches Glaslaternchen hervor. Es entfaltete ein so helles phosphorisches Licht, daß man sich ganz gut zu orientieren vermochte. Sie standen vor einer schmalen, steilen Holztreppe.
    „Wir müssen hinauf.“
    Bei diesen Worten schritt der Fürst voran, und Adolf folgte. Die Treppe führte zu einem langen, aber nicht breiten Zimmer, in welchem eine Menge von Kleidungsstücken, Perücken und Bärten hingen.
    „Ah, seine Garderobe, in welcher er sich verkleidet!“ flüsterte Adolf.
    „Jedenfalls. Von hier aus tritt er seine heimlichen Ausflüge an. Sehen wir weiter.“
    Sie gelangten in das Schlafgemach, welches nicht erleuchtet war, und von hier aus führte eine Portiere in ein Arbeitskabinett, in welchem eine Studierlampe brannte.
    „Hier wird er sie wahrscheinlich empfangen“, bemerkte der Diener. „Denn in den Salon wird er sie wohl nicht bringen lassen.“
    „Ganz gewiß nicht. Ah! Schau, dort liegt eine offene Depesche! Sehen wir, ob es die richtige ist.“
    Er trat hinzu und las.
    „Ja, sie ist's. Und da – ein Extrablatt. Hier steht:
    ‚Wir lassen am heutigen Nachmittag ein Extrablatt erscheinen, um unsere Leser mit einer Tragödie bekanntzumachen, deren Helden die beiden bekannten und berüchtigten Schmiede Wolf aus Tannenstein sind – ‘“
    Der Fürst las den kurzen, aber bombastisch gehaltenen Bericht bis zu Ende und sagte dann:
    „Er weiß also genau, von wem er die Depesche erhalten hat. Und siehe – dort auf dem Schreibtisch steht Wein und dabei liegen Eßwaren. Ja, er erwartet die Wolfs. Er will ihnen zu essen und zu trinken geben. Hier an der Uhr ist es halb zehn.“
    „Was tun wir?“
    „Du gehst zurück, sorgst dafür, daß eine Droschke auf uns wartet und hältst unten an der Tür, welche du nur anlehnst, Wacht.“
    „Und Sie?“
    „Ich bleibe hier.“
    „Wie gefährlich!“
    „O nein. Ich habe diese Menschen auf keinen Fall zu fürchten. Sorge nur dafür, daß die Tür nicht verschlossen ist. Du stellst dich innerhalb derselben auf, damit ich schnell hinauskomme, falls ich zum eiligen Rückzug gezwungen bin.“
    „Wo aber stecken Sie sich hin?“
    „Da hinter das Bett. Hier ist der Schlüssel. Geh jetzt!“
    Adolf wollte noch einen Einwand machen. Er wollte den Fürsten nicht in einer so gefährlichen Lage allein lassen, zog sich aber auf einen gebieterischen Wink desselben zurück.
    Jetzt nun untersuchte der Fürst das Bett. Es stand zwischen vier Säulen, welche einen blauseidenen Wolkenhimmel trugen. Reiche Gardinen von ebensolcher Seide wallten hernieder. Zwischen diesen letzteren und dem eigentlichen Bett war so viel Raum, daß der Fürst ganz gut Platz fand.

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