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Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waris Dirie
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    Prolog
    Dschibuti, 15 . Januar 2013
     
    Liebe Waris Dirie,

    kannst du dich noch an mich erinnern? Mein Name ist Safa. Ich bin sieben Jahre alt und lebe mit meiner Maman und meinem Papa in Balbala in Dschibuti. Und mit meinen Brüdern Amir und Nour. Eigentlich kommen wir aus Somalia, genau wie du.
    Ich habe in deinem Film mitgespielt. Weißt du das noch? Ich erinnere mich leider nicht mehr. Aber alle Leute kennen deinen Film, und mich kennen sie jetzt auch. Darauf bin ich stolz.
    Wie geht es dir, Waris? Papa sagt, dass es uns jetzt viel besser geht als früher. Wir haben genug zu essen und sauberes Wasser, wir haben sogar elektrisches Licht im Haus. Das hat in Balbala sonst niemand. Und ich darf sogar in die Schule gehen, das ist toll! Dort wissen alle, dass du mich ausgesucht hast für deinen Film. Papa sagt, wir sind jetzt eine angesehene Familie. Was heißt das genau?
    Mir geht’s auch ganz gut, aber manchmal bin ich traurig, weil ich so alleine bin. Wenn ich mit meinen Brüdern auf der Straße Ball spiele, laufen die anderen Kinder weg. Sie schreien: »Du bist unrein, du stinkst!« Dabei stimmt das gar nicht. Maman und Papa streiten oft wegen mir. Maman schreit: »Es ist eine Schande, dass Safa nicht beschnitten ist!« Dann wird Papa sehr böse. Meinst du, es wäre besser, wenn ich auch beschnitten wäre, Waris? Ich denke das manchmal. Dann würden die anderen bestimmt wieder mit mir spielen. Aber ich habe große Angst davor. Ich weiß, dass es sehr, sehr weh tut, was sie da mit den Mädchen machen, und dass es etwas Schlechtes ist. Kannst du mir helfen, Waris?
    Die Kinder in der Schule sind viel netter zu mir. Aber das war nicht immer so. Sie kommen alle von weit her, und ihre Eltern sind sehr wichtige Leute.
    Ich bin das einzige Mädchen aus Balbala. Die anderen haben mich oft gehänselt, weil Maman und Papa so arm sind. Und wegen dem Niqab. Aber dann hat meine Lehrerin Madame Dourani mit Maman gesprochen. Seitdem darf ich ohne Schleier in die Schule gehen. Das finde ich gut.
    Meine beste Freundin heißt Diane Pearl. Sie kommt aus Amerika, ihr Vater ist Diplomat. Was ist ein Diplomat, Waris?
    Diane wohnt in dem schönsten Haus in ganz Dschibuti. Sie ist schon acht. Aber sie kann noch nicht so gut Französisch, deshalb ist sie jetzt in meiner Klasse. Wir haben uns sofort verstanden. Alle wissen, dass Diane meine Freundin ist, und weil sie so groß ist, sind die anderen jetzt nicht mehr gemein zu mir.
    Vor ein paar Tagen waren Leute von dir bei uns im Dorf, mit großen Kameras und Mikrofonen. Sie haben mit allen gesprochen und Maman und Papa viele Fragen gestellt. Und sie haben mir ein Bild von dir gegeben, das sehe ich immer an, wenn ich traurig bin. Deshalb schreibe ich dir jetzt.
    Liebe Waris, ich finde dich ganz toll. Für mich bist du die schönste und stärkste Frau der ganzen Welt. Wenn ich groß bin, will ich so werden wie du. Kommst du mich besuchen, wenn du wieder in Dschibuti bist? Das wäre schön.
     
    Ich hab dich lieb.
    Deine Safa
    Aufmerksam las ich die Worte des kleinen Mädchens aus Balbala, einem Vorort von Dschibuti-Stadt. Zeile für Zeile. Ich hatte schon viele berührende Briefe von Frauen bekommen. Von Betroffenen, die bei meiner Desert Flower Foundation um Hilfe baten. Von reichen und angesehenen Frauen, die mir Unterstützung zusagten. Von verängstigten Frauen, die mich anflehten, sie aus ihrem Elend zu befreien. Einen solchen Brief von einem so kleinen Mädchen hatte ich jedoch noch nie erhalten.
    Ich saß in meinem Hotelzimmer in Brüssel und überflog Safas rührende Worte immer und immer wieder. Wie eine Schlinge legte sich die Tiefe ihrer Bedeutung um mein Herz. Welch innere Kämpfe mussten in diesem erst siebenjährigen Wesen vorgehen, dass es einen derart erwachsenen, ungewöhnlich langen Brief formulieren konnte? Wie zerrissen musste Safa sein? Einerseits glücklich über ihre Unversehrtheit, andererseits missachtet, verstoßen und einsam …
    »Safa hat diesen Brief unserem Team in Balbala für dich mitgegeben. Ich musste ihr fest versprechen, ihn dir persönlich zu überreichen«, unterbrach meine Assistentin und Managerin mein emotionales Gedankenkarussell.
    »Danke, Joanna. Wo ist das Videomaterial von ihrem Dorf und ihrer Familie? Safa schreibt, dass ihr dort Interviews geführt habt? Ich möchte alles sehen, was ihr habt.« Wieder einmal konnte ich meine Ungeduld nicht verbergen.
    »Keine Sorge, ich habe alles dabei«, beruhigte mich Joanna. »Sobald wir zurück

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