Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
es!“
    „Ah, Herr Bertram! Guten Morgen! Was tun Sie hier, so spät – vielmehr so früh? Ich will nicht hoffen, daß Sie anfangen, über den Strang zu schlagen!“
    „Nein, das tue ich freilich nicht. Sie wollen verreisen?“
    „Ja, nach Reitzenhain.“
    „Sapperment! Meinen Sie Bad Reitzenhain?“
    „Ja.“
    „Man fährt nach Station Wildau?“
    „Gewiß. Von dort fährt man mit der Post nach Reitzenhain. Wollen Sie mit?“
    Er fragte natürlich nur im Scherz und war daher ziemlich erstaunt, als er die Antwort hörte:
    „Sehr gern. Ich will auch hin.“
    „Sie nach Reitzenhain?“
    „Ja, und noch weiter, nach Grünbach.“
    „Haben Sie dort zu tun?“
    „Ziemlich viel.“
    „Wie lange?“
    „Das weiß ich nicht. Ich habe mich erst vor fünf Minuten zu dieser Fahrt entschlossen.“
    Sie waren nebeneinander hergegangen. Jetzt blieb Doktor Holm erstaunt stehen und fragte:
    „So weiß man bei Ihnen daheim gar nicht, daß Sie nach Reitzenhain wollen?“
    „Nein. Ich werde sie durch einen Dienstmann benachrichtigen.“
    „Das klingt ja sehr geheimnisvoll!“
    „Ist es auch. Ich will ein Geheimnis entdecken.“
    „Sapperment! Ich auch.“
    „Wo?“
    „In Grünbach droben.“
    „In Grünbach, wo auch ich ein Rätsel verfolge?“
    „Sonderbar, lieber Bertram! Auch ich bin erst seit drei Minuten auf den Gedanken gekommen, da droben ein Geheimnis zu ergründen.“
    „Wieso?“
    „Ich belauschte ein Gespräch.“
    „Oh! Ich auch.“
    „Zwischen einem Mann und einem Mädchen.“
    „Ganz wie ich.“
    „Sie schienen Vater und Tochter zu sein.“
    „Wunderbar! Das ist ja ganz mein Fall!“
    „Wirklich? Wir werden doch nicht ein und dasselbe Paar belauscht haben?“
    „Ich glaube kaum.“
    „Stecken Sie vielleicht in einer Bude?“
    „Bude? Nein. Ich weiß von keiner Bude.“
    „Dachte es mir! Aber desto sonderbarer ist es mir, daß wir beide, Vater und Tochter belauscht haben und da auf den Gedanken gekommen sind, droben in Grünbach ein Geheimnis zu entdecken. Nun fehlt nur noch, daß sich Ihr Geheimnis auf dieselbe Person bezieht wie das meinige.“
    „Welche Person meinen Sie?“
    „Einen gewissen Robert von Helfenstein.“
    „Herrgott, den meine auch ich!“
    „Alle Teufel! Es handelt sich dabei um eine Kette?“
    „Freilich!“
    „Um Kinderwäsche?“
    „So scheint es.“
    „Mir bleibt der Verstand stillstehen! Es scheinen hier Zeichen und Wunder zu geschehen. Sie müssen mir erzählen, was Sie erlauscht haben.“
    „Und Sie mir auch.“
    „Natürlich. Aber da kommt eine leere Droschke. Steigen wir ein, damit wir nicht zu gehen brauchen. Im Wartesaal können wir uns dann aussprechen.“
    Mit Hilfe einer Droschke gelangten sie sehr schnell nach dem Bahnhof. Dort setzten sie sich in eine ungestörte Ecke des Wartesaals, und Doktor Holm erklärte:
    „Ich habe freilich nicht dieses Geheimnisses wegen die Reise unternommen. Mein Vater befindet sich mit der Schwester in Bad Reitzenhain; meine Braut ist gestern hinauf, um beide zu besuchen, und ich fahre heute nach, um einen Tag oder zwei bei ihnen zuzubringen. Ich komme da über den Wilhelmsplatz, als mir ein Kofferhenkel zerreißt. Ich nahm den Plaidriemen aus der Tasche, um den Koffer damit zu schnüren. Ich trat an eine der auf dem Platz stehenden Verkaufsbuden, weil sich auf dem Auslegebrett derselben die Sache bequemer machen ließ. Ich war beinahe fertig, als ich Schritte hörte, von rechts und von links. Ich lausche nicht gern; aber was ich da hörte, das bewog mich, meine Anwesenheit auf keinen Fall merken zu lassen.“
    „War es wichtig?“
    „Vielleicht. Die beiden waren ein Mann und ein Frauenzimmer, Vater und Tochter, wie ich bald hörte. Die letztere dient bei irgendeinem Staatsanwalt und hatte dem ersteren Schlüssel geborgt. Warum, das konnte ich nicht erfahren. Sie fragte, ob das Abenteuer gelungen sei; er antwortete bejahend. Dann war die Rede von viel Geld, ich glaube von fünfundzwanzigtausend Gulden, die für eine Kette bezahlt worden seien, und von einer ebenso großen Summe, welche heute abend ausgezahlt werden soll, vielleicht auch morgen. Die beiden sprachen für mich in halben Rätseln. Ich konnte nur so viel entnehmen, daß es sich darum handelte, nachzuweisen, daß irgend jemand der echte Robert von Helfenstein sei. Dabei war von einem Freiherrn von Tannenstein und seiner Tochter die Rede. Kurz und gut, es handelt sich um ein Geheimnis, welches ich ergründen muß. Der Mann sagte, er werde von dem

Weitere Kostenlose Bücher