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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sehr, denn ein Blutsturz ist gefährlich. Als er an die betreffende Zelle kam, wartete der Schließer voller Ratlosigkeit auf ihn. Die Zelle schwamm in Blut, und der Kranke lag mit geschlossenen Augen und bleich wie der Tod auf dem Strohsack.
    „Herrgott! Lebt er noch?“
    „Ich glaube.“
    „Dann heraus einstweilen mit ihm auf einen reinlichen Strohsack.“
    Strohsäcke lehnten an den Wänden. Es wurde einer neben die offene Zellentür gelegt und der Kranke darauf. Die beiden Männer knieten bei ihm nieder.
    „Ich fühle keinen Puls“, sagte der Wachtmeister. „Horn, heda, Horn!“
    Der Patient schlug die Augen auf.
    „Hören Sie mich?“
    Er nickte leise.
    „Wie befinden Sie sich?“
    „Schwach“, lispelte er.
    „Haben Sie Schmerzen in der Brust?“
    „Ja.“
    „So müssen wir gleich zum Doktor schicken.“
    Der Kranke schüttelte den Kopf.
    „Nicht? Warum nicht?“
    „Doktor kann auch nichts tun.“
    „Aber wenn Sie nun sterben?“
    „Nein – schon gehabt – bloß Ruhe – Bett.“
    Er sagte das langsam und äußerst leise.
    „Hm, er hat vielleicht recht“, meinte der Wachtmeister.
    „Ja; er ist ja Apotheker, er muß es verstehen.“
    „Und der Bezirksarzt schimpft, wenn er geweckt wird.“
    Und lauter fügte er hinzu:
    „Sie wollen also keinen Arzt?“
    „Nein.“
    „Verantworten Sie es?“
    „Ja.“
    „Na, gut! So wollen wir ihn wenigstens nach der Krankenstation schaffen. Auf dem Strohsack kann er nicht liegen bleiben. Er muß ein Bett haben. Fassen Sie an!“
    Sie packten den Strohsack an, der eine vorn und der andere hinten, und trugen ihn nach der Krankenstation.
    Dort war es finster, doch wurde Licht gemacht. Es lag niemand da als Seidelmann in tiefster Lethargie. Auch Horn war ganz teilnahmslos. Er wurde ins Bett gelegt und leicht zugedeckt.
    „Wünschen Sie etwas?“ fragte der Wachtmeister.
    „Nein“, hauchte der Kranke.
    „Etwa Tee oder Wasser?“
    „Ruhe.“
    „Die soll er haben. Wir müssen jetzt vor allen Dingen die Zelle scheuern, daß sich das Blut nicht festsetzt. Verteufelte Geschichte, so ein Blutsturz! Und dann sehen Sie, wenn sie patrouillieren, alle halben Stunden einmal hier nach, wie es steht. So! Und nun löschen Sie das Licht wieder aus!“
    Es wurde finster in dem unheimlichen Raum, in welchem schon mancher Unglückliche gestorben war. Die beiden Beamten gingen. Die Riegel klirrten, die Schlüssel knirschten in den Schlössern, und dann hörte man die Schritte sich entfernen.
    Eine Zeit lang herrschte in der Krankenstation nicht nur tiefe Dunkelheit, sondern auch tiefe Stille. Sodann erklang es leise und vorsichtig:
    „Seidelmann!“
    Keine Antwort.
    „Herr Seidelmann.“
    Abermals keine Antwort.
    „Wenn Sie nicht antworten, so sind Sie verloren. Ich will Sie ja retten!“
    Aber auch das half nichts. Seidelmann bewegte sich nicht.
    „Vielleicht haben Sie mich nicht genau gesehen. Ich bin Horn, der Apotheker.“
    Das half sofort, denn drüben rauschte die Bettdecke, und eine leise Stimme ließ sich hören:
    „Himmeldonnerwetter! Ist's wahr?“
    „Ja.“
    „Gott sei Dank! Aber ich hörte doch, daß Sie einen Blutsturz gehabt haben!“
    „Unsinn! Fällt mir gar nicht ein!“
    „Aber diese Kerls müssen doch Blut gesehen haben!“
    „Natürlich! Chemisches Präparat, aufgelöst im Wasserkrug. Ich bin so gesund, wie ein Fisch im Wasser.“
    „Gut, sehr gut! Also auch Sie sind eingezogen!“
    „Leider.“
    „Weshalb?“
    „Als Mitglied der Bande.“
    „Was kann man Ihnen denn beweisen?“
    „Nichts, dachte ich. Aber dieser Fürst von Befour hat entweder den Teufel, oder er ist allwissend. Jetzt soll mir wegen Giftmischerei der Prozeß gemacht werden.“
    „Hat man Beweise?“
    „Ja. Ich gehe auf und davon.“
    „Du lieber Gott! Als ob das so leicht wäre!“
    „Kinderleicht!“
    „Wer's glaubt!“
    „Kinderleicht, sage ich! Ich will Sie mitnehmen.“
    „Können Sie hexen?“
    „Nein. Heute war ich auf den Kübel gestiegen und guckte durch das Gitter. Da sah ich, daß ein Kranker gebracht wurde. Ich sah schärfer hin und erkannte Sie. Da stand es fest, daß ich einen Blutsturz bekommen würde. Ich mußte hierher in die Krankenstation, um die Flucht mit Ihnen zu besprechen. Wollen Sie?“
    „Ich wage mein Leben.“
    „Das ist gar nicht nötig, obgleich es den Anschein hat. Aber sagen Sie mir zunächst, wie es mit Ihnen steht! Wessen werden denn Sie beschuldigt?“
    „Hunderterlei bringt man vor.“
    „Hat man

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