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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir Ihre Hand!“
    „Hier.“
    „So! Fühlen Sie das kleine Körnchen?“
    „Ja.“
    „Nehmen Sie es in den Mund! Es wird jetzt zwei Uhr sein. Morgen Mittag um dieselbe Zeit sind Sie tot.“
    „Alle Teufel, es ist doch eine verfluchte Geschichte!“
    „Sie haben Furcht!“
    „Das nicht! Na, wenn ich mir überlege, was ich bisher ausgestanden habe und was mir noch bevorsteht, so kann ich gar nicht zaudern. Also hinein damit!“
    „Haben Sie es im Mund?“
    „Ja.“
    „Wie schmeckt es?“
    „Nach gar nichts.“
    „So ist es richtig. Das ist die Kunst. So ein Mittel darf weder Geruch noch Geschmack haben. Es wirkt sicher.“
    „Aber da fällt mir noch eins ein!“
    „Was?“
    „Man wird uns untersuchen.“
    „Jedenfalls.“
    „Und da Ihre Haartour nebst der Apotheke finden. Dann weiß man alles und wartet einfach, daß wir erwachen.“
    „Keine Angst. Man findet nichts. So dumm bin ich nicht, mich auf solche Art und Weise zu verraten. Haben Sie noch eine Frage oder so etwas?“
    „Jetzt nicht.“
    „Ich möchte mich nämlich wieder zurückschaffen lassen.“
    „Warum?“
    „Je kürzer wir beisammen gewesen sind, desto weniger wird man ein Einverständnis zwischen uns vermuten.“
    „Das ist freilich wahr. Suchen wir also, was vielleicht noch zu erwähnen wäre!“
    Sie flüsterten noch eine Weile fort, bis der Schließer wiederkam. Er leuchtete dem Apotheker abermals in das Gesicht und fragte wie vorhin:
    „Wie geht es?“
    „Schlecht.“
    „Schlechter wie vorher?“
    „Ja. Schrecklich hier! Der dort! Die Leiche!“
    „Ja, angenehm wird das freilich nicht sein!“
    „Aufregung – wieder Blutsturz!“
    „Alle Teufel! Das wäre lebensgefährlich! Ich werde da lieber – hm, wollen Sie nicht lieber wieder in Ihre Zelle zurück?“
    „Viel lieber!“
    „Ich werde ein paar Gefangene holen, die mögen Sie gleich mitsamt dem Bett fortschaffen.“
    Er ging.
    „Gelungen!“ sagte der Apotheker.
    „Wann werden Sie das Mittel nehmen?“
    „In einer Stunde.“
    „Da wollen wir nur immer Abschied nehmen. Also, adieu bis nach dem Tod!“
    „Adieu bis – diesseits der Hölle! Ich bin wirklich neugierig, wo ich stecken werde, wenn ich erwache.“
    „Ich auch. Wir spielen mit dem Tod und mit der Ewigkeit. Es ist wirklich ungeheuer vermessen!“
    „Wollen Sie nicht lieber ein Gesangbuchlied anstimmen, Sie Vorsteher der Brüderschaft der Seligkeit?“
    „Sie haben recht! Wir müssen Männer sein. Denken wir lieber an die Gesichter, welche unsere lieben Freunde vom Gericht schneiden werden, wenn sie uns einscharren wollen, und es tönt ihnen das biblische Wort entgegen: Sie sind auferstanden und nicht mehr hier!“
    „Herrlich! Ich möchte dabei sein!“
    „Ich gäbe ein Jahr meines Lebens hin, wenn ich diese Schafskopfsphysiognomien sehen könnte. Ah, da kommen sie!“
    Der Schließer kehrte mit einigen Gefangenen zurück, welche er geweckt hatte. Sie mußten den Apotheker im Bett nach seiner Zelle tragen und wurden dann wieder eingeschlossen. –
    Am anderen Morgen war der Wachtmeister weit eher munter, als zu anderen Tagen. Er kam zu dem Schließer und fragte nach den beiden Patienten.
    „Ich habe doch nicht gleich daran gedacht“, sagte er, „daß gerade diese beiden wegen ganz derselben Sache in Untersuchung sind. Gut, daß der Seidelmann nicht bei Sinnen ist; sie hätten sich sonst Mitteilungen machen können.“
    „Haben Sie keine Sorge, Herr Amtswachtmeister! Die beiden haben nicht nebeneinander geschlafen.“
    „Nicht? Wie denn?“
    „Der Apotheker fürchtete sich vor dem Halbtoten; es regte ihn auf. Er befürchtete eine Wiederkehr des Blutsturzes. Ich habe ihn daher in seine Zelle zurückschaffen lassen. Ich weckte dazu einige Gefangene, da ich Sie doch nicht wieder stören wollte.“
    „Das haben Sie sehr klug angefangen. Da kommt mir ein Stein vom Herzen!“
    Dann, als die Amtierungszeit begonnen hatte, kam der Gerichtsarzt zum Staatsanwalt, welcher ihm gestern gesagt hatte, daß er ihn zu Seidelmann begleiten wolle, um sein Urteil über den Zustand desselben zu hören. Sie begaben sich miteinander nach der Krankenstation.
    Der Kranke lag mit geschlossenen Augen, bleich und bewegungslos im Bett. Der Arzt befühlte den Puls an der Hand und am Herzen, horchte an Mund und Nase, zog ihm das eine Augenlid prüfend etwas empor und sagte dann:
    „Er wird den Mittag nicht weit überleben.“
    „Glauben Sie das wirklich?“
    „Ich behaupte es sogar.“
    „Schade! Welch ein

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