Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Beweismaterial gegen den Hauptmann geht uns da verloren!“
    „Man hätte ihn ruhig in Rollenburg sterben lassen können.“
    „Der Fürst wollte es so!“
    „Pah! Da schickt er diesen jungen, unerfahrenen Doktor Zander nach Rollenburg, um Seidelmann untersuchen zu lassen und den Riesen Bormann ebenso. Der Zander sagt, sie seien transportabel – nun haben wir die Bescherung da! Es fehlt nur noch, daß der Riese auch noch stirbt. Glücklicherweise steckt der in der Abteilung für Geisteskranke, mit der ich nichts zu schaffen habe.“
    „Meinen Sie nicht, daß es hier doch noch ein Mittel gebe, die Lebensgeister wieder anzuregen?“
    „Was sollte das sein?“
    „Nun, irgendeine Stimulation. Ich bin nicht Arzt und kenne diese Mittel nicht.“
    „Es ist zu spät. Es knüpft ihn langsam ab. Lassen wir ihm das Einzige, was er noch hat: daß ihn der Teufel in Ruhe holt. Denn selig wird dieser Fromme nicht; er ist es hier schon genug gewesen.“
    Sie verließen die Station. Draußen meldete der Wachtmeister dem Gerichtsarzt:
    „Herr Doktor, heute nacht ein Blutsturz.“
    „Und mich nicht geholt?“
    „Der Patient wollte nicht.“
    „Wer ist es?“
    „Der alte Apotheker Horn.“
    „Na, da habe ich nichts versäumt. Wenn er es selbst gewollt hat, daß ich nicht geholt werde, so mag er es auch verantworten. Er versteht es ja selbst.“
    „Wollen Sie ihn nicht jetzt besuchen?“
    „Hat er es gewünscht?“
    „Nein. Er spricht gar nicht.“
    „So läßt er es bleiben, der alte Giftmischer.“
    Da aber meinte der Staatsanwalt:
    „Ich möchte Sie aber doch bitten, zu ihm zu gehen. Ich begleite Sie. Das Leben dieses Mannes hat einen sehr hohen Wert für mich, als den Vertreter des Gesetzes, und Blutstürze sind bei seinem Alter gefährlich.“
    „Na, da kommen Sie.“
    Der Apotheker lag mit halb offenen, außerordentlich müden Augen auf seinem Bett.
    „Was machen Sie denn für Dummheiten, Horn!“ sagte der Arzt in seiner derben Weise. „So ein alter Pharmazeut wird doch nicht krank werden. Wie geht es denn?“
    „Müde!“ hauchte der Gefragte.
    „Zeigen Sie den Puls.“
    Das Gesicht des Arztes wurde bedenklicher.
    „Hat er viel Blut verloren?“ fragte er den Wachtmeister.
    „Die Zelle schwamm förmlich.“
    „Das ist gut. Nur heraus mit dem schlechten Zeug! Ich werde etwas verordnen, dann wird sich's rasch bessern.“
    Draußen aber im Korridor, als die Türe der Zelle wieder verschlossen war, blieb er kopfschüttelnd stehen und sagte zu dem Staatsanwalt:
    „Ich sagte drin nur so, um ihm Mut zu machen. Ich glaube, Sie werden heute zwei Leichen haben.“
    „Doch nicht!“ meinte der Beamte erschrocken.
    „Ja. Er hat zuviel Blut verloren. Der Rest ist in den Adern kaum zu bemerken.“
    „Kennen Sie kein Mittel?“
    „Glauben Sie vielleicht, daß ich ihm die Adern voll Blut pumpen kann? Ein wenig anregen kann ich ihn wohl, desto schneller aber wird es alle sein. Schade ist es auch um ihn nicht. Er hat viel auf seinem Gewissen.“
    „So möchte ich zu dem Gefängnisgeistlichen schicken.“
    „Tun Sie es! Diese Herren meinen ja, daß sie die einzigen Wegweiser zum Himmel sind. Ich werde übrigens baldigst wiederkommen. Vielleicht ist wenigstens der Apotheker noch zu retten.“
    „Tun Sie, was Sie tun können. Beide Patienten sind mir für die Akten fast unersetzlich!“
    Er schickte nach dem Anstaltsgeistlichen und sandte dann dem Fürsten von Befour ein Billet mit dem kurzen Inhalte:
    „Seidelmann und Apotheker Horn im Sterben. Könnte ich Sie einmal sehen?“
    Der Pfarrer kam sehr bald, mit den zur heiligen Handlung nötigen Requisiten ausgerüstet, und begab sich zu dem Apotheker. Er fand ihn in einem Zustand außerordentlicher Schwäche, doch hatte der Kranke noch das Bewußtsein und konnte auch noch sprechen, wenn auch so leise, daß es kaum zu verstehen war.
    Der Geistliche war nicht allein gekommen, sondern Assessor von Schubert war bei ihm. Er als Untersuchungsrichter hatte es für wertvoll gehalten, zu sehen, wie der Sterbende sich zu dem Seelsorger verhalten werde.
    „Hören Sie mich?“ fragte dieser letztere.
    Der Apotheker nickte.
    „Sehen Sie mich auch?“
    „Nicht gut“, antwortete der Gefragte mit leiser Stimme.
    „Aber Sie wissen, wer ich bin?“
    „Der Pfarrer.“
    „Ja. Ich bin gekommen, Ihnen in Ihrer letzten Stunde den Beistand der Religion zu bringen. Gott ist allen Sündern gnädig. Er vergibt selbst die schwerste Tat, wenn sie bereut wird. Sie stehen an den Pforten

Weitere Kostenlose Bücher