Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Wortlaut der Beichte vor und fragte dann:
    „Haben Sie mich verstanden, und ist dies das ganze Sündenbekenntnis, welches Sie ablegen wollen?“
    „Ja. Ich weiß weiter nichts.“
    „So verkündige ich Ihnen an Gottes Stelle die Vergebung derjenigen Sünden, welche Sie mir gebeichtet haben. Sollten Sie aber Lasten, welche Ihre Seele bedrücken, aus Verstocktheit verheimlicht haben, so kann ich sie Ihnen nicht vergeben. In diesem Fall also werden Sie ohne Absolution sterben und sich am Tag des Gerichts vor dem allwissenden und allgerechten, ewigen Richter zu verantworten haben. Sterben Sie in Frieden, wenn Sie es können, und Gott sei Ihrer armen Seele gnädig!“
    Er sprach den Segen nicht über ihn und entfernte sich mit dem Assessor.
    „Schrecklich!“ meinte dieser. „Wie wichtig wäre mir ein jedes Wort gewesen, selbst wenn es nur eine Andeutung enthalten hätte! Solche Menschen glauben weder an Gott noch an eine Ewigkeit. Man kann nur mit Schaudern von ihnen fortgehen!“ –
    Den Fürsten hatte die Botschaft des Staatsanwaltes nicht rechtzeitig angetroffen. Er kam erst nach der Mittagsstunde, als die Expedition in den Gerichtsräumen nach dem Essen wieder begonnen hatte. Er kam nicht allein, sondern er brachte Doktor Zander mit.
    Er ließ sich eben von dem Staatsanwalt und dem Assessor das Vorgekommene erzählen, als der Gerichtsarzt eintrat. Als dieser den jungen Kollegen erblickte, nahm er eine sehr reservierte Miene an und sagte:
    „Störe ich vielleicht bei einer ärztlichen Konsultation?“
    „O nein“, antwortete der Staatsanwalt. „Bringen Sie mir vielleicht eine Neuigkeit?“
    „Eine Neuigkeit, ja, aber doch etwas bereits Erwartetes. Seidelmann ist soeben gestorben.“
    „Ach! Also doch! Wohl in Ihrer Gegenwart?“
    „Nein. Ich kam, um nach Horn zu sehen. Dabei wurde mir vom Wachtmeister der Tod des anderen gemeldet.“
    „Mir aber nicht!“
    „Bitte, der Tod war soeben erst eingetreten, und ich übernahm die Meldung, welche der Wachtmeister Ihnen schuldig war.“
    „Haben Sie nach der Leiche gesehen?“
    „Ja. Ich kann nach einer sehr eingehenden Untersuchung nur konstatieren, daß Seidelmann wirklich tot ist.“
    „Woran gestorben?“
    „Unzweifelhaft an Gehirnerschütterung.“
    „Fatal, höchst fatal! Mit ihm ist uns ein höchst wichtiger Zeuge entgangen.“
    Da meinte der Fürst von Befour:
    „Grad weil Seidelmann für uns von solcher Wichtigkeit sein muß, dürfen wir hier nicht das Allergeringste versäumen. Es muß unwiderlegbar konstatiert werden, daß er wirklich tot ist. Gehen wir zu ihm.“
    Da antwortete der Gerichtsarzt in unterdrücktem Zorn:
    „Durchlaucht, ich bin Arzt, und zwar Gerichtsarzt. Ich glaube, an dieser Stelle und in dieser Angelegenheit kompetent zu sein!“
    „Bitte, bester Herr Doktor, es fällt uns auch gar nicht ein, an Ihrer Kompetenz zu zweifeln; nur werden Sie zugeben, daß wir Grund haben, uns den Toten einmal anzusehen.“
    „Dagegen kann ich allerdings nichts haben, bitte aber, mich von dieser Okularinspektion zu dispensieren.“
    „Es wäre uns aber sehr lieb, wenn Sie sich mit beteiligen wollten!“
    Der Arzt fühlte sich aber beleidigt; er antwortete:
    „Das ist mir unmöglich. Ich habe andere Pflichten auch. Ich muß soeben zu einem Fieberkranken am Altmarkt.“
    „Bitte, sind Sie nicht zunächst Gerichtsarzt?“
    „Allerdings, doch habe ich als solcher nicht die Verpflichtung, den Tod eines Menschen zweimal zu konstatieren. Selbst wenn ich hier bleiben wollte, würde ich mich nicht mehr mit dieser Leiche beschäftigen können; ich müßte vielmehr zu dem Apotheker Horn, dessen Tod in jeder Minute zu erwarten ist.“
    „Also auch er stirbt gewiß?“
    „Ja.“
    „Das ist allerdings auffällig. Ich bin überzeugt, daß dieser Mann es vermag, sich scheintot zu machen, und da er mit dem toten Seidelmann früher zweifellos in Verbindung gestanden hat, so liegt für uns die Veranlassung, sehr vorsichtig zu sein, gewißlich sehr nahe.“
    Der Arzt zuckte beinahe höhnisch die Achseln:
    „Sich etwa scheintot machen, um entfliehen zu können?“
    „Ja.“
    „Das wäre kühn, nein, das wäre sogar wahnsinnig.“
    „Wenn es keinen anderen Weg der Rettung gibt, so wagt man eben das Äußerste.“
    „Wie hätte Horn in seiner Zelle zu dem betreffenden Mittel kommen können?“
    „Er kann es mitgebracht haben. Jedenfalls ist er auf seine Arretur vorbereitet gewesen.“
    „Und wie hätte er es Seidelmann geben können, welcher übrigens

Weitere Kostenlose Bücher