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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein armes Dirndl, welches jetzt des Königs Almosen braucht. Aber du bist doch auch kein Kaiser nicht, verstanden! Wir könnten uns so leicht entgegenkommen, ich ein Stückerl zu dir hin und du ein Stückerl zu mir her, aber das willst nicht; das Stückerl ist dir zuviel, und ich soll da den ganzen Weg machen. Ich weiß gar wohl, wie's in deinem Herzen steht. Du hast mich lieb, und du hast wohl auch denkt, mir ein gutes Wort zu geben. Das hast denkt, als du allein warst; aber nun ich bei dir bin, bringst's nicht heraus, sondern tust bärbeißig, weilst denkst, daß du dich wegen eines guten Wortes schämen mußt. Nachher, wann ich fort bin, wirst bereuen, aber du wirst's dann nimmer gutmachen können. Ich hab dich lieb, aber ein Waschlapperl bin ich nicht. Ich hab fein sanft und zart mit dir sprochen; ich habe keine Beleidigung und keinen Ärgern schauen lassen, aber mein letztes Wort mag ernst gemeint sein. Wann wir jetzt wieder unversöhnt ausnander gehn, so werd ich einen großen Kummer haben, aber ich werd ihn zu tragen und zu verwinden wissen. Meinen Weg laß ich mir dadurch nicht zerstören. Nachher weiß ich, was werden wird. Ich werd berühmt sein und reich; schön bin ich auch, das sag ich ohne alle Eitelkeiten und Oberhebung. Ich weiß, mit was ich zu rechnen hab. Nachher, wann ich auf der Leiter emporgestiegen bin, was bist nachher du? Ein Tabulettkramer, ein braver zwar, aber doch nur immer ein Tabulettkramer. Und wannst von mir hörst oder gar einmal mich erblickst, nachher wird der Feind erwachen in deinem Innern und dich peinigen Tag und Nacht. Nachher wird die Reuen kommen mit aller Gewalt, und dein einziger Trost wird sein, daß du an allem selber schuld bist. Ich red' da streng mit dir, aber ich mein's aufrichtig gut, weil ich dich liebhab und dich so herzensgern glücklich sehen möcht.“
    Sie stand vor ihm in ihrer einfachen armen Tracht, aber doch in all ihrer Schönheit. Sie hatte nicht zuviel gesagt; als sein Auge an ihr herniederglitt, sah er erst die Veränderung, welche mit ihr vorgegangen war. Es durchzuckte ihn, die Arme um sie zu schlingen und sie an sein Herz zu nehmen. War es denn etwas gar so großes, wenn er sich ihrem Willen fügte? Nein. Aber da dachte er wieder daran, daß auf der Bühne ein anderer diese roten, schwellenden Lippen küssen könne, und das ergrimmte ihn.
    „Bist fertig?“ fragte er kurz.
    „Ja. Und nun sag jetzt, was hast beschlossen?“
    „Nix andres als was ich vorher gesagt hab.“
    „Ich soll mit hausieren gehn?“
    „Ja.“
    „So hausier allein! Du denkst nicht daran, daß eine Hausierersfrau noch ganz andre Gefahren hat als eine Sängerin. Du bist dein eigner, größter Feind und wirst's auch bleiben. Gute Nacht!“
    „Leb wohl!“
    Er sagte das kalt, als ob ihn die Trennung ganz gleichgültig lasse. Dennoch blieb sie nach drei oder vier Schritten stehen und drehte sich um.
    „Anton!“
    Er antwortete nicht.
    „Bleibst wirklich so hart?“
    „Du bist hart, du allein!“
    Da kehrte sie schnell zu ihm zurück, legte die Arme um ihn, zog ihn an sich und bat:
    „Gib nach, Anton, gib nach! Ich bitte dich um deines eignen Glückes willen, gib nach.“
    „Nein!“
    „Wirklich nicht?“
    „Ich kann nicht.“
    „Ich verlang ja nicht zuviel. Ich will ja nur auf Konzerten und in Kirchen singen!“
    „Das glaub ich nicht. Laß mich aus! Wer eine Sängerin wird, die ist verloren auf immer, denn sie wird ganz sicher eine –“
    „Halt, sag das Wort nicht!“ sagte sie streng.
    „Soll ich nicht mal reden?“
    „So ein Wort nicht! Das duld ich nicht!“
    „Wirst's noch oft dulden müssen, wann's dir ins Gesicht gesagt wird. Du denkst, wann ich dir mal begegnen werd, so werd ich mich ärgern. O nein, ich werd hinkommen zu dir und es dir ins Gesicht sagen, was du bist, nämlich eine –“
    „Schweig! Ich dulde das nicht. Ich hab mir von dir heut viel sagen lassen, das aber hör ich nicht mit an. Du hast recht: Es ist aus mit uns. Leb wohl auf immerdar!“
    „Ja, scher dich fort!“ rief er zornig, als sie sich von ihm wendete. „Ich mag nix mehr von dir wissen, denn du bist's doch auch bereits, eine –“
    „Was?“ fragte sie, nochmals stehenbleibend. „Was bin ich bereits? Sag's doch nun, wann du's beweisen kannst, daß ich's bereits bin!“
    „Ja, ich kann's, denn du willst eine Sängerin werden. Du bist eine Huren!“
    Da stand sie aber auch wieder vor ihm, holte aus und gab ihm eine Ohrfeige, daß er, der einen solchen Hieb gar nicht

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