Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen

Titel: 67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Ansicht kam, daß es sich hier um irgendeine Idee handle, welche man festhalten müsse. Darum antwortete er:
    „Welches Wasser meinst du?“
    „Dort!“
    „Den Bach?“
    „Wehr.“
    Dieses Wort durchzuckte den Lehrer wie mit einem elektrischen Schlag. Wollte der Irre ihn etwa gar an das Wehr führen, an das Mühlwehr, welches der Silberbauer gebaut hatte? Sollte der Feind sich dort befinden? Befand der Irre sich im Besitz irgendeines Geheimnisses, welches er verborgen mit sich herumgetragen hatte, bis der Instinkt ihm sagte, daß er jetzt einen guten Freund besitze, dem er alles mitteilen könne?
    „Komm! Führe mich!“ sagte er, entschlossen, mit dem Irren zu gehen.
    Dieser ergriff ihn bei der Hand und führte ihn fort, nicht in das Dorf hinein, sondern hinter demselben weg. Kein Wort wurde gesprochen. Das Gebaren des Irren war dasjenige eines Menschen, welcher von niemand gehört und gesehen werden will.
    Das große Gut des Silberbauern lag etwas rückwärts vom Dorf. Darum kamen die beiden hart an dem dazu gehörigen Garten vorüber. Dieser war an dieser Stelle von einem lebendigen Zaun eingefaßt. Dort blieb der Irre stehen und blickte starr nach einem erleuchteten Fenster hinüber.
    „Wen suchst du?“ fragte Walther.
    „Feind.“
    „Ist er dort?“
    „Dort“, antwortete der Gefragte, nach dem Fenster deutend.
    „Nun, was wollen wir hier?“
    „Warten auf den Feind!“
    „Bis wann?“
    „Gehen nach dem Wehr.“
    Er gab alle diesen kurzen, abgerissenen Antworten erst nach einer Weile nach den Fragen. Es verursachte ihm sichtlich Anstrengung. Walthers Fragen zu begreifen. Der letztere ahnte nun, daß der Irre ganz genau wissen müsse, daß der Silberbauer heut nach dem Wehr gehen werde. Er wollte durch weitere Fragen der Fassungskraft des Geisteskranken zu Hilfe kommen, schwieg aber, denn es ließen sich leise Schritte hören.
    Sofort duckte sich der Irre am Zaun auf die Erde nieder. Walther wollte sich auch nicht sehen lassen und kauerte sich hart neben ihm hin.
    Jetzt kam der Betreffende, langsam und schleichend. Man hörte, daß er sich Mühe gab, jedes Geräusch zu vermeiden. Ganz in der Nähe blieb er stehen. Er hatte keine Ahnung, daß er nicht allein sei.
    Da flüsterte es neben ihm:
    „Wurzelsepp!“
    Er fuhr erschrocken zusammen.
    „Tausendsakra! Wer ist da?“ fragte er.
    „Ich bin's.“
    Walther richtete sich empor.
    „Ah! Der Herr Lehrern! Was machen 'S denn hier?“
    „Ja, was machen Sie hier?“
    „Ich wollt noch nicht schlafen, und da hielt ich's für das Best, mal ein bißle lauschen zu gehen. Sie wohl auch?“
    „Nein. Ich bin hierher geführt worden.“
    „Von wem?“
    „Vom Balzerbauern. Hier kauert er.“
    Der Sepp bückte sich nieder. Da wimmerte der Irre leise und voller Angst:
    „Nimm's hin, nimm's hin! Ich sag halt nix! Gnade, Gnade!“
    „Mach keine Faxen, Balzer! Kennst mich denn nicht? Ich bin der Sepp, der Wurzelsepp!“
    Sofort erhob sich der Irre aus seiner kauernden Stellung und flüsterte in frohem Ton:
    „Freund, guter Freund!“
    „Ja, das bin ich, das weißt gar wohl.“
    „Auch guter Freund!“
    Er nahm sie alle beide bei den Händen.
    „Nun ja“, meinte der Sepp. „So einer merkt's gar wohl auch, wer sein Freund ist und wer nicht. Also der hat Sie herführt? Wozu?“
    „Er will mir seinen Feind zeigen.“
    „Das ist der Silberklaus.“
    „Wie es schien, wollte er mich auch an das Wasser führen.“
    „Wasser!“ stimmte Balzer bei.
    „Hinunter zum Mühlenwehr.“
    „Wehr!“ nickte Balzer.
    „Warum? Was wollen 'S dort unten?“
    „Ich weiß es nicht, vermute aber, daß ich dort den Feind auch sehen solle, und –“
    Der Irre unterbrach ihn jetzt.
    „Komm!“ sagte er in dringlichem Ton.
    Dabei deutete er nach dem Fenster, welches dunkel geworden war, da man dort das Licht verlöscht hatte.
    Er faßte die beiden und zog sie hinter sich her. Erst als er merkte, daß sie ihm auch freiwillig folgten, gab er sie frei.
    „Sonderbar!“ meinte der Sepp. „Er müßte eine lichte Stund haben, denk ich mir.“
    „Es scheint so.“
    „Er hat irgendeine Absichten. Wann's aber nur auch eine gute ist.“
    „Ich glaube nicht, daß wir etwas zu befürchten haben.“
    „So einem Verrückten darf sogar sein bester Freund nicht trauen. Man ist niemalen sicher, ob er's ehrlich meint oder nicht. Nehmen 'S sich also in acht!“
    „Wir sind ja zu zweien!“
    „Nun ja, und vielleicht ist's grad gut, daß ich mitkommen bin.“
    Der Irre schien jetzt

Weitere Kostenlose Bücher