68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
und machte einen Kratzfuß, freilich mit einer Miene, welche den Baron noch mehr als eine offene Unhöflichkeit ärgern mußte. Dieser letztere aber hielt es für besser, so zu tun, als ob er den Sarkasmus gar nicht bemerkt habe.
„Schön! Wenn du Verstand annimmst, werden wir bald einig werden.“
„Das hoff ich gern. Daher sag ich Ihnen auch gleich, daß ich für den Spiegeln hier keinen Pfennig zahlen werd.“
„Wirst aber doch zahlen müssen. Ich habe dich ja auch ganz in der Hand.“
„So?“
„Ja. Ich ziehe dir den Betrag an den fünfhundert Mark ab, welche ich dir versprochen habe.“
„So ziehe ich auch ab.“
„Was denn?“
„Ich selber. Ich ziehe ab! Adieu!“
Er wendete sich wieder nach der Tür. Der Baron schritt ihm schnell nach und hielt ihn fest.
„Ich habe gesagt, daß du bleibst! Du hast mir Rede und Antwort zu stehen.“
Der Alte kratzte sich in possierlicher Verlegenheit hinter dem Ohr.
„Herrgottsakra! Sind aber Sie ein gestrengern Herrn! Da werd ich wohl nicht lang der Parkaufseher bleiben. Das bin ich nicht gewohnt. Davon tun mir ja die Augen weh!“
„Es wird dir vielleicht noch mehr weh tun, wenn du dich ungehorsam zeigst. Also, ich wünsche zu erfahren, wo sich die einstige Bertha Hiller jetzt mit ihrem Sohn befindet! Heraus damit!“
Der Sepp nahm jetzt den Bergstock und den Hut zwischen die Knie, sie dort festhaltend, und kratzte sich mit allen beiden Händen im Haar.
„Verdimmi, verdammi, wie dera Nachtwächtern immer sagen tät! Jetzt bin ich schön anilaufen!“
„Wieso angelaufen?“
„Weilst mich nach dera Sachen fragst – Sapperlotern, jetzund sag ich auch schon wiedern du zu meinem gnädigen Herrn! Ich mein nämlich, daß ich mich in einer schauderhaften Verlegenheit befind, weil ich das sagen soll, was ich halt gar nicht weiß.“
„Wie? Du willst jetzt die Adresse der beiden Personen nicht wissen?“
„Ich weiß sie nicht.“
„Und heut am Tag hast du sie gewußt?“
„Ja, sehr genau.“
„So mußt du sie doch auch jetzt noch wissen!“
„Eigentlich, ja. Aber ich hab's vergessen.“
„Mensch, mach keinen Schwindel!“
„Das ist kein Schwindel! Herr Baronen, Sie wissen halt gar nicht, was ich für ein so gar zart und empfindlich Gedächtnissen hab. Wann das nur ein ganz klein bißle über was derschrickt, so ist's gleich ganz ausi mit ihm. Das ist mir schon sehr oft so gangen. Ich hab mal sogar ein ganzes Jahr lang meinen eigenen Namen nicht mehr wußt, weil mein Gedächtnissen über eine Fliegen verschrocken ist, die mich bissen hat. Ich hab mich nicht und nicht und nicht auf den Wurzelsepp besinnen könnt, bis ich mich endlich nachher mal im Spiegel anschaut hab. Nachher hab ich's wiedern wußt, wer ich bin. Und so ist's auch heut. Mein Gedächtnissen ist verschrocken, und nun kann ich mich auf die beiden Leutln absolutemang nicht mehr besinnen.“
Er sagte das so demütig, so treuherzig. Der Baron aber ballte die Fäuste.
„Mensch, ich sollte dich prügeln!“ knirschte er.
„Na, mir ist's auch recht. Versuchen 'S halt mal, ob 'S die Adreß herausitrommeln können!“
Der Baron stampfte mit dem Fuß, wendete sich ab, schritt einige Male hin und her und blieb dann wieder vor ihm stehen. Er zwang sich zur Ruhe.
„Worüber ist denn dieses so ungemein zarte und empfindliche Gedächtnis erschrocken?“
„Über das Geldl, was ich da hier für denen Spiegeln zahlen soll.“
„Ach so! Konnte es mir denken! Hm! Wenn ich es mir recht überlege, so muß ich vielleicht doch dem Hausmeister die Schuld zum größeren Teile zumessen.“
„Nur zum größern Teile?“
Dabei blinzelte ihn der Alte listig an.
„Na, sagen wir also ganz.“
„Schön! Das laß ich mir gefallen.“
„Du hast also nichts zu bezahlen.“
„Jetzt kann ich nun wiedern meines Lebens froh werden. Jetzund bin ich wiedern gesund.“
„Ist auch dein Gedächtnis wieder gesund?“
„Ja, grad jetzt eben kehrt's wiedern zurück.“
„Das freut mich. Also, wie ist die Adresse?“
Der Alte kratzte sich abermals mit beiden Händen, indem er Hut und Stock zwischen die Knie einklemmte.
„Ich hoffe doch nicht“, fügte der Baron rasch zu seiner Frage hinzu, „daß dir das Gedächtnis schon wieder abhanden kommt!“
„O nein, nein, nein! Grad jetzund ist's ganz richtig da. Es ist noch niemals so gesund und so stark gewest, wie grad in diesem Augenblick. Das merk ich sehr, weil's grad die Hauptsach festhalten hat.“
„Diese Hauptsache ist doch die
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