69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
fragst du?“
„Wo ist deine Tänzerin?“
„Dort läuft sie.“
„So! Dort läuft sie! Und zwar allein muß sie nach ihrem Platz zurück! Weißt du nicht, was sich schickt und gehört?“
„Was geht's dich an! Ich kann tun und lassen, was ich will!“
„Daheim bei dir meinetwegen, ja; aber hier bei uns nicht. Hier sind die Burschen höflich. Es ist eine Ehre für einen Fremden, wenn eine mit ihm tanzt.“
„Eine Ehre? Mach dich nicht lächerlich!“
Damit schob er ihn zur Seite und ging fort. Der andere aber blieb stehen und rief mit lauter Stimme:
„Hört, der Osec hat seine Tänzerin stehen lassen. Ist das nicht eine Beleidigung für sie und für uns alle?“
„Ja, ja!“ antwortete es rundum.
„Aber beleidigen lassen wir uns nicht. Unsere Mädchen müssen wir beschützen, daß so etwas nicht wieder stattfindet. Ich schlage also vor: Keiner von uns allen tanzt mit einem Mädchen, welche sich von jetzt an von dem Osec angreifen läßt. Diejenige, welche mit ihm tanzt, wird von uns in Verruf erklärt. Seid ihr einverstanden?“
„Ja, alle, alle!“
„Außer er geht jetzt gleich zu seiner Tänzerin und bittet sie um Verzeihung.“
Das war dem alten Osec zu viel. Er stand von seinem Stuhl auf und rief:
„So etwas wird ihm nicht einfallen! Selbst wenn er es tun wollte, so würde ich es ihm verbieten.“
„Ein schöner Kerl, der sich von seinem Alten verbieten läßt, höflich zu sein.“
„Willst du mich etwa beleidigen?“
„Nein! Ich sage nur die Wahrheit und spreche in unser aller Namen. Ihr seid es, die uns beleidigen. Wenn ihr so weiter macht, werdet ihr auch weiter kommen, nämlich zum Saal hinaus und zur Treppe hinunter!“
„Das wagt einmal!“ schrie der Kery-Bauer. „Sie sind meine Gäste!“
„Aber nicht die unserigen. Wenn du Gäste bei dir hast, so sorge auch dafür, daß sie sich anständig betragen, anders fällt's auf dich zurück. Wir brauchen keine Grobianers hier bei uns im Saal!“
„Und der Osec braucht eure Mädchen nicht. Er hat seine Tänzerin!“
„So ist sie zu bedauern.“
„Still!“ ertönte die Stimme des Schmiedes vom Podium herab. „Ich bitte mir Ruhe aus! Hier habe ich zu gebieten. Wer Veranlassung zum Streit gibt und sich nicht nobelfein beträgt, der wird einfach hinausgeworfen. Merkt's euch gut! Ihr wißt, daß ich kurzen Prozeß mach, und da hilft auch keine Appellationen was!“
So war die Ruhe wenigstens einstweilen hergestellt; aber Grimm herrschte an dem Tisch, an welchem Kery saß. Der alte Osec ärgerte sich natürlich nicht weniger. Er fuhr seinen Sohn an:
„Daran bist du allein schuld! Warum hast du nicht mit der Gisela getanzt?“
„Ich kam zu spät!“
„So lauf schneller! Ein Bursche, welcher ein Geschick hat, läßt sich sein Mädchen nicht vor der Nase wegnehmen. Du mußt gleich beim ersten Musikton zu ihr. Und diesen Slowitzern zeigst du, daß du ihre Dirnen gar nicht brauchst. Der nächste Tanz wird gemacht. Also paß auf!“
Von jetzt an stand sein Sohn auf dem Sprung, und kaum hatte der Schmied einen Oberländer verkündigt, so eilte er zu Gisela hin. Aber bereits stand Ludwig vor ihr, sie zum Tanz auffordernd.
„Halt!“ sagte Osec. „Diese Tänzerin ist mein!“
Ludwig blickte ihm lachend ins Gesicht und fragte:
„Wer hat das gesagt?“
„Ich!“
„Das gilt wohl nix. Hier hast nix zu sagen. Ich bin eher kommen als du.“
„Aber ich leide es nicht, daß du mit ihr tanzt! Sie gehört mir!“
„So? Ich will mich nicht mit dir streiten. Sie muß es am besten wissen, wer das Recht besitzt, diesen Oberländer mit ihr zu tanzen. Gisela, wer ist der Richtige?“
„Du“, antwortete, sie, „denn du bist eher da gewesen.“
Sie gab ihm die Hand, und er führte sie fort. Da aber eilte ihr Vater hinzu, ergriff sie beim Arm und rief zornig:
„Was fällt dir ein! Mit dem Knecht wird nicht getanzt. Das muß ich mir verbitten!“
„Ja, dann muß ich gehorchen“, sagte sie ruhig.
Sie ließ Ludwig fahren und kehrte nach ihrem Platz zurück. Die Musik begann, und die Paare bewegten sich im Kreis. Ludwig schlenderte weiter, und der junge Osec ergriff nun Giselas Arm und führte sie in die Reihe. Sie folgte ihm, ohne sich zu weigern. Er nahm eine Haltung an wie einer, der eine Schlacht gewonnen hatte, und warf stolze Blicke rund umher. Er ahnte nicht, wie sehr er heimlich ausgelacht wurde.
Jetzt kam die Reihe an ihn. Er machte seiner Tänzerin eine höflich sein sollende Verbeugung, faßte sie um die Taille
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