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69

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Titel: 69 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryu Murakami
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später doch nicht treffen. Wir müssen für die Eröffnungsfeier des Nationalen Sportfests proben.«
    Nationales Sportfest. Gab es etwas Hässlicheres als den Klang dieser beiden Wörter?
    »Außerdem habe ich gehört, dass ihr Jungs Reinigungsdienst habt, ihr sollt die Sportanlagen sauber machen.«
    Niemand hatte das Recht, meine Verabredung mit ihr zu durchkreuzen, und schon gar nicht aus solchen Gründen. Ich ging in den Clubraum und zitterte vor Wut.
    »Was meinst du, Yazaki?«, fragte einer von ihnen. »Es scheint so, als hätten uns seit der Barrikade eine Menge Gruppen von Universitäten aus der ganzen Gegend zur Kenntnis genommen, und die Studentische Anti-Imperialismus-Liga an der Universität von Nagasaki hat uns offiziell angeboten, uns bei der Kampagne gegen die Abschlusszeremonie zu unterstützen.«
    Ich hatte die Nase voll. Absolut voll von diesem ganzen Kram. War es irgendjemandem hier wirklich ernst mit diesem ganzen Zeug? Ich wusste, es war meine Schuld, dass sie in der Scheiße gelandet waren - aber wen kümmerte das? Hätten sie nicht die Hände im Spiel gehabt bei der Tatsache, dass ich einen Strauß Rosen bekommen hatte, dann hätte ich ihnen gesagt, sie sollten sich ins Knie ficken, und wäre hinausgestürmt. Stattdessen sagte ich:
    »Ich mach nicht mehr mit. Ich will euch gegenüber absolut ehrlich sein, also hört zu. Holzstöcke, Helme, der ganze Mist führt zu nichts, egal, ob ihr euch mit der Uni von Nagasaki oder Kyushu oder sonst wem zusammentut. Ich will nicht sagen, dass es mir Leid tut, die Barrikade gemacht zu haben, weil das nicht stimmt, es war eine gute Sache, aber seht mal, ich habe es euch doch schon vorher gesagt, oder? In einer Schule wie dieser muss man Guerilla-Taktiken anwenden, oder man wird wie eine Fliege zerquetscht. Der gleiche Trick funktioniert nicht zweimal. Außerdem, was soll das ganze Gerede darüber, wie wir bei der Abschlusszeremonie stören sollen, wenn wir nicht einmal sicher sein können, dass wir dabei sein werden, nachdem wir die ganze Zeit suspendiert waren?«
    Das veranlasste Narushima zu einer langen Rede voller Secondhand-Gedanken über konterrevolutionäre Rituale und autoritäre Regierungen und bla bla bla. Er war mitten in seiner Darbietung, als der Verbindungslehrer und zwei Sportlehrer den Kopf durch die Tür steckten.
    »Was geht hier vor?«
    Die Politicos tauschten panische Blicke, als wollten sie sagen: Wie zum Teufel haben sie das herausgefunden? Diese Idioten. Es war nur natürlich, dass sie es herausgefunden hatten. Es war zu erwarten, dass sie am ersten Tag, an dem wir wieder in der Schule waren, ein Auge auf uns haben würden.
    »Ihr wisst, dass ihr keine solchen Versammlungen abhalten dürft«, sagte der Verbindungslehrer mit einer leisen, rauen Stimme, die wie eine Säge durch den Raum schnitt.
    »Aber Sir, wir haben uns nicht versammelt«, erklärte ich ihm. »Es ist nur so, da wir alle suspendiert waren und das unser erster Tag an der Schule ist, haben wir gedacht, wir sollten uns zusammensetzen und darüber reden, wo wir Fehler gemacht haben und wie wir es von nun an schaffen können, bessere Schüler zu sein; so was wie Gruppentherapie, stimmt’s nicht, Jungs?«
    Ich sagte das mit einem breiten, sonnigen Lächeln auf meinem Gesicht, wie ein Schauspieler in der Fernsehserie Junior High Journal, aber die anderen starrten mich nur ausdruckslos an. Adama war der Einzige, der sich die Hand auf den Mund legte, um ein Lächeln zu verbergen.

    Unsere Versammlung zerstreute sich, und ich wurde ins Lehrerzimmer gebracht, wo ich förmlich vor dem Verbindungslehrer niederknien musste, während ungefähr ein Dutzend anderer Lehrer im Kreis um mich herumstanden. Sie hängten mich an meinen Füßen an der Decke auf, tunkten mich in ein Fass Wasser, schlugen mir mit einem Bambusschwert ins Gesicht, drückten rotglühende Schürhaken in meinen Rücken und verbrannten meine Schenkel mit Lötlampen. Nein, aber sie schrien mich ziemlich an und traten mit ihren Slippern nach mir. »Nur weil du Dreck bist«, wurde mir mitgeteilt, »heißt das nicht, dass du unsere anderen Schüler mit herunterziehen kannst. Wenn es etwas gibt, was dir an der Nördlichen Oberschule nicht gefällt, dann geh und wechsle die Schule, je eher, desto besser. Wir haben letzte Woche eine Gruppe von Ehemaligen getroffen, und weißt du, was sie uns gesagt haben? Sie haben alle gesagt, sie würden dich gerne erwürgen, weil du den Namen der Nördlichen Oberschule in den Schmutz

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