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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich. Als er wiederkam, brachte er die Nachricht, daß die Dame ihn empfangen wolle, und führte ihn in ihr Zimmer.
    Als Keilberg dort eintrat, stand Milda am Tisch, die Rechte auf die Platte desselben stützend. Sie überflog seine schäbige Gestalt mit kaltem, stolzem Blick und fragte:
    „Was wollen Sie?“
    Einem Mann gegenüber wäre er wohl grob geworden. Die hohe, reine Weiblichkeit der Baronesse aber imponierte ihm. Er wurde verlegen und antwortete beinahe stotternd:
    „Ich – ich wollte eigentlich zum – zum gnädigen Herrn Baron.“
    „Es ist Ihnen bereits angedeutet worden, daß Sie ihn in Wien finden werden.“
    „So weit kann ich nicht gehen.“
    „So fahren Sie.“
    „Dazu fehlen mir die Mittel.“
    „Ach! Sie kommen, sich dieselben bei mir auszahlen zu lassen?“
    „Nein. Sie würden mir doch nichts geben, denn Sie kennen mich nicht!“
    „Ich würde sie Ihnen doch vielleicht geben, wenn Sie sich legitimiert hätten.“
    „In welcher Weise müßte das geschehen?“
    „In der Weise, daß Sie mir beweisen, daß Sie wirklich etwas so Wichtiges mit dem Baron zu sprechen haben.“
    „Das habe ich.“
    „Was?“
    „Ich glaube nicht, daß ich es Ihnen mitteilen darf.“
    „So sind wir fertig und Sie können gehen.“
    Sie drehte ihm den Rücken zu und ging nach dem Fenster.
    Seine Verlegenheit wuchs. Aber er überwand sie. Geld brauchte er, Geld. Er konnte das Schloß nicht ohne Geld verlassen; darum sagte er, allerdings mit unsicherer Stimme:
    „Gnädiges Fräulein, ich will Ihnen den Beweis bringen.“
    Sie wendete sich ihm wieder zu.
    „Wie Sie wollen. Können Sie sich aber überhaupt zunächst als denjenigen legitimieren, für den Sie sich ausgeben. Privatsekretär Keilberg?“
    „Ja.“
    „So tun Sie es!“
    Sie streckte ihm die Hand entgegen, um die Legitimation in Empfang zu nehmen. Er zog sie nur langsam und zögernd aus der Tasche. Es war ihm dieser Dame gegenüber doch nicht ganz gleichgültig, von ihr als ein Zuchthäusler erkannt zu werden. Er streckte ihr das Papier hin.
    Sie trat für einen Augenblick zurück, zog Handschuhe an und griff erst nun nach der Legitimation. Das ärgerte ihn. War er denn ein räudiger Hund, daß sie sich scheute, etwas anzugreifen, was er in der Hand gehabt hatte! Er erhielt mit einem Mal seine ganze freche Sicherheit zurück und hielt seinen Blick fest und herausfordernd auf sie gerichtet, als sie die wenigen Zeilen las. Sie legte dieselben sodann, statt sie ihm wieder zu geben, auf den Tisch, zuckte die Achseln und sagte:
    „Aus dem Zuchthaus! Direkt zum Baron von Alberg! Was wollen Sie von ihm?“
    „Bitte, mein Fräulein, es gibt auch brave Leute im Zuchthaus –“
    „Schön! Weiter!“
    „Und Spitzbuben unter den freien Leuten! Mancher gehört hinein, der auf die Gefangenen schimpft und sie verachtet!“
    „Mir gleichgültig. Kommen Sie zur Sache!“
    „Ich bin bei der Sache, die Ihnen nicht so sehr gleichgültig sein kann. Ich meine nämlich, daß Ihr Vater in das Zuchthaus gehört.“
    Sie erschrak nicht, sie errötete und erbleichte auch nicht. Aber ihre schlanke Gestalt richtete sich höher auf, und die Züge ihres schönen Antlitzes nahmen einen starren, unberührbaren Ausdruck an.
    „Weiter!“ befahl sie.
    Er hatte erwartet, daß sie ihn einen frechen Menschen nennen, vom Hinauswerfen reden, überhaupt in heftigen Zorn geraten werde. Daß nichts von alledem geschah, brachte ihn aus dem Konzept. Er blickte sie betroffen, beinahe ängstlich an; dann antwortete er:
    „Sie glauben es natürlich nicht. Aber es kommt nur auf mich an. Wenn ich aus der Schule plaudere, so ist es aus mit ihm!“
    „Weiter!“ erklang es wieder wie vorher.
    „Soll ich es Ihnen erzählen?“
    Sie nickte nur.
    Da stattete er ihr denselben Bericht ab, den er bereits vorher dem König gegeben hatte. Sie hörte ihm ruhig bis zum Schluß zu, unbeweglich. Wäre nicht der Blick ihres Auges gewesen, so hätte man sie für eine leblose Statue halten können. Diesem Verhalten gegenüber war ihm der Schweiß auf die Stirn getreten. Als er geendet hatte, fragte sie kalt und in ruhigem Ton:
    „Warum sind Sie gekommen, dies hier zu erzählen?“
    „Weil – weil – weil ich mich in Not befinde.“
    „Sie brauchen Geld?“
    „Ja.“
    „Wieviel?“
    „So viel er mir damals versprochen hat. Für weniger verkauf ich mein Schweigen nicht. Ich will meinen Lohn haben.“
    „Sie sollen ihn haben. Doch paßt es mir erst morgen vormittag.“
    „Das schadet

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