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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eingegangen. Er hat sich Bedenkzeit erbeten. Er behauptet noch heut, daß er eine große Kühnheit begehe, wenn er das Werk übernehme. Aber wir sind arm; wir müssen und wollen leben. Das Anerbieten der Baronesse befreit uns nicht nur von Nahrungssorgen, sondern stellt ihm auch die Mittel reichlich in Aussicht, an seiner Ausbildung fortzuarbeiten. Darum ist er heut zu ihr, um ihr mitzuteilen, daß er gesonnen sei, zu akzeptieren.“
    „Hm! Weiß sie, wer er eigentlich ist?“
    „Keine Silbe!“
    „Von wem ist er ihr vorgestellt worden?“
    „Von niemandem. Sie sind einander ganz zufällig begegnet, mitten im Wald, während eines Gewitters; da hat sich die Bekanntschaft angeknüpft.“
    Über Ludwigs Gesicht glitt ein undefinierbares Lächeln. Er sagte:
    „Hm! Sie müssen während dieses Gewitters sehr viel über Architektur gesprochen haben, da die Dame so schnell die Überzeugung gewonnen hat, in ihm den Künstler gefunden zu haben, dem sie die Lösung einer solchen Aufgabe anvertrauen kann. Hegen Sie irgendwelche außergeschäftliche Teilnahme für sie?“
    „Sogar eine ganz außergewöhnliche und innige. Sie ist ein Engel. Sie ist sogar hier bei mir gewesen, um mir Trost in meiner Krankheit zu bringen.“
    „Wie weit liegt Steinegg von hier?“
    „Man kann es in drei Viertelstunden erreichen. Der Weg führt durch den Wald hinab auf die Hohenwalder Straße, welcher man nach rechts zu folgen hat.“
    „Ah, ist's so! Wart, Bursche, jetzt habe ich dich!“
    Die Frau blickte ihn fragend an. Darum erklärte er ihr:
    „Ich bin nämlich jetzt überzeugt, daß dieser Hermann Arthur Willibold Keilberg hinab nach Schloß Steinegg ist. Er ließ sich verlauten, daß er den Baron von Alberg aufsuchen wolle, jedenfalls um ihm eine Summe Geldes zu erpressen. Er wird nicht wissen, daß der Baron bereits wieder abgereist ist. Nun wird er sich an dessen Tochter wenden –“
    „Das darf er nicht; das darf er nicht!“ rief Frau von Sandau. „Das liebe, herzige Kind darf nicht erfahren, welch einen Vater es hat. Man muß sofort einen Boten nach Schloß Steinegg senden, welcher es verhindert, daß dieser Mensch zu ihr kann!“
    „Ich glaube, Sie haben diese Baronesse lieb gewonnen?“
    „Von ganzem Herzen. Aber, wen kann man zu ihr senden?“
    „Niemand. Man müßte sich dem Boten anvertrauen, und das geht nicht. Darum ist es geraten, man macht sich selbst auf den Weg.“
    Er erhob sich von seinem Stuhl.
    „Wie?“ fragte sie, beinahe erschrocken. „Majestät wollten –?“
    „Selbst nach Steinegg gehen? Ja.“
    „Das ist unmöglich.“
    „Warum?“
    „Erstens ist es beinahe Nacht, und zweitens kann ich mir ganz unmöglich denken, daß Euer Majestät sich persönlich mit dieser Angelegenheit befassen und sich in derselben einer solchen Mühe unterziehen werden.“
    Er lächelte ihr gütig entgegen und antwortete:
    „Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß ich heut Privatmann bin. Als solcher bin ich Herr meiner Zeit und kann tun, was mir behagt und Vergnügen macht. Ich fühle ein sehr lebhaftes Interesse für Ihre Person und Ihre Schicksale, und so werden Sie mir wohl erlauben müssen, meinen heutigen Spaziergang bis Schloß Steinegg auszudehnen. Vielleicht ist Ihr Sohn noch dort anwesend oder er begegnet mir unterwegs. Jedenfalls aber werde ich dafür sorgen, daß Sie von dem Erfolg, den ich habe, benachrichtigt werden.“
    „Ich kann Majestät nicht hinderlich sein. Sind Sie aber wirklich entschlossen, nach Steinegg zu gehen, so gestatte ich mir die untertänigste Bitte, dort nicht merken zu lassen, daß ich eigentlich von Adel bin.“
    „Gern. Ihr Sohn aber ist von diesem Umstände unterrichtet?“
    „Auch erst seit kürzester Zeit. Er hat stets die Überzeugung gehabt, von bürgerlichen Eltern zu stammen.“
    Es versteht sich ganz von selbst, daß damit die Unterredung noch nicht vollständig beendet war. Es gab noch Fragen und Antworten, Bemerkungen und Erkundigungen. Daran schlossen sich die Danksagungen der glücklichen Frau, und so kam es, daß es bereits dunkel war, als der König Eichenfeld verließ, um nach Schloß Steinegg zu gehen.
    Die Folge wird zeigen, wie leicht verhängnisvoll der Weg nach Steinegg werden konnte. –
    Rudolf Sandau begegnete ihm nicht. Dieser hatte durch die Nachricht, daß er die Renovierung des Schlosses übernehmen wolle, Milda von Alberg herzlich erfreut. Er war eine Weile bei ihr geblieben und hatte sich dann verabschiedet, um nach Hohenwald zu gehen und seinen Freund,

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