Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
den Lehrer Walther, aufzusuchen.
    Milda war eine Strecke weit mit ihm gegangen und kehrte dann nach dem Schloß zurück. Kurz vor demselben sah sie einen Kerl stehen, der die Gebäude forschend betrachtete und auch sie einer eingehenden Okularinspektion unterwarf.
    Es war Keilberg. Er schritt langsam hinter ihr her und kam einige Minuten später als sie unter dem Portal an. Dort stand der Hausmeister, jener Beamte, mit welchem der Wurzelsepp ein Intermezzo erlebt hatte.
    „Ist das hier Schloß Steinegg?“ fragte ihn Keilberg.
    „Ja“, antwortete der Hausmeister, ihn mit stolzem Blick begutachtend.
    „Gehört es dem Herrn Baron von Alberg?“
    „Ja.“
    „Ist der Herr zu sprechen?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Geht Ihm das was an?“
    „Ja.“
    „Inwiefern?“
    „Weil ich mit ihm zu reden habe.“
    „Was?“
    Der verachtungsvolle Ton, in welchem der Hausmeister zu ihm sprach, ärgerte Keilberg. Er antwortete:
    „Ist Er etwa der Herr Baron?“
    „Nein.“
    „So braucht Er also auch nicht zu wissen, was ich mit diesem zu sprechen habe. Melde Er mich also nur an.“
    „So! Er scheint das Befehlen gewohnt zu sein!“
    „Grad so, wie Er das Gehorchen.“
    „Rede Er keinen Unsinn! Was Er mit dem gnädigen Herrn zu reden hat, das kann man sich denken.“
    „Ach! Ist Er wirklich so gescheit. Das sieht man Ihm gar nicht an. Nun, was habe ich denn mit ihm zu reden?“
    „Er will ihn anbetteln.“
    „So! Da ist er freilich mit seinem Scharfsinn nicht weit gekommen. Ich brauche keinen Menschen anzubetteln. Ich bin vielmehr gekommen, dem Herrn Baron einen Gefallen zu tun. Ich bringe ihm eine Nachricht, auf welche er jedenfalls seit Langem gewartet hat.“
    „Er sieht aber nicht danach aus, als ob Er ein von dem gnädigen Herrn so sehnlichst erwarteter Bote sei!“
    „Es gibt der Boten verschiedene. Er weiß wohl, daß sein Herr Diplomat ist. Nicht jeder Mensch ist das, was er zu sein scheint. Verstanden! Also melde Er mich, sonst kann Er sich von Seinem Herrn eine Nase zuziehen, die zehnmal weiter reicht als Sein kurzer Verstand.“
    Dieses rücksichtslose, selbstbewußte Auftreten brachte die beabsichtigte Wirkung hervor. Der Hausmeister wußte aus langjähriger Erfahrung, daß der Baron zuweilen auch heimlich mit Leuten verkehrte, mit denen öffentlich sich sehen zu lassen er sich gehütet haben würde. Vielleicht war das so ein Mann. Darum sagte er in einem weniger unhöflichen Ton:
    „Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, daß der gnädige Herr nicht zu sprechen ist.“
    „Und ich habe bereits gefragt, warum er nicht zu sprechen ist.“
    „Weil er sich nicht mehr hier befindet.“
    „Wo denn?“
    „In Wien.“
    „Das ist nicht wahr!“
    „Oho! Wollen Sie mich Lügen strafen?“
    „Das nicht; aber nach ganz sorgfältig eingegangenen Erkundigungen habe ich die Gewißheit erhalten, daß er sich auf Schloß Steinegg befindet.“
    „Man hat Ihnen die Wahrheit gesagt, doch ist er indessen wieder abgereist.“
    „Sie sagen die Wahrheit?“
    „Erkundigen Sie sich weiter.“
    „Verdammt! Das ist höchst unangenehm und kann auch für den Herrn Baron verhängnisvoll werden.“
    „Wieso?“
    „Da Sie der Herr Baron nicht sind, kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten. Es handelt sich um ein Geheimnis, eine für den gnädigen Herrn hochwichtige Angelegenheit, welche keinen Aufschub verträgt.“
    Er sagte das, weil er noch immer glaubte, daß der Baron doch wohl anwesend sei. Der Hausmeister aber wurde durch diese Worte in Besorgnis um seine Herrschaft versetzt. Er fragte:
    „Ist es denn wirklich so wichtig?“
    „Mehr als Sie denken. Es liegt Gefahr im Verzug.“
    „Dann ist es vielleicht geraten, sich an das gnädige Fräulein zu wenden.“
    „Seine Tochter, also die Baronesse?“
    „Ja.“
    „Ist das vielleicht die Dame, welche vor einer Minute durch das Portal ging?“
    „Ja.“
    „Hm! Ich weiß nicht, ob ich von solchen Dingen zu ihr sprechen kann. Lieber wäre es mir auf alle Fälle, er wäre selbst da.“
    „Da dies aber nicht der Fall ist, so haben Sie die Wahl, nach Wien zu reisen, um mit ihm zu sprechen, oder der Baronesse Ihre Mitteilungen zu machen.“
    Keilberg dachte einige Augenblicke nach, dann entschied er sich:
    „Ich sehe ein, daß es besser ist, mich an die Dame zu wenden. Melden Sie mich also!“
    „Welchen Namen soll ich nennen?“
    „Privatsekretär Keilberg.“
    „Kommen Sie.“
    Er führte ihn eine Treppe empor, ließ ihn im Vorzimmer warten und entfernte

Weitere Kostenlose Bücher