70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
Fürchterliches, Entsetzliches für Sie. Das muß Sie ja wie ein Keulenschlag getroffen haben!“
„Ich kann nicht beschreiben, wie unglücklich ich bin!“
„Das glaube ich Ihnen gern. Aber haben Sie denn keinen Zweifel? Können Sie sich nicht denken, daß hier seitens Ihrer Mutter ein Irrtum vorliege?“
„Das denke ich nicht.“
„So sprechen Sie Ihrem Vater ein Urteil, wie der Richter es nicht strenger und unparteiischer fällen könnte. Ich bewundere Sie. Ich möchte Sie hassen ob Ihrer Gesinnung Ihrem Vater gegenüber, und doch fühle ich, daß Sie so und nicht anders denken und empfinden können. Was aber gedenken Sie zu tun?“
„Meine Pflicht.“
„Und die ist?“
„Herrn von Sandau zu ermitteln und ihm alles zurückzugeben.“
„Doch nicht, ohne vorher seine Ansprüche ganz genau untersuchen zu lassen!“
„Ich verzichte auf diese Untersuchung.“
„Sie könnte aber doch zutage fördern, daß Sie wenigstens Rechte auf einen Teil Ihres jetzigen Vermögens haben.“
„Die habe ich nicht.“
„Oder bieten Sie Sandau einen Vergleich an! Er wird froh sein, die Hälfte der Erbschaft ausgezahlt zu erhalten.“
„Dazu kann ich mich auf keinen Fall entschließen. Ich bin nicht imstande, ihm die Zinsen des Kapitales, welches ich unrechtmäßigerweise benutzt habe, zu erstatten. Wie aber vermöchte ich es, ihm die vielen Jahre zurückzugeben, welche er unschuldig in Schande und Not verbringen mußte! Seine Ehre muß hergestellt werden. Das ist das erste. Das muß ihm noch viel wichtiger sein, als die Erlangung des Vermögens.“
„Wie aber wollen Sie das vollbringen? Seine Ehre kann nicht anders restituiert werden als dadurch, daß Ihr Vater die seinige verliert.“
„Das ist allerdings der einzige Weg.“
„Und Sie wollen ihn beschreiten?“
„Ja, unbedingt.“
„Fräulein von Alberg, Sie sind eine Heldin! Sie schneiden sich das eigene Fleisch ab, unter gräßlichen Schmerzen, um es andern zur Nahrung zu geben!“
„Weil sie gehungert haben, da ich die ihnen gehörige Nahrung entzog. Ich schwelgte im Wohlleben, während sie darbten. Ich werde zunächst zu meinem Vater nach Wien reisen, um mir das Testament zu holen und mit ihm zu sprechen. Wehe ihm, wenn er leugnet! Er wird keine Gnade finden!“
„Und dann?“
„Suche ich Herrn von Sandau oder, wenn er nicht mehr existieren sollte, seine Familie, und gebe ihm alles zurück.“
„Das ist ebenso hochherzig wie gerecht. Aber wissen Sie, was es heißt, nach so langen Jahren drüben in Amerika einen Mann zu suchen, der Ursache hat, verschollen zu sein, weil ein solcher Schandfleck auf seinem Namen ruht?“
„Ich kann es mir denken; aber ich werde nichts unversucht lassen, zu meinen Zielen zu gelangen. Von heut an betrachte ich mich als die Verwalterin von Sandaus Vermögen, und ich hoffe, daß ich eine treue Haushälterin sein werde.“
„Recht so, liebes Fräulein! Was aber das Aufsuchen Sandaus betrifft, so besitzen Sie die dazu nötigen Erfahrungen wohl schwerlich –“
„Ich wende mich an einen Rechtsgelehrten.“
„Da werden Sie viele und bedeutende Ausgaben haben, welche Sie sich ersparen können. Darf ich mich Ihnen als Beistand anbieten?“
„Herr – Ludwig!“
„Bitte, bitte! Ich bin nur ein einfacher Privatmann, ein unbekannter Herr Ludwig, aber dennoch hoffe ich, wenn Herr von Sandau noch vorhanden ist, so werde ich ihn vielleicht noch eher finden, als jeder andere. Glauben Sie das?“
„O gewiß! Aber ich darf es nicht wagen –“
„Pst! Schweigen wir! Mir macht es keine Mühe, das versichere ich Ihnen. Und ich hoffe, Ihnen recht bald die gewünschte Nachricht geben zu können. Wie aber steht es mit diesem Keilberg? Wie lange wollen Sie ihn bei sich behalten?“
„Bis morgen. Ich wollte mit meinem Bruder, mit Max Walther sprechen.“
„Meinen Sie, daß er Ihnen einen guten Rat erteilen könne?“
„Ich denke es.“
„Hm! Vielleicht kann ich Ihnen einen ebensolchen geben.“
„Ich bin überzeugt davon, wage es aber nicht, mir ihn zu erbitten.“
„Ich spreche ihn aus, auch ohne gebeten worden zu sein. Zunächst muß ich Ihnen sagen, daß die Strafverfolgung verjährt ist. Sie können Keilberg nicht festnehmen lassen. Ja, wollten Sie ihn mit Gewalt hier festhalten, so würden Sie strafbar sein.“
„Aber was ist da zu tun? Er ist vollständig unentbehrlich, wenn es sich darum handelt, die Unschuld des Herrn von Sandau zu beweisen.“
„Nun, so muß man ihn festhalten, sonst läuft
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