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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind, pflegen nicht aus solchen Küchen zu speisen. Also kann ich abräumen?“
    „Ja.“
    „Auf ein Trinkgeld habe ich aber wohl nicht zu rechnen?“
    „Kann man nicht wissen!“
    „Pah! Wird nicht hoch werden! Was machen Sie nun?“
    „Ich gehe zu Bett. Ich bin müd und will schlafen.“
    „Das ist freilich das allerbeste, was Sie tun können.“
    „Darf man hier die Tür verriegeln?“
    „Warum nicht? Gestohlen wird Ihnen freilich nichts, falls Sie offen lassen. Hier gibt es keine Diebe, und Sie werden auch nicht viel haben, was des Mitnehmens wert sein könnte.“
    „Kann man abermals nicht wissen. Ich bin aber einmal gewohnt, nur bei verschlossenen Türen zu schlafen.“
    „Glaube es!“ lachte der Lakai. „Aber wie waren sie denn verschlossen? Von innen oder von außen?“
    „Donnerwetter! Wollen Sie mich etwa beleidigen?“
    „Gar nicht. Na, verschließen Sie! Uns kann es nur recht und lieb sein. Brauchen Sie noch etwas?“
    „Nein.“
    „Dann geruhsame Nacht, gnädiger Herr.“
    „Hole Sie der Teufel!“
    Der Lakai ging, und Keilberg verriegelte die Tür laut hinter ihm.
    „So!“ sagte er zu sich selbst, tief Atem holend. „Den bin ich los, und nun bin ich mein eigener Herr. Was tue ich mit dem Raub? Fort muß er. Vielleicht wird die Geschichte heut abend noch entdeckt. Da darf man bei mir nichts finden. Ich muß mich der Sachen entledigen. Aber wie? Wenn das Zimmer im Parterre läge.“
    Er öffnete das Fenster und blickte hinaus. Die vor der Front brennenden Laternen beleuchteten alles. Er sah, daß an seinem Fenster der nach alter Weise aus starkem Eisen bestehende Blitzableiter herniederlief.
    „Herrlich!“ dachte er. „An dem klettere ich hinab, verstecke unten das Zeug und klettere wieder herauf. Dann mögen sie kommen und suchen.“
    Er nahm die Etuis unter dem Bett hervor und steckte sie sich in die Taschen.
    „Aber“, brummte er nachdenklich, „wäre es nicht besser, ich machte mich gleich mit den Sachen auf und davon? Da wäre ich in Sicherheit. – In Sicherheit? O nein! Das Frauenzimmer hat ja meine Legitimationspapiere. Man kennt mich und würde sofort hinter mir her sein. Nein! Ich muß für unschuldig gelten. Außerdem hat sie versprochen, mir morgen das Geld zu geben. Das müßte ich im Stich lassen. Welch eine Dummheit wäre das!“
    Er trat wieder an das offene Fenster und blickte hinaus. Kein Mensch war zu sehen. Er schwang sich hinaus, ergriff den Blitzableiter und rutschte an demselben hinab. Dann huschte er hinüber in den Schatten.
    Er war vollständig überzeugt, von niemandem gesehen worden zu sein. Und doch befand sich ein Lauscher in der Nähe – der König.
    Dieser war eben erst in der Nähe des Schlosses angekommen. Ehe er eintrat, um zu der Baronesse zu gehen, blieb er stehen, um sich die Front zu betrachten. Es gab mehrere erleuchtete Fenster, eins beinahe an der Ecke. Dieses wurde soeben geöffnet und es schaute jemand heraus.
    „Keilberg!“ flüsterte der König, welcher den Mann sofort erkannte. „Also ist er wirklich schon da. Und sogar einquartiert. Er lauscht nach beiden Seiten. Er muß etwas vorhaben.“
    Keilberg verschwand wieder, kehrte aber bald an das Fenster zurück und kletterte herab. Der König stand im tiefen Dunkel, da, wo unter der Schloßstraße eine Schleuse durchlief, um dem Regenwasser Abfluß zu gewähren.
    Grad auf diese Stelle kam Keilberg zu. Er blieb da stehen, blickte sich um und lauschte eine Weile. Der König drückte sich nahe an die mit Gras bewachsene Straßenböschung. Keilberg stand zwischen ihm und dem Schloß. Er konnte ihn, obgleich es hier dunkel war, gegen den fernen Laternenschein ganz deutlich erkennen.
    Jetzt bückte sich der Zuchthäusler nieder und kroch in die ziemlich weite Schleuse. Dort verblieb er einige Minuten, kam dann wieder hervor, lauschte abermals eine Weile und huschte von dannen. Dann sah der König ihn ganz deutlich am Blitzableiter wieder emporklettern und im Fenster, welches er sodann verschloß, verschwinden.
    „Was hat er getan?“ fragte sich Ludwig. „Natürlich etwas gestohlen, was er hier versteckte, um bei einer etwaigen Visitation für unschuldig zu gelten. Wollen einmal sehen.“
    Er ging zur Schleuse und bückte sich nieder. Mit den Händen tastend, fühlte er eine ziemlich tiefe Schicht sehr groben, schweren Sandes, welchen das Wasser hier zusammengeschwemmt hatte. Er untersuchte denselben und traf bald an eine Stelle, wo er fühlte, daß hier gewühlt worden sei. Er

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