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Die 39 Zeichen 01 - Die Katakomben von Paris

Titel: Die 39 Zeichen 01 - Die Katakomben von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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Erstes Kapitel
    Fünf Minuten bevor sie starb, änderte Grace Cahill ihr Testament.
    Ihr Rechtsanwalt brachte ihr die zweite Ausfertigung, die sieben Jahre lang ihr bestgehütetes Geheimnis gewesen war. William McIntyre hatte seine Zweifel gehabt, ob sie wirklich verrückt genug war, es eines Tages einzusetzen.
    »Madam«, fragte er, »sind Sie sich sicher?«
    Grace schaute aus dem Fenster und ließ ihren Blick über die sonnigen Wiesen ihres Anwesens schweifen. Ihr Kater Saladin hatte sich an sie gekuschelt, wie er es während ihrer gesamten Krankheit getan hatte, doch heute konnte sie das nicht trösten. Sie war dabei, Ereignisse in Gang zu setzen, die das Ende der Zivilisation bedeuten konnten.
    »Ja, William.« Jeder ihrer Atemzüge schmerzte. »Ich bin mir sicher.«
    William brach das Siegel an dem braunen Lederetui auf. Er war ein groß gewachsener Mann mit einem wettergegerbten Gesicht. Seine Nase war so spitz, dass sie wie der Zeiger einer Sonnenuhr immer einen Schatten über die eine Seite seines Gesichts warf. Er war nun schon ihr halbes Leben lang ihr Berater und engster Vertrauter. Sie hatten im Lauf der Jahre viele Geheimnisse miteinander geteilt, aber keines war so gefährlich wie dieses.
    Er hielt ihr das Schriftstück hin, damit sie es noch einmal durchsehen konnte. Ein Hustenanfall schüttelte ihren Körper. Saladin miaute besorgt. Als der Husten vorüber war, half ihr William,
den Füller zu halten. Sie kritzelte ihre Unterschrift schwach über das Papier.
    »Sie sind noch so jung«, klagte William. »Wenn nur ihre Eltern …«
    »Aber ihre Eltern haben es nicht getan«, sagte Grace verbittert. »Und nun müssen die Kinder eben alt genug sein. Sie sind unsere einzige Chance.«
    »Wenn sie keinen Erfolg haben …«
    »Dann waren fünfhundert Jahre Arbeit umsonst«, beendete Grace den Satz. »Dann bricht alles zusammen. Die Familie, die Welt - alles.«
    William nickte düster. Er nahm ihr das Testament aus den Händen.
    Grace lehnte sich zurück und streichelte Saladins silbernes Fell. Traurig blickte sie wieder aus dem Fenster. Der Tag war einfach zu schön zum Sterben. Sie wollte ein letztes Picknick mit den Kindern erleben. Sie wollte noch einmal jung und stark sein und um die Welt reisen.
    Doch ihre Augen versagten. Ihre Lungen arbeiteten schwer. Sie griff sich an ihr Halsband aus Jade, den Glücksbringer, den sie vor Jahren in China gefunden hatte. Er hatte sie bei vielen Abenteuern begleitet, in denen der Tod sie oft nur um Haaresbreite verfehlt hatte. Aber selbst der Glücksbringer konnte ihr jetzt nicht mehr helfen.
    Sie hatte hart gearbeitet, um sich auf diesen Tag vorzubereiten. Und immer noch gab es so vieles, das sie nicht getan hatte. So vieles, das sie den Kindern nie erzählt hatte.
    »Es wird genug sein müssen«, flüsterte sie.
    Und mit diesem Satz schloss Grace Cahill ihre Augen zum letzten Mal.

    Als er sicher war, dass Grace gestorben war, ging William McIntyre zum Fenster und zog die Vorhänge zu. William bevorzugte die Dunkelheit. Sie schien ihm auch angemessener für das Geschäft zu sein, das er nun abzuschließen hatte.
    Die Tür hinter ihm öffnete sich. Grace’ Kater fauchte und verschwand unter dem Bett.
    William blickte sich nicht um. Er starrte auf Grace’ Unterschrift unter ihrem neuen Testament, das gerade zum wichtigsten Dokument in der Geschichte der Familie Cahill geworden war.
    »Nun?«, fragte eine harte Stimme.
    William drehte sich um. Ein Mann stand in der Tür. Sein Gesicht war im Schatten verborgen und sein Anzug schwarz wie Öl.
    »Es ist so weit«, sagte William. »Sorgen Sie dafür, dass sie keinen Verdacht schöpfen.«
    William war sich nicht sicher, doch er glaubte, dass der Mann in Schwarz lächelte.
    »Machen Sie sich keine Gedanken«, versprach der Mann. »Sie werden keinen Hinweis finden.«

Zweites Kapitel
    Dan Cahill glaubte, die nervigste große Schwester der Welt zu haben. Und das war schon so, bevor sie zwei Millionen Dollar aus dem Fenster geworfen hatte.
    Alles begann damit, dass sie zum Begräbnis ihrer Großmutter fuhren. Dan war ziemlich aufgeregt, weil er hoffte, nachdem alle gegangen waren, eine Frottage von ihrem Grabstein machen zu können. Er liebte es, die Inschriften und in Stein gemeiselten Bilder auf den Grabsteinen anderer Leute auf ein Stück Papier durchzupausen. Doch das behielt er für sich. Er dachte, dass Grace bestimmt nichts dagegen gehabt hätte. Sie war eine ziemlich coole Großmutter gewesen.
    Dan sammelte

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