Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
denn?“
    „Ja.“
    „Das hab ich gar nicht.“
    „Aber ich hab's ganz gut merkt.“
    Der Knecht war rot geworden. Gut, daß sein Herr das nicht bemerken konnte.
    „Vielleicht ist's, weil ich im Vorlesen stört worden bin“, entschuldigte er sich.
    „Ja, das ist möglich. Aber warum hast denn nachher gleich den Vers nommen, der von dera Schlangen redet?“
    „Das war nur ein Zufall.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Was soll's denn sein?“
    „Hast dir nix dabei dacht?“
    „Gar nix.“
    Der Bauer wartete eine Weile, dann sagte er in einem anderen, freieren Ton:
    „Schau, Fritz, ich hab immer viel auf dich gehalten. Das hast du doch wohl merkt?“
    „Ja. Und ich dank's dir auch gar gern.“
    „Das weiß ich wohl. Ich freu mich, daß ich an dir einen Herzlichen und Aufrichtigen hab. Darum tut's mir desto weher, wannst mir einmal die Wahrheit verschweigst.“
    „Hab ich das denn tan?“
    „Ja.“
    „Ich weiß nix davon. Das wär doch am End eine Schlechtigkeiten gegen dich.“
    „O nein. Es soll wohl vielmehr grad eine Gutheiten sein. Du willst mir was nicht sagen, wann du meinst, daß es mir weh tun könnt.“
    „Was wäre das denn?“
    „Verschiedenes! Besonderst wann es meine Frau betrifft.“
    „Du Himmel! Was denkst da von mir!“
    „Nix Arges, am allerwenigsten das, wast vielleicht jetzt meint hast. Aber ich kann nicht so schnell darüber wegkommen, daßt, als meine Frau nun fortging, gleich den Vers bracht hast von dem listigen, gleißenden Feind, der so schön und berückend erscheint. Hast da wirklich an niemand dacht?“
    „Nein.“
    „An meine Frau gar nicht.“
    „Wie sollte ich!“
    „So! Wann sie noch so ist, wie sie damals war, dann ist sie wirklich schön, berückend und gleißend. Mich hat sie berückt, und das ist die Sünd, die ich begangen hab und für welche der Herrgott mich mit Blindheit schlagen hat. Mit dem Aug hab ich sündigt, als ich es von meiner ersten Frau wegwendet und auf die jetzige worfen hab, und durch das Auge bin ich dafür straft worden. Das ist Gottes Gerechtigkeit. Meine erste Frau ist von der Eifersuchten umbracht worden und von noch was anderem, und meine jetzige bringt nun dafür mich durch die Eifersucht um, die ich wegen ihr empfinden muß. Das ist schrecklich.“
    Er schwieg. Der Knecht sagte nach einer kleinen Weile:
    „Eifersucht soll's gewest sein bei deiner ersten? Ich denk, es ist der Gram gewest.“
    „Ja, über mich. Denke dir, ich sag's nur dir und keinem andern, und ich hab auch den richtigen Grund dazu, daß ich grad zu dir davon sprechen tu: Meine jetzige war damals nur erst fünfzehn Jahre alt, als ich meint hab, sie könnt die zweite Kronenbäuerin werden. Aber sie war so groß und stark und schön bereits wie eine Zwanzigjährige. Wie prächtig mag sie nun jetzund sein!“
    „Ich hab immer denkt, daß deine erste storben ist aus Gram darüber, daß die Zigeunern euch euer Kind davonschleppt haben?“
    „Das ist auch mit ein Grund gewest! Herrgott, war das eine Zeit! Du weißt gar nicht, was einem Vatern und einer Muttern alles passieren kann.“
    „Da hast recht. Ich hab meine Eltern ja gar nicht kannt.“
    „Kannst dich denn auf gar nix besinnen?“
    „Nein, absolutemang auf gar nix. Meine Eltern sind wohl keine armen Leut gewest.“
    „Wegen dera Eisenbahn, worinnen du funden worden bist?“
    „Ja. Das war drüben weit in Böhmen. Da hat, als der Zug von Pardubitz nach Chrudim kommen ist, ein kleiner, eingewickelter Bub im Coupé zweiter Klass gelegen. Die Eltern aber sind verschwunden gewest und auch niemals entdeckt worden. Ich hab gar ein schönes Gewandl anhabt. Ein Wagenschieber hat mich pflegt. Nachher bin ich groß worden, bis du mal zufällig nach Chrudim auf den Handel kommen bist und mich als Knecht gemietet hast. Das ist halt alles, was ich weiß.“
    „Hast denn gar keine Sehnsucht, mal zu derfahren, wer dein Vatern ist?“
    „Nein.“
    „So! Das ist nicht gut.“
    „Aber auch nicht bös. Meine Eltern haben mich böswillig verlassen. Im Bahnwagen verliert man kein Kind. Hätten's mich wiederhaben wollt, so könnten's leicht erfragen, wo ich bin. Sie wollten mich los sein, und nun mag ich nix von ihnen wissen. Der Herrgott wird auch ohne sie für mich sorgen, wenn ich brav bleib.“
    „Ja, das wird er!“
    Er sagte das in einem beinahe feierlichen Ton, als ob er ein Versprechen geben, ein Gelübde tun wolle. Der Knecht fuhr fort:
    „Und bei dir hab ich's doch ganz gut funden. Ich leide keine Not, hab einen guten

Weitere Kostenlose Bücher