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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seinem Burschen zusammentrifft. Ich hab ihnen auflauert und dann den Kerl prügelt, daß er nicht mehr wußt hat, wie er heißt. Ihren Teil hat sie dann auch bekommen, und zwar daheim. Aber meinst, daß das geholfen hat?“
    „Nicht?“
    „Nein. Ich hab sie einschlossen, wann ich vom Haus fort mußt – vergebens. Der Förster hat den Burschen fortjagt. Da hat sie bald einen andern Verehrer habt. Ich hab sie oft auf solchen Wegen troffen, doch nie so, daß ich einen Grund funden hätt, mich von ihr scheiden zu lassen. Sie ist spazieren gangen bei Tag und bei Nacht; ich hab's endlich nicht mehr hindern können, denn als ich hab denkt, noch strenger sein zu müssen, da hab ich den Briefen erhalten, von welchem ich vorhin sprochen hab.“
    „Vom Samiel?“
    „Ja.“
    „Donnerwetter! Hat sie ihn denn kannt?“
    „Weiß ich es?“
    „Nun, wann er dir von ihr schreibt, so muß er sie doch kennen!“
    „Aber nicht sie ihn.“
    „Das hat sie sagt?“
    „Ja. Und nun ich dir das alles verzählt hab, kann ich dir auch den Briefen zeigen. Sie ist nicht da und kann's also nicht sehen, wo ich ihn versteckt hab. Sie hat ihn tausendmal von mir verlangt, ich hab ihr ihn nicht geben. Hier ist er.“
    Er zog zwischen dem Leder und dem Futter seines Gurtes das Schreiben hervor. Es war nur ein kleiner Zettel, zergriffen und zerknillt. Der Inhalt der von sehr ungeübter Hand geschriebenen Zeilen lautete:
    „Ann dem Krohnenpauer hier.
    Wenn du deunne Frau niecht inn Rue last, soh sorch iech davier, das sie Rue erhallt. Iech kanns!
    Der Saamiehl.“
    Der Sepp las das Blatt einmal, zwei und drei Mal. Er betrachtete sich jeden Buchstaben genau.
    „Was sagst dazu?“ fragte der Bauer.
    „Die Hand ist verstellt.“
    „So? Wirklich?“
    „Ja. Und auch die orthographischen Fehler sind mit Fleiß gemacht. So dumm schreibt der albernste Bauernbub nicht, und der Samiel ist doch sicher ein gescheiter Kerlen. Weißt, was daraus folgt?“
    „Nun?“
    „Er hat besorgt, du möchtest seine Schrift erkennen. Also ist's einer, dem seine Schreibereien du bereits schon sehen hast.“
    „Das leuchtet mir freilich ein, und doch kann ich mir keinen solchen denken.“
    „So meinst, daß von allen denen, deren Schrift du kennst, keiner der Samiel sein kann?“
    „Ja, das ist meine Ansicht. Ich trau es keinem zu. Keiner hat die Schlechtigkeit und auch die Durchtriebenheit, welche dazu gehört. Einen einzigen gäbe es, der, wenn auch nicht so schlecht und gottlos, aber doch so verwegen sein könnt wie der Samiel.“
    „Wer denn?“
    „Das war mein Schwiegervatern.“
    „Welcher? Hast doch zwei habt.“
    „Ich mein den Vatern von meiner jetzigen Frau. Der war als Wilderer bekannt und hat denen Förstern gar viel zu schaffen macht. Er ist niemals derwischt worden, so schlau war er. Sonst aber war er ein ganz guter und braver Kerl. Es hat Leute geben, die behaupteten, daß seine Tochter, meine jetzige, ihm beim Wildern hat helfen müssen.“
    Der Sepp horchte auf. Er war schon daran, einen Laut der Überraschung hören zu lassen, beherrschte sich aber und sagte in ruhigem Ton:
    „Hältst du das für wahr?“
    „Nein. Ein Mädchen von fünfzehn Jahren taugt niemals nix zum Wildern.“
    „Sie müßt schießen können.“
    „Das kann meine Frauen nicht.“
    „Das glaub ich wohl. Man hätt doch davon hört. Aber willst nicht weiter verzählen? Wie war es mit dem Brief? Hast ihn deiner Frau zeigt?“
    „Nein. Erst nachher, als ich blind war, hab ich ihr davon sagt. Sie wollt ihn haben, doch hab ich ihr ihn nicht geben. Ich hab ihr weismacht, daß ich ihn verbrannt hätt, und damit mußt sie sich halt zufrieden geben.“
    „Hast's denn glaubt, daß der Samiel seine Drohung wahr machen wird?“
    „Ich hab nicht wußt, was ich davon halten soll, und nachher hab ich denkt, daß sich ein anderer einen dummen Spaß macht hat. Aber es ist Ernst gewest, wie ich nachher hab derfahren müssen, denn bereits einige Tage nachdem ich den Briefen erhielt, ist die Tat geschehen, die mich um mein Augenlicht bracht hat.“
    „Und wie ist das gewest?“
    „Das Kätherl war wiederum in den Wald gangen und ich schlich ihr nach, ohne daß sie es merkt hat. Ich hab sie auch entdeckt. Schon von weitem hab ich ihre Stimme hört, wie sie lacht hat, und auch eine Männerstimme war dabei. Da hab ich in meiner Wut vergessen, daß es besser wär, heimlich und vorsichtig zu tun. Ich bin durch die Büsche drungen, daß es laut gerauscht und geraschelt hat. Das haben's

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