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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß ein fremder Herr kam und griff mir an die Augen. Es war noch ein anderer bei ihm, der gar vornehm ausschaut hat, der hat mir den ersteren herbeibracht. Als dieser mir an die Augen griffen hat, da hab ich gleich wieder sehen könnt. O du mein Herrgottle, war das eine Wonne! Ich hab die beiden anschaut, so scharf, daß ich heut noch genau weiß, wie ihre Gesichtern gewest sind. Ich werd sie auch niemals vergessen. Als sie fort waren, hab ich in meiner Kammer sessen und geweint vor Freuden. Da ist die Tür aufigangen, und die Soldaten sind kommen und haben mir den Samiel bracht, den's fangen hatten. Er hat ganz so ausschaut, wie man ihn immer sehen hat, schwarzen Anzug, eine schwarze Masken vor dem Gesicht und einen Hut mit sehr breiter Krempen darüber. Über die Joppe ist ihm das Blut laufen, weil er verwundet gewest ist, denn er hat sich gewehrt habt wie ein Teufel. Da hab ich die Hand ausstreckt, um ihm die Maske vom Gesicht zu nehmen. Zugleich aber ist der Knecht, der Fritz da gewest, hat meinen Arm ergriffen und mir zugeschrien, daß ich den Samiel nicht ansehen sollt, weil ich sonst vor Schreck gleich sterben tät. Darüber bin ich so verschrocken, daß ich gleich aufiwacht bin vom Schlaf.“
    „Und hast auch nicht wieder anfangt, zu träumen?“
    „Nein. Ich hab gar nicht wieder einschlafen könnt.“
    „Wie schade, daßt aufiwacht bist! Wannst den Traum hättst richtig austräumen könnt, so wüßtest nun, wer der Samiel ist.“
    „Ja, jetzunder wüßte ich's; davon bin ich überzeugt, ganz und gar überzeugt.“
    „Aber schau, sagt dir dieser Traum nicht ganz dasselbige, was ich dir bereits sagt hab? Nämlich daß der Samiel ein Bekannter von dir sein muß? Sonst hätt der Fritz nicht meint, daßt zum Tod derschrecken wirst.“
    „Ja, es ist sehr besonderbar. Ich hab mir fast den Kopf zerbrochen, wer es sein mag, doch vergebens. Selbst seine Schrift ist mir ganz unbekannt gewest.“
    „Seine Schrift? Hast denn die mal sehen?“
    „Ja, aber sagt hab ich nix davon. Du aber bist ein verschweigsamer Mann. Mit dir kann ich schon davon sprechen.“
    „Natürlich hast die Schrift auch nur im Traum sehen?“
    „Nein, sondern in Wirklichkeit.“
    „Wie ist das möglich? Bist ja blind!“
    „Damals hab ich noch sehen könnt.“
    „Sappermenten! So lange ist's her?“
    „Ja.“
    „So hat er wohl gar einen Briefen an dich schrieben?“
    „An mich selber“, nickte der Bauer. „Ich hab ihn noch.“
    „Warum hast ihn denn der Polizei nicht zeigt?“
    „Weil – weil – weil darinnen von der Kathrin' die Red' gewest ist.“
    „Von deiner Frauen?“
    „Ja.“
    „Höre, Kronenbauer, das ist eine hochwichtige Sachen. Du mußt's am besten wissen, obst's mit Recht hast verschweigen könnt.“
    „Ich hab nicht davon reden mögen, weil manches darinnen stand, was niemand zu wissen braucht.“
    „Auch ich nicht?“
    Der Sepp rückte dem Blinden näher. Er befand sich in außerordentlicher Spannung.
    „Vielleicht auch du nicht“, antwortete der Bauer.
    „So! Also hast kein Vertrauen zu mir!“
    „Das hab ich schon. Und, wann ich's mir überleg, daßt so ein schlauer und kluger Kerlen bist, dem schon so vieles gelungen ist, was andere nicht fertig bracht haben, so möcht ich dir doch den Briefen zeigen.“
    „Wannst gescheit bist, so zeigst ihn mir.“
    „Ja, sollst ihn sehen; aber du mußt mir vorher versprechen, daßt nicht bös von mir denken willst.“
    „Wie könnt ich das!“
    „Du weißt, daß ich niemals kein Krakeeler gewest bin, sondern ein stiller, bedenksamer Mann. Aus den Briefen könntst gar leicht das Gegenteil meinen. Darum ist's wohl besser, ich erzähl dir alles, was vorausgangen ist.“
    „Verzähl es nur! Es wird auf einen verschwiegenen Boden fallen.“
    „Das muß ich mir freilich ausbedingen. Hast meine erste Frau kannt?“
    „Natürlich.“
    „Und was hast von dir denkt? Sag's mir nur aufrichtig und ehrlich, Sepp!“
    „Sie ist keine Gute gewest. Sie war häßlich und zänkisch, überfleißig und doch dabei eine Schlampampe, die selbst im besten Sonntagsstaat nach gar nix ausschaut hat.“
    „Ja, so, so ist sie gewest. Weißt, ich hab sie heiraten mußt, weil sie reich war und keine Verwandtschaft mehr hatte. Ihr Vermögen mußt auf alle Fälle mein werden. Ich hab mich lange dagegen gewehrt, doch vergeblich. Nachher hat's ein Leben geben wie zwischen Katz und Hund. Sie hat den ganzen Tag zankt und keift, und ich war still und hab den Grimm in mich einifressen. Sie

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