Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
verleitet, welche verboten waren. Ich ging in den Wald und legte dem Wild Schlingen. Dabei bin ich mehrere Male von dem Obermüller erwischt worden. Er sagte, daß ihm das nichts angehe und er mich also nicht anzeigen werde. Später wollte ich mir einmal des Nachts etwas aus seiner Mühle holen. Da ertappte er mich auch, zeigte mich aber auch da nicht an.“
    „Hm! Etwas holen? Wohl ohne seine Erlaubnissen?“
    „Ja.“
    „Das war also Diebstahl. Die Zigeuner mausen doch wohl alle?“
    „Alle! Das ist ihnen angeboren. Der Zigeuner hält eben den Diebstahl nicht für ein Verbrechen, sondern einfach für ein Vergnügen, welches sich der Kluge macht, den Dummen zu übervorteilen.“
    „Aber Sie reden vom Obermüller. Wer ist denn das?“
    „Der jetzige Silberbauer. Er hatte die obere Schiffsmühle, und Keller die untere in Pacht, darum wurden sie Ober- und Untermüller genannt.“
    „Wie ist's denn eigentlich kommen, daß er Sie nicht angezeigt hat?“
    „Weil er selbst ein Wilddieb war. Die beiden Müller schlichen des Nachts im Wald herum und schossen gar manches Wild weg. Sie fingen das aber so schlau an, daß sie niemals erwischt worden sind.“
    „Ja, schlau sind sie alle beid immerfort gewest. Das muß man sagen. Aber daß er Sie auch dann nicht anzeigt hat, als Sie in seiner eigenen Wohnung einbrochen sind, das ist zum Verwundern.“
    „Auch das hatte seinen Grund. Ich hatte ihn nämlich einmal belauscht, als er die Baronin auf einem Spaziergange traf, den sie machte. Er war verliebt in sie und wagte es, ihr eine Liebeserklärung zu machen und nachher, als sie ihn abwies, ihr zu drohen. Dann einige Tage später ging ich in den Busch, um nach den Schlingen zu sehen, die ich gelegt hatte. Da hörte ich zwei laute Stimmen und schlich mich näher. Es war der Baron, welcher den Müller hier getroffen hatte. Beide befanden sich im höchsten Zorn. Die Baronin hatte es ihrem Mann gesagt, was der Obermüller ihr gegenüber gewagt hatte. Das gab einen so heftigen Zusammenstoß, daß der Baron den Müller mit der Faust in das Gesicht schlug und sodann davon ging.“
    „Was tat da der Müller? Hat er es sich gefallen lassen? Das würde ihm gar nicht ähnlich sehen.“
    „Er stand erst ganz steif und unbeweglich. Sodann stieß er einen wilden Fluch aus und zog den dicken Stock, welchen er in der Hand hatte, auseinander. Jetzt sah ich, daß dies eine Stockflinte war. Dann folgte er dem Baron nach. Ich huschte so vorsichtig wie möglich hinter ihm her und hörte nachher zwei Schüsse.“
    „So sind sie zusammengeraten!“
    „Das dachte ich auch, jetzt aber denke ich ganz anders darüber. Ich war so erschreckt, daß ich gar nicht nachdachte, ob es gut für mich sei, mich sehen zu lassen. Ich eilte hinzu. Da lag der Baron am Boden und der Müller kniete bei ihm und griff ihm an das Herz, um nach dem Puls zu fühlen.
    ‚Was machst du hier?‘ schrie er mich an, als er mich erblickte.
    ‚Das geht dich nichts an! Was aber hast du hier gemacht?‘
    Ich deutete auf die Leiche, denn der Baron war tot. Der Müller aber hatte, wie es ein solcher Wildschütze stets tut, nach dem Schuß seine Stockflinte gleich wieder zusammengeschoben. Er ließ sich nicht aus der Fassung bringen und antwortete:
    ‚Nichts habe ich gemacht. Ich war hier im Wald und hörte den Schuß. Da eilte ich herbei und fand die Leiche. Der Baron ist ein Selbstmörder. Er hat sich erschossen.‘
    ‚Das soll ich wohl glauben?‘
    ‚Wie soll es denn anders sein?‘
    ‚Er ist erschossen worden.‘
    ‚Von wem denn?‘
    ‚Von dir!‘
    Da stand der Müller vom Boden auf, stellte sich drohend vor mich hin und sagte:
    ‚Du bist wohl wahnsinnig? Womit sollte ich ihn erschossen haben? Es ist ja kein anderes Gewehr als das seinige vorhanden.‘
    ‚Dieses da!‘ sagte ich, indem ich auf seine Stockflinte deutete.
    ‚Das ist mein Stock. Mit dem kann ich doch nicht schießen.‘
    ‚So nicht, wohl aber wenn du ihn auseinander schraubst.‘
    ‚Kerl, woher weißt du das?‘
    ‚Das ist Nebensache. Ich weiß es, das ist genug.‘
    Da sah der Müller mich mit solchen Augen an, daß mir angst und bang wurde. Es war ihm anzumerken, daß er den Gedanken hatte, mich niederzuschießen. Dann aber lachte er laut auf und sagte:
    ‚Kerl, du bist ein Schlaukopf und hast mich, während du Schlingen legtest, einmal beobachtet. Nun ja, ich habe eine Stockflinte, mit welcher ich mir zuweilen eine Kleinigkeit schieße. Hier schau sie dir an. Vergleiche ihr Kaliber mit dem

Weitere Kostenlose Bücher