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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Loch, welches die Kugel des Barons gemacht hat, und du wirst sehen, daß der Schuß nicht aus meiner Flinte gekommen sein kann.‘
    Da hatte er freilich recht. Die Wunde konnte nur von einer Kugel stammen, für welche das Kaliber der Stockflinte viel zu klein war. Ich konnte mir das nicht erklären. Hatte der Baron sich wirklich erschossen? Das war doch nicht anzunehmen. Als ich das dem Müller sagte, lachte er mich aus und antwortete:
    ‚Der sich erschießen? Das wäre ihm im ganzen Leben nicht eingefallen. Es ist eine Unvorsichtigkeit gewesen. Wer weiß, wie er das Gewehr getragen oder gehalten hat. Niemand war dabei.‘
    ‚Aber vorher hast du dich mit ihm gezankt!‘
    ‚Was? Wer sagt das?‘
    ‚Ich. Ich habe es gehört. Ich habe es sogar gesehen, daß er dich geschlagen hat.‘
    ‚Mensch! Ist das wahr?‘
    ‚Ja. Ich weiß sogar, weshalb er dich geschlagen hat.‘
    ‚Nun, weswegen?‘
    ‚Wegen seiner Frau.‘
    Er wurde leichenblaß, und in seinen Augen blitzte etwas auf, was ganz nach Mord und Totschlag aussah. Das machte mir Angst, denn er war stärker als ich. Darum fügte ich schnell hinzu:
    ‚Aber das alles geht mich gar nichts an. Ich habe keine Lust, mich in solche Sachen zu mischen.‘
    ‚Höre, Jeschko, daran tust du ganz recht. Ich will nicht tun, was ich eigentlich tun sollte. Kannst du mir beweisen, daß ich den da erschossen habe?‘
    ‚Nein, denn die Kugel ist aus seinem Gewehr gekommen.‘
    ‚So sind wir beide eben ganz zufällig hier in der Nähe gewesen, als er sich durch eine Unvorsichtigkeit umbrachte. Am besten ist's, wir wissen nichts davon. Wenn wir es melden, so haben wir tausend Scherereien. Das können wir vermeiden. Bist du einverstanden?‘
    ‚Nicht ganz. Wir haben doch wohl die Pflicht, die Meldung zu machen.‘
    ‚So habe ich auch die Pflicht, anzuzeigen, daß du ein Wilddieb bist und bei mir eingebrochen hast.‘
    ‚Du wilderst doch auch!‘
    ‚Beweise es. Ich will sehen, wem man mehr glaubt, mir oder dir. Ich erkläre alles, was du vorbringen würdest, für eine Fabel. Ja, ich bin sogar imstande, zu behaupten, daß diese Stockflinte dir gehört und daß ich dich hier an der Leiche des Barons getroffen habe!‘
    Es war ihm zuzutrauen, daß er diese Drohung ausführen werden. Darum überlegte ich nicht lange und versprach ihm, daß ich schweigen wolle.
    ‚Gut, abgemacht‘, sagte er sodann. ‚Lassen wir den Toten liegen. Er geht uns ja gar nichts an. Also komm!‘
    Und nachdem wir uns von der Stelle weit entfernt hatten, blieb er stehen und meinte:
    ‚Damit du erkennst, daß ich dir vertraue und daß ich es gut mit dir meine, will ich dir ein Geheimnis mitteilen. Wer ist denn eigentlich der Mann deiner Frau? Du oder der Barko, dein Bruder?‘
    Ich war von dieser Frage so verblüfft, daß ich keine Antwort gab.
    ‚Nun?‘
    ‚Ich natürlich.‘
    ‚So! Du? Armer Junge! Hast du denn noch gar nicht bemerkt, daß diese beiden es miteinander halten?‘
    ‚Tausend Teufel! Ist's wahr?‘
    ‚Überzeuge dich nur. Du brauchst ja nur zu tun, als ob du in Geschäften fortgingst. Du bleibst aber da und beobachtest sie. Da wirst du bald sehen, wer der eigentliche Herr in deinem Haus ist. Leb wohl jetzt, und halte deinen Mund! Dann bleiben wir gute Freunde. Solltest du aber plaudern, so magst du die Folgen auf dich nehmen.‘
    Er ging fort, und ich stand da, als ob mich der Schlag gerührt habe.“
    „Das glaube ich gar wohl“, meinte der Sepp. „Wann man eine solche Botschaften zu hören bekommt, so ist's grad, als ob man mit einem Beil einen Hieb auf den Kopf empfangen tät.“
    „Ja, so war es, ganz so!“
    „Für jetzt ist mir die Hauptsach, ob dera Müller denen Baronen derschossen hat oder nicht.“
    „Ich bin überzeugt, daß er der Mörder ist.“
    „Vorhin haben 'S aber doch ganz anderst sprochen, nämlich von wegen dem Kaliber!“
    „Ja, damals habe ich mir die Sache nicht erklären können. Je mehr ich aber später über dieselbe nachdachte, desto klarer ist es mir geworden, wie der Vorgang eigentlich gewesen ist.“
    „Nun, wie soll er gewest sein?“
    „Der Müller ist dem Baron nach und hat ihn mit seiner Stockflinte erschossen –“
    „Da war doch das Mundloch kleiner gewest.“
    „Lassen Sie mich ausreden! Damit man nun annehmen möge, daß die Kugel aus dem Gewehr des Barons gekommen sei, hat der Müller dann die Mündung desselben grad auf die Wunde gehalten und die größere Kugel noch hindurchgeschossen. Beide sind vorn in den Kopf und hinten

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