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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sepp.
    „Woher wissen Sie, daß ich einen Bruder namens Barko habe?“
    „Hm!“
    „Ich habe Ihnen ja gar nichts von ihm erzählt. Ich habe mich überhaupt stets gehütet, von ihm zu reden. Also, woher wissen Sie es?“
    „Es hat mir von ihm träumt.“
    „Unsinn! Man kann nur von bekannten Gegenständen träumen. Übrigens ist Barko längst tot.“
    „Wissen 'S das genau?“
    „Ich war zugegen als er starb.“
    „So war ich zugegen, als er wiederum auferstanden ist.“
    Der Zigeuner trat um mehrere Schritte zurück und starrte den Alten an.
    „Auferstanden?“ fragte er. „Ein Toter kann nie auferstehen.“
    „Aber einer, der noch nicht ganz tot ist.“
    „Alle Teufel! Wollen Sie etwa sagen, daß Barko noch lebt?“
    „Ja.“
    „Wo?“
    „Gar nicht weit von hier.“
    „Unmöglich.“
    „Na, wann 'S nicht glauben wollen, so lassen 'S halt bleiben! Mir kann's sehr gleichgültig sein.“
    „Es ist jedenfalls ein ganz anderer, der nur denselben Namen hat.“
    „Nein, es ist ganz derselbige, nur daß er einen anderen Namen hat. Er nennt sich nämlich nicht mehr Barko sondern anders.“
    „Ich kann's nicht glauben!“
    „So lassen 'S eben bleiben!“
    „Er ist ja vor meinen Augen gestorben.“
    „Das ist ein Irrtum.“
    „Nein. Können Sie mir beweisen, daß er lebt?“
    „Jawohl.“
    „Wie ist Ihnen das möglich?“
    „Soll ich ihn Ihnen etwa herbringen?“
    „Alle tausend Donnerwetter! Wenn er wirklich noch lebte, wenn Sie ihn mir bringen könnten! Welch eine Szene! Das wäre eine Rache, eine Entschädigung für vieles, vieles, vieles, was ich erduldet habe und kaum tragen konnte. Aber was Sie sagen ist unwahr. Sie täuschen sich, oder Sie werden getäuscht. Es ist gar nicht anders möglich.“
    „Und doch ist es wahr, auch weiß er, daß Sie sich hier in Hohenwald befinden.“
    „Was sagen Sie?“
    „Und deshalb fürchtet er sich, hierher zu kommen.“
    „Ist das wahr?“
    „Ja, ich kann's beschwören.“
    „Er kennt mich also? Er sagt wirklich, daß ich sein Bruder bin?“
    „Ja.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Hier sitzt einer, der es selbst hört hat.“
    Er deutete auf Ludwig. Der Zigeuner wendete sich daher an diesen:
    „Bestätigen Sie die Behauptung des Sepp?“
    „Ja, ich kenne Ihren Bruder seit längerer Zeit. Ich kann Ihnen sagen, daß er den Silberbauer kennt, den Fex und den Talmüller.“
    „So ist er es, so ist er's! Geschehen denn wirklich noch Zeichen und Wunder?“
    Er schritt in höchster Aufregung auf der Scheunentenne hin und her.
    „Ein Wunder ist das nicht“, bemerkte Ludwig. „Sie haben sich eben getäuscht. Er ist gar nicht tot gewest.“
    „Er war tot!“
    „Nein!“
    Der Zigeuner blieb stehen, griff sich an den Kopf, befühlte seine Glieder, dann trat er näher heran und sagte, indem seine Augen in rollende Bewegung kamen:
    „Er war tot; ich selbst habe es gesehen; ich selbst habe – habe – habe ihm damals die Kugel in die Brust gejagt.“
    „Herrgott!“ schrie der Sepp auf. „Sie haben ihn derschossen?“
    „Ja, ich.“
    „Ihren eigenen Bruder.“
    „Er war mein Bruder nicht mehr. Er war ein Satan. Der Zigeuner hat keine Brüder. Er liebt nur den, von dem er Liebe erhält, und er haßt selbst seinen Bruder, wenn dieser es verdient.“
    Er ging jetzt wieder in langen, hastigen Schritten auf und ab. Sepp blickte Ludwig ganz betroffen an. Eine solche Kunde, ein solches Geständnis hatten beide nicht erwartet. Dann warf der Zigeuner sich neben sie in das Stroh nieder und sagte, mehr zu sich selbst als zu ihnen:
    „Also er soll leben – er soll in der Nähe sein – er soll sich vor mir fürchten! Das will ich glauben! Er hat mich zu fürchten, sehr, sehr, mehr als irgend einen andern! Wenn er noch lebte, so würde ich meine Rechnung abermals mit ihm zum Abschluß bringen. Erzählen Sie mir, wo er ist und wie sie ihn getroffen und kennengelernt haben.“
    „Das kann ich nicht“, sagte der vorsichtige Ludwig.
    „Warum nicht?“
    „Dann müßte ich einiges verraten, was auf Wunsch des Gerichtes noch Geheimnis bleiben muß. Wenigstens kann ich Ihnen nicht eher etwas erzählen, als bis ich erfahren habe, welche Rechnung Sie mit Ihrem Bruder abzuschließen haben.“
    „Sie wollen mich ausforschen?“
    „Nein.“
    „Pah! Sie sind wohl ein verkleideter Polizist?“
    „Nein, das bin ich nicht. Ich bin ein ganz einfacher Bauernknecht und ganz zufällig mit Ihrem Bruder in Berührung gekommen. Ich kann es beschwören, daß er es

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