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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist.“
    „Und dennoch möchte ich es kaum glauben. Können Sie ihn mir beschreiben?“
    „Ganz genau. Aber es fragt sich halt sehr, ob's ihn aus dera Beschreibung derkennen werden, denn ich kann's mir denken, daß Sie ihn seit langen Jahren nicht wieder sehen haben.“
    „Das ist richtig. Aber gewisse Dinge gibt es doch, die sich selbst in den Jahren nicht sehr verändern, die Statur, die Farbe der Haare, der Augen und noch anderes. Er hat überhaupt ein Kennzeichen, welches man beim ersten Blick bemerken muß.“
    „Meinem etwa die Nasen? Er muß wohl mal einen Hieb darauf erhalten haben.“
    „Von mir selbst. Vorher war er ein sehr hübscher Kerl, nachher aber sah er entstellt aus. Also derjenige, den Sie meinen, hat eine solche breitgeschlagene Nase?“
    „Ja. Freilich mag sich diese Beschädigung im Lauf der Jahre wiederum ziemlich verwaschen haben, doch sehen tut man es noch.“
    „Alle Teufel! Sollte er es wirklich sein?“
    „Ganz sicher. Er hat eine starke, untersetzte Statur. Seine Haare sind mit Grau vermischt, müssen aber pechschwarz gewest sein, ebenso auch die Augen.“
    „Das stimmt, das stimmt!“
    Er befand sich in großer Aufregung und schritt, während er sprach, immer schnell hin und her. Die andern ließen ihn gewähren. Sie störten ihn nicht, bis er, plötzlich vor Ludwig stehenbleibend, sagte.
    „Also Sie können mir wirklich nicht sagen, was Sie von ihm wissen und was Sie mit ihm gesprochen haben?“
    „Nein, das darf ich nicht.“
    „Sie sprachen von der Behörde. Ist er mit ihr in Konflikt geraten?“
    „Ja. Ich kann mir denken, daß sie ihn gar gefangennehmen werden.“
    „Ah! Das ist mir lieb. Lebt er wirklich noch, so ist er an seinen damaligen Verletzungen nicht gestorben, und ich bin kein Brudermörder. Das hat mir stets wie ein Alp auf der Seele gelegen und war auch schuld, daß ich niemals, selbst jetzt nicht, wo ich ausgefragt worden bin, die reine Wahrheit über das frühere Geschehene gesagt habe. Nun aber kann ich alles erzählen. Ich bin kein Mörder; ich bin frei von dieser Schuld und weiß dennoch, daß er seinen Lohn erhalten wird.“
    Er holte tief, tief Atem. Man sah es ihm an, wie sehr er sich erleichtert fühlte. Das Bewußtsein seiner Schuld mußte wirklich schwer auf ihm gelegen haben.
    „Wann's so ist, so können 'S freilich froh sein“, sagte der Sepp. „Und wann 'S uns derzählen wollen, was mit dem Barko vorgegangen ist, so wissen wir nachher auch, ob wir Ihnen sagen dürfen, was er treibt und wo er sich befindet.“
    „Ich brenne darauf, dies zu erfahren, und darum will ich Ihren Wunsch erfüllen. Das wird kein Fehler sein, denn ich weiß, daß Sie in die ganze Angelegenheit ebenso eingeweiht sind, wie die daran näher Beteiligten.“
    Er setzte sich jetzt wieder zu ihnen hin und begann:
    „Ich bin kein Italiener, obgleich ich einen italienischen Namen trage, sondern ein Zigeuner.“
    „So ist also auch dera Barko kein Slowak?“
    „Nein; er ist Zigeuner wie ich, und zwar ist er mein älterer Bruder. Er war Hirt bei den Herden des Barons von Gulijan. Ich aber führte ein wanderlustiges Leben. Während er bei Slatina seine Hütte hatte, zog ich als Scherenschleifer im Land herum und verdiente mir nebenbei durch allerhand Kunststücke und Produktionen ein schönes Geld. Ich konnte nach den Verhältnissen, in denen wir Zigeuner leben, für wohlhabend gelten.“
    „Hatte er auch eine Frau?“
    „Nein. Wir beide lernten ein und dasselbe Mädchen kennen, eine junge, schöne Zigeunerin. Er war hübscher als ich, und sie hatte ihn also lieber als mich; aber ich war reicher, und da heuchelte sie mir Liebe und wurde meine Frau. Nun mußte ich eine Heimat haben, denn meine Frau wollte nicht mit mir im Land umherziehen, und so kaufte ich ein kleines Häuschen bei Slatina, in der Nähe der beiden Mühlen. Das bewohnten wir.“
    „Aha, jetzunder kommen nun auch die beiden Müllern zum Vorschein.“
    „Ja. Da ich mein Handwerk nicht aufgeben wollte, war ich öfters wochenlang nicht daheim. Meine Frau kehrte sich nicht daran. Sie hat niemals geäußert, daß es ihr unlieb sei, so oft allein zu sein. Und wenn ich selbst einmal davon erwähnte, so sagte sie, daß sie nie ganz ohne Schutz und Hilfe sei, weil ja mein Bruder ganz in der Nähe wohne.“
    „Vielleicht hat das ihr grad gefallen.“
    „Ich ahnte das nicht, habe es aber später leider einsehen müssen. Wenn ich daheim war, so hatte ich nichts zu tun. Dadurch wurde ich zu allerhand Dingen

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