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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und dera Kuh darinnen, und wann dera Ludwig mal kommt, findet er auch noch einen Platz. Aber was für einen! Daß es Gott derbarm. Und was habt's zu essen! Die Kuh hat's noch am allerbesten von euch.“
    „Der Ludwig bringt auch zuweilen ein Geld!“
    „Ja, dera Gute nimmt sich's aus dem Leben heraus. Und doch könnten's wir beid so sehr viel besser haben. Ich hätt eine Reiche, und du hättst einen Reichen; aber wir hatten nur uns lieb und blieben lieber ledig. Zusammen können wir nicht, und so bleiben wir die Einsamen, aber auch die Treuen. Nicht wahr?“
    Sie nickte nur. Sie hätte schluchzen müssen, wenn sie geredet hätte, und das wollte sie doch nicht. Sie durfte ihrem Herzensbuben das Leben nicht noch schwerer machen.
    Nun saßen sie eine ganze Weile still und innig beisammen. Er streichelte lind und ohne Aufhören ihr seidenweiches Haar. Sie mußten sich recht herzlich lieb haben. Dann sagte er plötzlich:
    „Sakra! Das hätt ich gar bald vergessen. Ich hab dir was mitbracht.“
    „Eine Blume wohl?“
    „Dieses Mal was ganz andres. Ich war unten in dera Stadt. Da gab's einen vornehmen Herrn mit zweien Fräuleinen, denen hab ich den Weg zeigt. Dabei setzten's sich niedern und brachten eine Tüten hervor mit allerlei Delikatessen vom Konditoren. Ich muß recht Augen macht haben beim Zuschauen, denn das eine Fräuleinen fragt mich, ob ich noch nicht so was gessen hab.
    ‚Im ganzen Leben nicht, hab ich antwortet.‘
    ‚Auch dein Dirndl nicht?‘
    ‚Oh, das Dirndl hat noch weniger für das Schnaberl als ich.‘
    Als sie das hört, hat sie gleich die Tüten zumacht und mir in die Taschen einisteckt. Ich soll's meinem Dirndl geben. Hier hast's, Hanni!“
    Er zog die Tüte aus der Tasche und gab sie ihr.
    „Was ist's?“ fragte sie.
    „Eine Konditoreien! So was hab ich fast noch gar nie sehen. Laß mal schauen. Es sind noch vier Stückerln drinnen; aber wie sie heißen, das weiß ich halt nicht.“
    „Wann's nur schmeckt!“
    „Mußt's auch kosten. Da!“
    „Dank schön! Unsereinem ist ein Tabak lieber.“
    „Und hast keinen?“
    „Von nix stirbt man nicht, ist also auch gut. Aber, was legst denn die Tüten weg? Sollst's ja essen.“
    „Nein, Buberl, das eß ich nicht.“
    „Wer sonst?“
    „Zwei Stückerln bekommt die Muttern und zwei die Bas daneben. Die ist krank und kann fast gar nix mehr genießen. Vielleicht schmeckt ihr diese Konditoreien.“
    „Bist doch eine Gute!“
    „O nein! Ich bin oft auch eine richtige Zuwiderwurzen, und die Mutter hat manche liebe Not mit mir.“
    „Weiß schon, woher das kommt.“
    „Nun, woher?“
    „Von dera Lieb, wann's warten muß. Man wird gar so leicht ungeduldig. Und noch eins bring ich mit, was grad schön für uns paßt. In dera Stadt hab ich ein Bier trunken. Da lag ein Buch auf dem Tisch und ich las darinnen. Da stand das, was ich für dich abschrieben hab. Soll ich's lesen?“
    „Bitt schön, mein guter Stephan!“
    Er faltete einen mit Bleistift beschriebenen Zettel auseinander und las:
    „Trost.
    Horch, klopfte es nicht an die Pforte?
Wer naht, von Himmelsduft umrauscht?
Woher des Trostes süße Worte,
Auf die mein Herz voll Andacht lauscht?
Wer neigt, als alle Sterne sanken,
Mit mildem Licht und stiller Huld
Sich zu dem Staub- und Erdenkranken?
Es ist der Engel der Geduld.
    Oh, laß den Gram nicht mächtig werden,
Du tiefbetrübtes Menschenkind!
Wiß, daß die Leiden dieser Erden
Des Himmels beste Gaben sind,
Und daß, wenn Sorgen dich umwogen
Und dich umhüllt des Zweifels Macht,
Dort an dem glanzumfloss'nen Bogen
Ein treues Vaterauge wacht.
    O laß dir nicht zu Herzen steigen
Die lang verhaltne Tränenflut.
Wiß, daß grad in den schmerzensreichen
Geschicken tiefe Weisheit ruht,
Und daß, wenn sonst dir nichts verbliebe,
Die Hoffnung doch dir immer lacht,
Da über dich in ewger Liebe
Ein treues Vaterauge wacht.
    Oh, wolle nie dich einsam fühlen!
Obgleich kein Aug sie wandeln sah,
Die sorgenheiße Stirn zu kühlen,
Sind Himmelsboten immer nah.
    Wer gern dem eignen Herzen glaubte,
Der kennt des Pulses heilge Macht,
Drum wiß, daß über deinem Haupte
Ein treues Vaterauge wacht.
    Drum füge dich in Gottes Walten,
Und trag dein Leid getrost und still.
Es muß das Herz ihm stille halten,
Wie er's zum Lichte führen will.“
    Als er geendet hatte, sagte sie nichts. Sie lag an ihn gelehnt, den Kopf an seiner Schulter. Sie nahm das Papier aus seiner Hand, drückte es an ihr Herz und weinte leise vor sich hin.
    Das war eine Szene so still, so

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