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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anzeigen sollen?“
    „Ja, das meine ich. Es war Ihre Pflicht, sich dem Strafrichter zu stellen.“
    „Werde mich hüten! Das Zuchthaus ist kein angenehmer Aufenthalt!“
    „Sie sind diesem Aufenthalt aber doch nicht entgangen. Hätten Sie damals Ihre Pflicht getan, so wäre die Strafzeit doch einmal vorüber gegangen, und da das die erste und einzige verbrecherische Tat war, die Sie begangen hatten, so konnten Sie doch leicht ein ehrlicher Kerl werden. Es wäre Ihnen dann die verbrecherische Zukunft erspart geblieben.“
    „Hm! Sie mögen vielleicht recht haben; aber damals hatte ich verdammt wenig Lust, mich einsperren zu lassen.“
    „Sagen Sie, wie sich alles zugetragen hat.“
    „Nun, ich war auch Soldat, nämlich Kompanieschreiber. Herr von Sandau war zum Generalstab abkommandiert und hatte da viel zu schreiben. Ich besaß eine gute Handschrift und war ein offener Kopf. Darum gab er mir sehr oft seine Konzepte zur Reinschrift. Geheime Sachen aber bekam ich natürlich nicht in die Hand.“
    „Aber Zutritt hatten Sie zu ihnen?“
    „Ja. Es kam sogar vor, daß ich in seiner Wohnung schrieb. Er saß da an seinem Schreibtisch, während ich an einen Seitentisch postiert wurde. Ich hatte Gelegenheit, alles zu beobachten, und wußte ganz genau das Fach seines Schreibtisches, in welches er diejenigen Skripturen, welche geheim zu halten waren, einzuschließen pflegte.“
    „Eine solche haben Sie gestohlen?“
    „Ja.“
    „Mein Gott! Sie haben ja gar keine Ahnung, was für Folgen eine solche Tat nach sich ziehen kann!“
    „Wenigstens damals wußte ich es nicht so wie heute.“
    „Es kann dadurch eine Schlacht verloren gehen.“
    „Das glaube ich heute ganz wohl.“
    „Ein ganzer Feldzug kann dadurch verunglücken, ja, die Existenz des Staates kann auf das Spiel gestellt werden!“
    „Danach fragte Alberg nicht.“
    „Aber Sie hätten sich das sagen sollen.“
    „Ich war jung und lebenslustig. Ich hatte eine Geliebte, welche beim Ballett angestellt war. Ihr Gehalt reichte weder vorn noch hinten zu. Sie hatte mich fest, und ich gab ihr alles, was ich erübrigen konnte. Ja, ich gab ihr noch mehr: Ich machte Schulden. Dadurch kam ich in Not. Ich hatte einem Bekannten etwas vorgeschwindelt, um Geld von ihm zu bekommen. Als ich es nicht zurückgeben konnte, drohte er mit der Anzeige. Ich wäre bestraft worden wegen falscher Vorspiegelung, wegen Betrugs oder so ähnlich. Ich befand mich in der größten Angst, und gerade da kam Alberg zu mir.“
    „Kannte er Ihre Lage?“
    „Weiß der Teufel, wie es zugegangen war, er wußte alles. Er versprach mir, die Schuld zu bezahlen und mir noch außerdem tausend Gulden zu geben, wenn ich einige der geheimen Papiere, welche sich in Sandaus Schreibtisch befanden, abschreiben wolle.“
    „Also nicht stehlen?“
    „Die Originale nicht. Aber ein Diebstahl war es doch, eine Unterschlagung.“
    „Noch schlimmer!“
    „Damals aber kam es mir wie eine Entschuldigung vor, daß ich nur die Abschriften zu nehmen hatte.“
    „Und gelang Ihnen das so leicht?“
    „Es ging leichter, als ich dachte. Herr von Sandau war einmal für einige Minuten aus dem Zimmer gegangen. Ich wußte genau, daß er mich nicht überraschen werde. Der Schlüssel steckte. Ich öffnete und nahm drei kleine Manuskripte heraus, die ich zu mir steckte.“
    „Wie leicht konnte er bemerken, daß sie fehlten!“
    „Ich wußte es, daß er nach kurzer Zeit für mehrere Stunden fortgehen werde. Es waren noch viele andere Manuskripte und Skripturen in dem Kasten. Er konnte das Verschwinden der drei nur dann bemerken, wenn er nur grad sie augenblicklich gebraucht hätte. Das war aber nicht der Fall. Als er wieder hereinkam, saß ich an meinem Tisch und war so in die Schreiberei vertieft, daß er nicht ahnen konnte, daß ich meinen Platz verlassen gehabt hatte.“
    „Entsetzlich! Wie kann man so etwas tun!“
    „Pah! Es geschehen noch ganz andere Dinge. Was ich gedacht hatte, das geschah. Er zog den Schlüssel ab und entfernte sich. Seine mehrstündige Abwesenheit benutzte ich, die Abschriften der drei Manuskripte zu machen. Später kehrte er zurück und setzte sich wieder an die Arbeit. Als er sich dann abermals aus dem Zimmer entfernte, benutzte ich diese Gelegenheit, die Manuskripte wieder an ihren Platz zu legen. Am Abend erhielt Herr von Alberg die Abschriften.“
    „Wußten Sie, welchen Zweck er verfolgte?“
    „Daß er Sandau einen Streich spielen wolle, das wußte ich, welchen aber, das war mir

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