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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Haken.“
    „Welchen?“
    „Ich habe kein Geld. Ihr Advokaten seid die Richtigen. Ihr tut nichts umsonst, und eure Preise sind so hoch gestellt, daß sie unsereiner nicht erschwingen kann.“
    „So schlimm ist's doch nicht.“
    „Jawohl. Für eine Antwort muß man Ihnen drei oder gar vier und fünf Mark bezahlen.“
    „So viel nicht.“
    „Ich habe es so gehört. Wenn ich Sie jetzt um einen Rat frage, so könnte ich Ihnen für denselben nur die fünfzig Pfennige geben, die ich erst von Ihnen erhalten habe.“
    „Sie vergessen, daß wir uns jetzt nicht in meinem Büro befinden.“
    „Hier unter freiem Himmel ist es wohl umsonst?“
    „Eigentlich auch nicht. Aber ich will berücksichtigen, daß Sie ein armer Teufel sind. Geld sollten Sie freilich auch haben.“
    „Ich? Woher denn?“
    „Nun, Sie haben doch im Zuchthaus gearbeitet?“
    „Und wie! Wenn man da sein Pensum nicht bringt, so ist gleich die Strafe dahinter.“
    „Also haben Sie doch auch etwas verdient!“
    „Ja, aber wieviel! Täglich drei Pfennig habe ich bekommen. Das macht rund für dreihundert Arbeitstage drei Taler jährlich.“
    „In acht Jahren also vierundzwanzig Taler oder zweiundsiebzig Mark.“
    „Davon habe ich die Hälfte für Kleinigkeiten verwenden dürfen. Bleiben also nur sechsunddreißig Mark.“
    „Die haben Sie natürlich bei Ihrer Entlassung mitbekommen?“
    „Ja.“
    „Nun, wo sind Sie?“
    „Da fragen Sie mich?“
    „Wie Sie hören.“
    „Alle Teufel! Sie haben einen schönen Begriff vom Leben! Wovon lebt man denn eigentlich?“
    „Vom Ertrag der Arbeit.“
    „Und wenn man keine Arbeit erhält?“
    „Das ist Ausrede. Arbeit gibt's stets und überall.“
    „Nur nicht für einen entlassenen Zuchthäusler. Zunächst will man sich, wenn man acht Jahre lang bei dem Zuchthausessen gebrummt hat, doch einmal eine Güte tun. Das kostet natürlich Geld. Nachher muß man leben, und wenn man nichts verdient, so lebt man eben so lang von der Schnure, wie sie reicht. Und ist sie zu Ende, so geht das Betteln an.“
    „Auch Sie können Arbeit finden, wenn Sie nur ernstlich wollen.“
    „Ich? Denken Sie denn, daß ein Advokat, ein Bürgermeister oder sonst einer einen entlassenen Sträfling als Schreiber anstellt?“
    „Mag sein, daß er das nicht tut. Aber warum wollen Sie gerade eine Stelle als Schreiber haben?“
    „Weil ich Schreiber bin.“
    „Wenn Sie keine solche Anstellung finden, so müssen Sie eben nach einer andern Arbeit greifen. Es kommt dann, wenn Sie sich gut führen, ganz von selbst die Zeit, in welcher man Ihnen Vertrauen schenkt. Dann können Sie ja wieder zur Feder greifen.“
    „Sie haben gut reden. Das ist alles ganz anders als Sie denken. Wir wollen uns gar nicht darüber streiten. Die Sache ist die, daß ich keine Arbeit bekam und also meine paar Mark verlebt habe. Ich kann Sie für den Rat, den Sie mir geben sollen, nicht bezahlen.“
    „So bekommen Sie ihn umsonst.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Also sprechen Sie!“
    „Vorher muß ich wissen, ob ich mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen kann.“
    „Ganz gewiß.“
    „Nun gut, so sagen Sie mir doch einmal, in welcher Zeit ein Verbrechen verjährt, so daß es nicht bestraft werden kann.“
    „Das kommt auf das Verbrechen an und auf die Strafe, mit welcher es voraussichtlich belegt worden wäre.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Die Strafverfolgung verjährt nach Paragraph 67 des Reichsstrafgesetzbuches bei einem Verbrechen, welches mit dem Tod oder lebenslänglichem Zuchthause bedroht ist, in zwanzig Jahren.“
    „Das ist mein Fall nicht.“
    „Ist das Verbrechen mit einer längeren als zehnjährigen Strafe bedroht, so tritt die Verjährung in fünfzehn Jahren ein.“
    „Auch das paßt nicht auf mich.“
    „Alle anderen Verbrechen verjähren bereits in zehn Jahren.“
    „Hm! Das paßt auf mich.“
    „Haben Sie denn ein Verbrechen begangen, für welches Sie noch nicht bestraft worden sind?“
    „Ja.“
    „Was für eins?“
    „Einen Diebstahl oder vielmehr eine Unterschlagung. Ich kann das sagen, weil es verjährt ist und nun nicht mehr bestraft werden darf.“
    „Vielleicht irren Sie sich. Nämlich die Strafverfolgung verjährt in der angegebenen Zeit, nicht aber die Strafvollstreckung, wenn nämlich die Strafe rechtskräftig erkannt worden ist.“
    „Das verjährt gar nicht?“
    „O doch, aber später.“
    „Nun, eine Strafe ist damals nicht erkannt worden.“
    „Wie kommt das?“
    „Weil ich gar nicht angezeigt worden bin.

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