71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
hab mir nur sagt, daßt ein gutes, feines Dirndl bist wie keine zweit im ganzen Kreis herum. Aber heut, als die Kronenbäuerin so zornig vor dir standen ist, da ging's wie ein Blitz durch meine Seel, daß ich dich lieb hab, gar so lieb. Die Bäuerin gilt für die schönste Frauen, aber als du so vor ihr standest, so ohne alle Schuld und Unreinigkeiten in dera Seelen, da kamst mir tausendmal schöner vor als sie; da hätt ich sie niederschlagen könnt, obgleich's nur ein Weib ist und ich eine Mannspersonen. Ich wollt dich in Schutz nehmen gegen sie; aber du warst gar zu schnell fort. Dann mußt ich mit ihr gehen, und sie macht mir die Liebeserklärungen und den Heiratsantrag. Da hab ich einen Ekel gegen sie empfunden, gradso, als ob ich ein Unk, und Kröten angreifen sollt. Da hab ich an dich denkt und wieder an dich und immer wieder nur an dich, und da hab ich mich auszankt in meinem Innern, daß ich dir noch nicht sagt hab, wie gut ich dir bin. Da ist eine Ängsten über mich kommen, daß ein andrer kommen und dich mir wegnehmen könnt. Da hab ich kaum die Zeit derwarten könnt, in welcher wir uns bestellt hatten. Und nun, da du bei mir bist, soll und muß es von meinem Herzen herab, daßt mir das liebste bist auf dera Welt und daß ich keine andere lieben kann als nur dich allein. Was ich dir jetzt sag, das kommt aus aufrichtigem Herzen. Und nun bitt ich dich gar schön, Martha, sag mir, ob ich dir recht bin oder obst lieber auf einen andern warten willst. Jetzt hast mein Glück in den deinigen Händen. Tu damit, wast für richtig hältst!“
Er schwieg und erwartete ihre Antwort. Sie war auch still. Er neigte sich wieder zu ihr und sah, daß ihr die Tränen still über die Wangen rannen.
„Martha! Du weinst! Hab ich dir vielleicht weh tan?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Was ist denn? Was tut dir weh?“
„Nix, gar nix!“
„Da tätst doch nicht weinen!“
Da lehnte sie leise ihr Köpfchen an ihn und antwortete:
„Es ist ja vor Glück!“
„Vor Glück? Vor Glück weinst? Herrgottle, ist's wahr? Bist mir gut?“
„Fritz, ich hab dich ja längst schon liebgehabt, so sehr lieb.“
Da sagte er nichts, aber er legte beide Arme um sie und zog sie innig an sein Herz. Sie lagen aneinander, und ihre Seelen verschmolzen in ein Dankgebet, welches zwar nicht in Worten auf zum Himmel stieg, aber desto tiefer im Herzen empfunden wurde. Erst nach einer Weile unterbrach Fritz die eingetretene Stille:
„Aber Martha, nun bekommst freilich keinen steinreichen Mann, der dir so viele schöne Kleider kaufen kann!“
„Fritz, ich bin grad darüber froh, daßt so arm bist. Wir wollen brav schaffen und sparen, nachher wird Gottes Segen bei uns sein.“
„Ja, der soll nicht bei uns fehlen, und – vielleichten werden wir viel ehern reich, alst denkst.“
„Wieso?“
„Weißt doch, daß ich keine Eltern hab?“
„Ja, bist ein Findling gewest.“
„Nun denk, mir hat träumt, daß der meinige Vatern ein reicher Bauern sei.“
„Das war nur ein Traum.“
„Ja. Der Vatern kam und gab mir alles, was ihm gehört.“
„Ja, wann so ein Traum zur Wahrheit werden tät, so wär's schon mitzunehmen. Ich hab sagen hören, daß es dem Menschen meist träumt von dem letzten Gedanken, den er hat, bevor er einschläft. Da hast wohl auch denkt, wie gut es sei, wann dein Vatern ein reicher Bauern wär, und sodann hat der Traum diesen Gedanken weiter sonnen.“
„Vielleicht ist's so, vielleicht auch geht der Traum in Erfüllung. Es gibt Träumen, denen man es gleich anmerkt, daß sie keine Schäume sind, und so einer war derjenige auch.“
„Wann er in Erfüllung ging, tätst da auch noch an mich denken?“
„Aber Martha, was fallt dir eini? Ich denk an dich zu aller Zeit, weißt, wie es in dem schönen Ständchen heißt:
‚Ich denke dein in Lust und Leid;
Ich denke dein zu aller Zeit,
Zur Morgenstund, zur Abendstund,
So recht aus treuem Herzensgrund
Und grüße dich Liebchen, mein Liebchen.‘“
„Das ist ein gar schönes Lied. Das lautet gradso, wie ich es gern haben möcht.“
„Es geht noch weiter, nämlich:
‚Wenn ich im Felde wandern geh,
Die goldnen Ähren wallen seh,
Da denk ich an deiner Locken Quell,
Der dir ums Haupt fließt golden hell,
Und grüße dich, Liebchen, mein Liebchen.
Und wenn die stille Nacht erscheint
Und Tau der liebe Himmel weint
Dann denk ich an das Rosenlicht,
Das glühend aus deiner Seele bricht,
Und grüße dich, Liebchen, mein Liebchen.
Und so ist's ja wirklich mit mir,
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