71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
schritten sie still und in Gedanken versunken oder vielmehr ihren Gefühlen hingegeben nebeneinander her, bis links vom Weg eine dunkle Baumgruppe sichtbar wurde. Es waren die Eichen, zu denen der Förster die Bäuerin heut bestellt hatte.
Die dicht belaubten Bäume breiteten ihre mächtigen Kronen über einen weiten Umkreis aus. Zwischen ihnen stand die Bank, welche vom Förster erwähnt worden war, und hart hinter derselben hatte sich im Schutz der Bäume ein ziemlich dichtes Hasel- und blätterreiches Akazienbuschwerk gebildet.
Ganz unwillkürlich lenkte Fritz seitwärts nach der Bank ein.
„Was willst dort?“ fragte Martha.
„Magst dich nicht ein wengerl mit niedersetzen?“
„Warum setzen?“
„Weil's so gar schön ist heut abend hier im Tal. Meinst das nicht auch?“
„Ja, schön ist's gar wohl; aber hast nicht vorhin sagt, daß die Bäuerin zanken tät, wannst nicht nach Haus kommst?“
„Vielleicht merkt sie es nicht. Auch sagt ich es nur, um von denen Leutln fortzukommen, denn vor der Bäuerin hab ich keine Angst.“
„Ich denk, sie ist eine gar Gestrenge?“
„Das ist sie, doch mach ich mir nix daraus.“
„So fürchtest sie nicht?“
„Nein. Ich mein vielmehr, daß sie sich vor mir zu fürchten hat.“
„Sie vor dir? Bist gar so ein furchtbarer und schrecklicher Kerlen?“
„O nein. Ich mag keinen Wurm zertreten; aber es gibt halt doch Sachen, die selbst den Stillsten und Ruhigsten in den Harnisch bringen können. Nachher, wann der Zorn da ist, geht die Freundlichkeit von hinnen. Komm, tu mir den Gefallen, und setz dich halt einen Augenblicken mit her!“
„Wannst's so gern willst, so darf ich's dir doch nicht abschlagen. Also komm!“
Er ließ den Arm, welchen er bisher um ihre Taille gehalten hatte, sinken und setzte sich mit ihr auf die Bank.
Er hatte ganz nahe an ihr Platz nehmen wollen; sie aber rückte wie in einer sie plötzlich überkommenden Schüchternheit ein Stückchen von ihm weg.
„Wann's mein Oheim wüßt, daß ich mit dir so allein hier am Walde sitz!“ sagte sie.
„Hätt er was dagegen?“
„Ich glaube, ja.“
„So! Hast's vielleicht bemerkt, daß er mir feindlich gesinnt ist?“
„Ja.“
„Warum wohl?“
„Weil er jedenfalls denkt, daß – daß – daßt deiner Bäuerin gut bist.“
„Da kann er ruhig sein! Wann er sie haben will, so steh nicht ich ihm im Weg, sondern ein anderer.“
„Wer?“
„Der Bauer natürlich. Noch ist er nicht tot, und ich will hoffen, daß er auch nicht so bald sterben wird, wie sie wohl denken mag. Er soll vielmehr noch recht lange leben bleiben. Was ich dazu tun kann, das soll sehr gern und aus allen Kräften geschehen. Wann ich einer gut sein soll, so muß sie ganz anderst sein als die Bäuerin.“
„Wie müßt sie denn sein?“
„Nun, zunächst müßt sie unverheiratet sein. Ich bin nicht so gottlos, daß ich einem Mann sein Weib stehlen möcht, und wann dasselbige noch so schön wäre.“
„Also ein Mädchen müßt sie sein?“
„Ja.“
„Nicht eine Witfrau, vielleichten eine recht junge, hübsche und reiche?“
„Nein. Sie darf noch keinen Mann habt haben.“
„Und weiter! Reich müßt sie wohl sein? Nicht wahr, Fritz?“
„Nein; das verlang ich nicht. Es ist zwar gar schön, wann man reich ist. Man kann zwar dabei ganz rechtschaffen arbeiten, aber man hat doch keine Sorg, und es ist einem möglich, denen Menschen Gutes zu tun. Doch ist's nicht der Reichtum, welcher glücklich macht. Wann zwei junge Leutln, welche sich lieb haben, sparsam und fleißig sind, so gibt die Liebe ihnen doppelte Lust und Kraft zum Schaffen, und sodann müßt's gar mit dem Teuxel zugehen, wann sie nix vor sich bringen täten.“
„Wann's gesund bleiben, ja. Mußt aber weiterreden. Nicht wahr, hübsch müßt sie auf alle Fällen sein?“
„Ja, eine gar Häßliche möcht ich freilich nicht haben. Appetitlich müßt sie sein, weißt, grad wie eine Kirschen oder ein rotwangiger Apfel, in den man so gern hineinbeißen möcht.“
„Geh fort! Bist denn so ein Beißiger?“
„Wann ich es haben kann, ja.“
„Das hast wohl bereits schon ausprobiert?“
„O nein. Ich hab bisher noch niemals ein Dirndl habt.“
„Öffentlich nicht, aber heimlich wohl!“
„Auch das nicht.“
„Und wie müßt sie nachher noch sein?“
„Fein häuslich und wirtschaftlich; aber nicht so eine, welche nur viel Rumor macht den ganzen Tag, damit man sie als fleißige Schafferin loben soll, und wann der Abend kommt, so ist's
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