71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
nach, was er heut abend erlebt und über jedes Wort, welches er gehört hatte, und kam zu der Überzeugung, daß der Samiel dennoch irgend etwas gegen den Förster ausgeführt habe. Die Worte des Zorns, welche die Bäuerin ausgesprochen hatte, als sie sich von der Bank unter den Eichen entfernte, ließen das vermuten.
Er traute dem Grafen nicht. Das Wesen desselben war ihm so gedrückt und heimlich vorgekommen. War doch mit dem etwas geschehen? Jedenfalls war das unerfahren.
Diesen Gedanken hing Fritz während des Heimwegs nach, doch ganz vergeblich. Er vermochte es nicht, sich diese Fragen zu beantworten.
Er kehrte natürlich auf demselben Weg nach dem Kronenhof zurück, auf welchem er diesen verlassen hatte, über den Zaun und durch den Durchgang der Scheune nach dem Hof. Der Mond hatte sich nach Westen gesenkt und stand nun so hinter dem Stallgebäude, daß dieses einen tiefen Schatten über den Hof warf. Es war also so dunkel, daß es für Fritz, selbst wenn ein Lauscher vorhanden gewesen wäre, keiner großen Vorsichtsmaßregeln bedurfte, um unbemerkt an den Wagen zu kommen, auf welchem der Wurzelsepp seiner wartete.
„Fritz!“ flüsterte Sepp von oben herab.
„Ja, ich bin es“, antwortete er.
„Komm herauf, aber leise.“
„Kann es jemand hören?“
„Ja, der Bastian.“
„Ist er denn da?“
„Schon seit einiger Zeit. Er kam halt freilich sehr leis geschlichen; aber ich habe ihn dennoch hört. Er ist in dem Stall, und ich weiß nicht, ob er sich niederlegt hat, oder ob er wartet und irgendwo steckt, bis die Bäuerin kommt.“
Fritz stieg langsam auf den Wagen und hütete sich, ein vernehmbares Geräusch hervorzubringen. Das Heu raschelte freilich ein wenig, aber nur so viel, daß, wer es von fern hörte, annehmen konnte, daß es von einem kleinen Tier hervorgebracht worden sei.
Und es war allerdings gehört worden; denn kaum hatte sich Fritz möglichst tief in das Heu eingegraben, so hörten die beiden in der Nähe des Wagens schleichende Schritte, und dann fragte eine halblaute Stimme:
„Ist jemand da?“
Sie schwiegen natürlich.
„So red' doch!“
Als sie auch darauf keine Antwort gaben, blieb es eine sehr kurze Zeit still, und dann brummte es:
„Ich hab's ganz deutlich hört. Es war hier beim Wagen. Sollte jemand hinaufstiegen sein? Ich werd gleich mal nachschauen.“
„Es ist der Bastian“, flüsterte der Sepp.
„Was tun wir, wann er halt aufi kommt?“
„Still sind wir. Das weitere kannst dann mir überlassen.“
„Was willst tun?“
„Wart es ab!“
Der Knecht kam wirklich an dem Seil, durch welches der über der Ladung liegende Wiesbaum festgehalten wurde, herauf geklettert, aber glücklicherweise nicht ganz. Als er so hoch war, daß er mit dem Kopf über das Heu emporragte, hielt er an. Er konnte die beiden nicht sehen, da sie sich tief eingewühlt hatten.
„Nix! Niemand!“ brummte er. „So ist's halt eine Maus gewest oder eine Ratten oder auch gar wohl eine Fledermaus.“
Er stieg wieder ab, begab sich aber nicht nach dem Pferdestall, sondern setzte sich unweit des Wagens auf die Schwelle der Hintertüre nieder.
„Das ist dumm!“ flüsterte der Sepp. „Jetzund, wann uns ein Halm vom Heu in die Nasen kommt, so daß wir niesen müssen, sind wir verraten.“
„So müssen wir uns in acht nehmen. Sei nur still und beweg dich nicht; er tät es hören.“
Sie mußten weit über eine Stunde in dieser unangenehmen Lage ausharren. Dann aber, als diese Zeit vergangen war, hörten sie von der Scheune her leise Schritte nahen.
„Das ist die Bäuerin“, lispelte der alte Sepp seinem jungen Kameraden zu.
Er hatte recht. Der Knecht Bastian hatte ihr Kommen auch bemerkt und empfing sie mit den halblauten Worten:
„Endlich! Ich hab halt eine große Sorgen um dich habt. Warum kommst denn so spät?“
„Ich konnte nicht eher. Aber sprich leiser!“
Der Knecht dämpfte zwar seine Stimme noch mehr; aber die beiden auf dem Wagen befindlichen konnten dennoch hören, was gesprochen wurde, denn die Sprechenden befanden sich neben dem Wagen.
„Bist also glücklich davonkommen?“ fragte Bastian.
„Ja. Und du?“
„Auch. Nur der verdammte Schmiß auf die Nasen wird mir zu schaffen machen.“
„Ist er schlimm?“
„So schlimm, daß man ihn sehen wird.“
„So mußt halt eine Ausred machen.“
„Ja, ich werd mir eine aussinnen. Dieser verdammte Kerl, der Fritz! Was hat er in dera Förstereien zu tun!“
„Ich werd ihn strenger halten. Ich duld keine
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