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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zeit in den Stall kam, lag der Bastian schlafend in einer Ecke auf dem Stroh. Fritz fütterte die zwei Pferde, welche seiner Obhut anvertraut waren. Die beiden andern hatte Bastian über. Dieser letztere wachte bei dem Geräusch, welches Fritz verursachte, auf, wendete diesem das Gesicht zu und sagte in mürrischem Ton:
    „Hat's denn schon fünf geschlagen, daßt hier schon zu rumoren beginnst?“
    „Nein“, antwortete der Gefragte einsilbig.
    „So gib auch Ruhe! Ich will schlafen.“
    „Wegen dera Viertelstunde, die noch fehlt, geh ich nicht wieder fort.“
    „Willst dich wohl bei der Herrschaft einschmeicheln, daß es heißt, du seist so ein gar fleißiger?“
    „Fallt mir nicht ein. Ich hab ausschlafen und brauch doch nicht zu faulenzen. Bist wohl sehr spät schlafen gangen, daßt über mich zankst?“
    „Nein.“
    „So kannst auch den Mund halten. Gähnst freilich ganz so, als obst doch gleich erst herlegt hättst.“
    Bastian glaubte, das nicht auf sich sitzen lassen zu dürfen. Er wollte nicht wissen lassen, daß er wegen Mangel an Schlaf noch müde sei. Darum raffte er sich brummend von seinem Strohlager auf und begann seine Pferde zu füttern.
    Fritz tat so, als ob er ihn gar nicht beachte; dann aber schaute er ihn einmal wie ganz zufällig an, schlug die Hände erstaunt zusammen und fragte im Ton des Schreckens.
    „Ja, was ist denn heut mit dir, Bastian?“
    „Mit mir, was soll da sein?“
    „Wie schaust aus? Was hast im Gesicht?“
    „Im Gesicht? Was soll ich da haben? Die Augen, das Maul und die Nasen, kurzum alles, was ich sonst auch darinnen hab.“
    „Die Nasen? Nein. Eine Nasen hast nicht mehr, sondern das ist was ganz anderes.“
    „Was soll es denn sein?“
    „Das schaut aus wie eine große Birne oder so was. Aber blau ist's und grün und gelb.“
    Bastian tat, als ob er von seiner fürchterlich geschwollenen Nase noch gar nichts wisse. Er befühlte sie und sagte:
    „Donnerwetter! Was ist denn das? Die ist ja ganz geschwollen!“
    „Freilich! Schaust gar schön aus! Woher ist das denn kommen?“
    „Das muß von dem Schimmel sein.“
    „Wieso denn?“
    „Er hatte sich in dera Nacht losgerissen und lief im Stall hin und her. Ich hab ihn im Finstern einfangen müssen und wiederum angebunden. Dabei bin ich gestürzt und von dem Pferd stoßen worden. Die Nasen hat mir gleich weh tan, weil ich grad auf sie fallen bin; aber daß es gar so schlimm ist, das hab ich freilich nicht dacht.“
    „Dera Schimmel ist doch sonst so ruhig!“
    „Er hat doch mal seinen Koller habt.“
    Damit schien die Sache abgemacht zu sein. Fritz tat, als ob er der Erklärung Glauben schenke; Bastian aber verwünschte ihn im stillen und dachte wie er sich freuen wollte, wenn einmal die Gelegenheit käme, sich zu rächen.
    Nachdem die Pferde versorgt waren, begaben beide sich in die Stube, um ihre Morgensuppe zu essen. Die Bäuerin schlief noch, der Bauer ebenso. Die älteste Magd hatte die Pflicht, täglich diese Suppe zu kochen.
    Als das vorüber war, hatte Bastian im Garten zu tun. Er arbeitete mit Verdruß, und dieser Verdruß wuchs, als er den Wurzelsepp sah, welcher in den Garten geschlendert kam.
    Als der letztere den Knecht bemerkte, rief er in einem Ton, als ob er sich darüber freue:
    „Du bist's, Bastian? Ah, das kann mich sehr gefreun. Das ist mir unendlich lieb!“
    Der Knecht fuhr in seiner Arbeit fort und antwortete mürrisch, ohne den Alten anzusehen:
    „Möcht wissen, warum es dich gefreun sollte!“
    „Soll ich's dir sagen?“
    „Brauch's nicht zu wissen!“
    „Ah! Wannst's nur wüßtest, so würdest mich gar weiter fragen.“
    „Das denk ich nicht.“
    „So glaubst halt nicht an Träume?“
    Damit hatte der Alte ein Thema berührt, für welches der Bastian sich außerordentlich interessierte. Er war, wie die meisten Menschen seines Schlages, ungeheuer abergläubisch. Ahnungen und Träume hatten nach seiner Ansicht viel zu bedeuten. Er glaubte, daß jeder Traum in Erfüllung gehe. Darum war er neugierig, zu erfahren, was Sepp eigentlich meine. Er antwortete:
    „An Träume glaub ich schon. Was geht's aber dich an? Ich hab heut nicht träumt.“
    „Ich desto mehr und gar schön!“
    „Das geht mich nix an!“.
    „Sehr viel! Wannst wüßtest, was mir träumt hat, so tätst vor Freud gleich einen Purzelbaum schlagen.“
    „Es ist mir nicht so zumute.“
    „Denk dir! Mir hat zunächst träumt, dera Bauer war storben!“
    „Und das nennst einen schönen Traum!“
    „Das nicht. Aber

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