72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
später leicht einfallen. Darum muß ich als kluger Mann Vorkehrungen treffen.“
„Ist alles unnötig!“
„Ich meinerseits halte es für sehr nötig und werde also meine Forderung an Sie stellen.“
„Kommen Sie mir ja nicht mit weiteren Forderungen! Ich gehe ganz bestimmt auf nichts mehr ein.“
„Keine Angst, Baron! Ich fordere kein Geld. Es ist nur eine Bedingung, welche ich machen will.“
„Hole der Teufel Ihre Bedingung!“
„Sehr freundlich! Ich werde sie aber dennoch machen. Sobald ich Ihnen hier an diesem Ort die Papiere übergebe, zahlen Sie mir fünfundzwanzigtausend Gulden und geben mir dazu einige Zeilen mit Ihrer Unterschrift, daß Sie mir für die Dokumente noch die gleiche Summe zu geben haben.“
„Fällt mir nicht ein!“
„Warum nicht?“
„Mein Wort gilt! Ich habe keine Lust, mich in eine solche Gefahr zu begeben.“
„Gefahr? Davon kann keine Rede sein.“
„Denken Sie, was erfolgen muß, wenn meine Unterschrift in falsche Hände geraten sollte!“
„Das ist unmöglich. Ich würde sie natürlich so verwahren, daß kein Mensch sie zu finden vermag.“
„Trau, schau, wem! Bei Ihnen ist so etwas am allerunsichersten aufgehoben. Sie können sehr leicht einmal mit der Polizei zu tun bekommen.“
„Selbst in diesem Fall wird nichts gefunden.“
„Das glaube ich nicht.“
„Wenn ich versichere, daß ich ein Versteck habe, welches die absoluteste Sicherheit bietet, so können Sie es glauben. Ich gebe die Dokumente nicht anders her. Das ist mein fester Entschluß und Wille.“
Abermals begann ein längeres Hin- und Herreden; dann endlich willigte der Baron ein. Die beiden reichten sich die Hände; dann ging der Einbrecher.
Der Baron blieb noch zurück, um nicht mit ihm gesehen zu werden. Der Graf hörte ihn murmeln:
„Verfluchter Halunke! Ihm ist nicht beizukommen! Ich hätte ihm wirklich nur die eine Hälfte bezahlt. Aber er ist zu schlau.“
Als ungefähr zehn Minuten vergangen waren, entfernte auch er sich. Der Graf durfte trotzdem noch nicht vollständig aus seinem Versteck treten, weil er von dem Baron gesehen worden wäre, im Falle dieser sich umgedreht hätte. Er öffnete die Tür nur ein wenig und blickte dem sich Entfernenden nach.
„Wenn ich mich nur besinnen könnte!“ sagte er zu sich. „Ich habe diesen Baron gesehen, und auch seine Stimme kenne ich. Hoffentlich fällt es mir noch ein. Ich muß ihm nach und lasse ihn nicht aus den Augen.“
Als der Genannte hinter dem Gesträuch verschwunden war, eilte der Graf hinter ihm her. Später konnte er sich ja sehen lassen, ohne den Verdacht zu erregen, daß er gelauscht habe.
Er blieb dem Baron so nahe, daß dieser ihm nicht entgehen konnte. Nur bei Krümmungen des Weges verlor er ihn für kurze Momente aus den Augen.
So gingen beide durch verschiedene Anlagen und gelangten dann auf einen breiten Weg. Der Graf hatte die feste Absicht, den Baron einzuholen und ihn in ein Gespräch zu verwickeln, leider aber kam er nicht dazu.
Zwei Damen kamen ihnen entgegen. Der Baron ging an ihnen vorüber, und als sie näher kamen, erkannte der Graf – Frau Salzmann und die schöne Sängerin.
Da verstand es sich ganz von selbst, daß er die Verfolgung aufgab.
„Ich kenne doch den Namen Wellmer, den er sich beilegen will“, dachte er. „Morgen wird derselbe in den Fremdenlisten zu lesen sein.“
Leni errötete, als sie ihn erkannte. Sie war ganz in derselben Absicht wie er hierhergekommen. Es trieb sie an den Ort, an welchem sie ihn gesehen hatte, und es war ihr, als ob er ihr dies ansehen müsse. Daher ihre Verlegenheit.
Ob er es ahnte? Seine Augen leuchteten freudig auf, und ein glückliches Lächeln breitete sich über sein männlich schönes Angesicht. Natürlich blieben die drei stehen, um sich zu begrüßen. Aber bereits nach den ersten wenigen Worten sagte er im Ton der Bitte:
„Entschuldigen die Damen, wenn ich eine Frage ausspreche, welche mit meiner Freude, Sie hier zu sehen, aber nicht in Verbindung steht. Kennen Sie vielleicht den Herrn, der soeben an Ihnen vorüberging?“
Beide verneinten.
„Ich traf ihn zufällig und habe Veranlassung, zu erfahren, wer er ist.“
„So eilen Sie ihm nach!“ antwortete Frau Salzmann. „Wir bitten Sie darum!“
„O nein. Einer so unverzeihlichen Unhöflichkeit darf ich mich nicht schuldig machen.“
„Es ist keine Unhöflichkeit. Wir können Sie nicht für den Verlust entschädigen, den Sie erleiden werden.“
„Es handelt sich nicht um einen Verlust,
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