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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und selbst im Gegenfalle würde ich durch die Erlaubnis, mich Ihnen für wenige Minuten anschließen zu dürfen, überreich entschädigt sein.“
    So setzte er nun im Verein mit ihnen den Spaziergang fort, und begleitete sie, als der Rückweg angetreten wurde, so weit, wie die Höflichkeit es erforderte und gestattete.
    Das Gespräch bewegte sich um ernste Gegenstände, und da fand es sich, daß die Sängerin in vielem, ja in allem mit ihm harmonierte. Ihre Lebensanschauungen waren ganz die seinigen, und es herrschte zwischen ihnen eine Gesinnungsgleichheit, welche ihn entzückte.
    Dann begab er sich nach dem ‚Kronprinzen von Österreich‘, um dem alten Hauptmann seinen Besuch abzustatten. Er fand ihn nicht daheim und ließ seine Karte zurück, auf welcher er ihm mitteilte, daß er ihn am Abend abholen wolle, um ihn in das Kasino einzuführen. Dann begab er sich nach Hause.
    Dort erst bekam er Muße, über seine Erlebnisse im Pavillon nachzudenken. Es handelte sich um einen Einbruch, um den Raub von Papieren, welche entscheidend auf den Verlauf eines Erbschaftsprozesses wirken mußten. War es nicht seine Pflicht, den ganzen Vorgang und alles, was er gehört hatte, der Polizei zu melden?
    Sicher!
    Aber indem er weiter darüber nachdachte, kam er zu dem Entschluß, noch bis morgen zu warten, um aus der Fremdenliste zu erfahren, in welchem Gasthof der angebliche Baron von Wellmer wohne. Nach dem ganzen Verlauf des Gesprächs zwischen diesem und dem Einbrecher war es nicht sehr wahrscheinlich, daß die Tat bereits heute vorgenommen werden würde.
    Damit war diese Angelegenheit für jetzt abgetan, und der Graf lenkte seine Gedanken auf einen viel schöneren Gegenstand – sein Zusammentreffen mit Leni, aus welchem es ihm vielleicht erlaubt war, zu schließen, daß sie sich gern an ihre erste, gestrige Begegnung erinnere.
    In diesem beglückenden Gedanken verbrachte er den übrigen Teil des Tages und ging dann am Abend, um Sepp abzuholen. –
    Gerade um dieselbe Zeit ging der Baron von Stubbenau nach der Lilienbrunngasse, wo die Tänzerin Valeska wohnte.
    Sie war keineswegs die Domina des Corps de Ballet, und das Salär, welches sie bezog, war für ihre Bedürfnisse ein außerordentlich bescheidenes zu nennen. Dennoch hatte sie sich in einem ersten Stockwerk der genannten Straße eine prächtig möblierte Wohnung gemietet, welche sie von ihrem Gehalt unmöglich bestreiten konnte, zumal sie sehr splendid lebte.
    Man vermutete daher, daß sie ihre Schönheit als Quelle einer besseren Einnahme benutze, doch zeigte sie in nichts, daß diese Vermutung die richtige sei.
    Es verkehrten keine Herren bei ihr und die Summen, welche sie ausgab, mußten einer sehr geheimnisvollen Quelle entstammen.
    Nur der Baron von Stubbenau besuchte sie oft, und seit einiger Zeit hatte man den Sänger Criquolini zu ihr gehen sehen.
    Als der erstere von der Zofe angemeldet worden war, trat er in das Boudoir der Tänzerin. Es war ausgestattet wie das Gemach einer Millionärin.
    Valeska lag auf dem Sofa, in einen leichten Schlafrock gehüllt, durch dessen Stoff ihre üppigen Formen schimmerten. Sie breitete ihre Arme aus, und er ließ sich mit viel Wärme von ihr umfangen.
    „Dich hätte ich nicht erwartet“, sagte sie, ihn küssend. „Ich glaubte dich bereits bei Criquolini.“
    „So weißt du also, daß ich zu ihm geladen bin?“
    „Ja. Er war hier.“
    „Und hat auch dich geladen?“
    „Natürlich. Ich freue mich darauf. Er versicherte, daß ich die Tafel und die Weine ganz vorzüglich finden werde. Es wird das ein allerliebstes Gelage sein, und ich habe sehr große Lust, diesen Anbeter unter den Tisch zu trinken.“
    „Das ist auch meine Absicht.“
    „So?“
    Sie blickte ihn forschend an. Als sie das bedeutungsvolle Lächeln bemerkte, welches um seine Lippen zuckte, fragte sie:
    „Hast du einen besonderen Grund dazu?“
    „Einen sehr besondern und wichtigen. Ich habe heute Gulijan getroffen. Er zahlt fünfzigtausend Gulden, die Hälfte sofort nach Empfang der Papiere. Ich hole sie mir heut.“
    „Bravo!“
    „Und noch mehr hole ich mir heut. Wenn du mir nur helfen könntest.“
    „Warum nicht? Bin ich doch stets deine Verbündete. Oder ist's heut zu gefährlich für mich?“
    „Ich glaube nicht. Es ist von mir alles so vorbereitet worden, daß es gar nicht mißlingen kann. Criquolini hat dir gesagt, daß er ausgezogen ist?“
    „Ja. Warum tat er das?“
    „Seine Wirtin zwang ihn dazu, weil er zudringlich gegen ihr

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