Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
er.
    „O nein. Es ist die richtige.“
    „Es ist die falsche. Die meinige hat ein Schlüsselloch, diese aber keins.“
    „Zeigen Sie den Schlüssel her! Ich will versuchen, ob mir das Öffnen gelingt.“
    Es gelang.
    „Wo nehmen wir nun Licht her?“ fragte er, als sie sich dann im Flur befanden.
    „Da in der Wand ist eine Nische, in welcher sich die Lampe befindet.“
    Sepp fühlte die Nische und auch die Lampe, welche er mittels der dabeiliegenden Zündhölzer anbrannte.
    Dann fand der Jude den Schlüssel zu dem Gewölbe nicht. Sepp suchte ihn auch und fand ihn endlich. Er schloß auf und schleppte den Menschen hinein. Dort setzte sich Baruch Abraham auf einen Stoß Makulaturpapier nieder und ließ den Kopf sinken.
    „Wo bin ich, wo?“ fragte er.
    „Daheim.“
    „Nein, das ist eine Höhle. Das ist, das ist –“
    Er sprach nicht weiter. Er schloß die Augen. Die Müdigkeit wollte ihn übermannen.
    Diesen Augenblick benutzte der kluge Sepp. Im Nu war er an der Hoftür. Er gewahrte beim Schein der Lampe, welche er in der Hand hatte, den Nagel und hing den Schlüssel daran. Im nächsten Moment stand er wieder bei dem Juden.
    „Baruch Abraham“, sagte er. „Schlafen Sie?“
    Der Gefragte machte eine Armbewegung und brummte etwas Unverstehbares.
    „Wir wollen doch von Geschäften reden!“
    „Geschäft, Geschäft“, nickte er, aber ohne die Augen zu öffnen.
    Das Wort Geschäft übte doch einige Wirkung auf ihn aus. Der Sepp fuhr fort:
    „Erwachen Sie doch! Seien Sie munter!“
    „Munter – oh – ah!“
    „Wenn Sie so sitzen bleiben kann ich Ihnen ja den ganzen Laden ausstehlen!“
    „Stehlen!“
    Sofort stand der Jude hoch aufgerichtet da. Das einzige Wort ‚Stehlen‘ hatte alle seine Müdigkeit verscheucht.
    „Stehlen!“ rief er. „Stehlen wollen Sie?“
    „Nein, bewahre!“
    „Sie sagten es doch!“
    „Ich sagte nur, daß man Sie leicht bestehlen könnte, wenn Sie da sitzen bleiben.“
    „Nein, nein. Bestehlen läßt sich Baruch Abraham nicht. Der Wein, der Wein! Aber es gibt ein Mittel. Dort steht Essig.“
    Auf dem Fenster stand eine dickbäuchige, staubige Flasche. Der Jude tat einige tüchtige Schlucke daraus, zog ein schreckliches Gesicht, hustete darauf und wusch sich dann auch das Gesicht damit. Mit dem langen Schoß seines Rocks trocknete er sich ab.
    „So“, sagte er, „so! Jetzt ist's besser. Bestehlen lasse ich mich eben nicht!“
    „Ich beabsichtige das ja auch nicht.“
    „Nicht? Hm! Man kann es nicht wissen.“
    „Ich habe Sie ja grad im Gegenteil gewarnt.“
    „Gewarnt? So? Ich will es glauben. Also jetzt bin ich geworden wieder gesund, und meine Augen sind hell. Nun wollen wir reden vom Geschäft.“
    Er setzte sich wieder auf den Papierstoß und lud Sepp ein, neben ihm Platz zu nehmen. Dieser aber lehnte ab und sagte, stehen bleibend:
    „Ist denn die Wirkung des Weins so weit behoben, daß wir von wichtigen Dingen reden können?“
    „Sie ist weg, ganz weg.“
    Er blinzelte mit den Augen. Es wurde ihm doch schwer, sie ganz zu öffnen.
    „Gut“, meinte Sepp. „So können wir also beginnen. Überwinden Sie die noch zurückgebliebene Müdigkeit!“
    „Ich bin nicht müde. Ich bin munter. Ich kann reden. Ich will nun wissen, wer Sie sind.“
    „Das haben Sie ja schon gehört.“
    „Gehört? So?“
    „Und auch gesehen. Ich habe Ihnen ja doch meine Legitimation gezeigt.“
    „Ah, ja, Legitimation! Es ist wahr, sehr wahr. Sie sind pensionierter Hauptmann. Nicht?“
    „Ja, Josef von Brendel.“
    „Brendel, so war es. Sie kommen von Wien?“
    „Das sagte ich Ihnen bereits.“
    „Schön! Und von wem haben Sie denn eigentlich das Wort Salek erfahren?“
    „Von ihm selber.“
    „Wer ist das?“
    „Der Baron von Stubbenau.“
    „Stimmt, stimmt. Ist denn er es, der Sie zu mir gesendet hat?“
    „Ja, er selbst.“
    „Warum kommt oder schreibt er nicht? Er soll mir keinen Fremden schicken.“
    „Er kann weder kommen noch schreiben.“
    „So? Hat er keine Zeit? Zu so einem Brief muß er haben zu jeder Minute Zeit.“
    „Zeit hätte er; aber er darf nicht.“
    „Darf – ah, wer hindert ihn?“
    „Die Behörde.“
    „Die Behörde? Was sagen Sie? Die Behörde?“
    Seine Augen öffneten sich jetzt weit.
    „Ja, das Gericht – wenn das deutlicher ist.“
    „Das Gericht? Wieso?“
    „Er ist gefangen.“
    „Gef –“
    Er brachte das Wort nicht ganz hervor; aber es übte eine ungemeine Wirkung auf ihn aus. Er fuhr empor und starrte Sepp mit

Weitere Kostenlose Bücher