73 - Der Dukatenhof
des Steinbruchs hinabzureichen.
„Dies ist wohl nur für den Fall der Flucht angebracht, wenn diese oben nicht mehr möglich sein sollte“, meinte der Amtshauptmann. „Kennen Sie den Bruch?“
„Ja“, antwortete Frieder. „Er liegt mitten im Forst, und es können Jahre vergehen, ehe ein Mensch dahin kommt. Ich meine auch, daß es für uns geratener sein wird, hier aufzusteigen, als droben im Schacht einzufahren; der Einstieg ist hier viel leichter als dort.“
Dem stimmten die anderen bei, und es wurde beschlossen, den Angriff von hier statt von der Zeche aus zu unternehmen. Dann stiegen sie vorsichtig wieder zu Tage und begaben sich auf wenig begangenen Wegen und einzeln zum Bachhof. – – –
Es war gegen Abend, als der Wagen des Feldbauern von der Straße nach dem Hof einbog. Einer seiner Vertrauten, ein Knecht, hatte ihn bemerkt und eilte herbei, um die Pferde in Empfang zu nehmen.
„Ist was passiert?“ fragte der Bauer.
„Nein. Alles in Ordnung!“
„Also gar nichts Neues?“
„Im Hof nicht, aber im Dorf. Das Militär zieht ab.“
„Warum?“ klang überrascht die Frage.
„Sie müssen zum Manöver ins Niederland und kommen erst in vierzehn Tagen wieder. Der Leutnant ist schon da aus Steinertsgrün mit seinen Leuten, um die hiesige Truppe abzuholen; dann geht's nach der Stadt, um mit dem Nachtzug abzufahren.“
„Ohne den Waldschwarzen!“ lachte der Bauer mit einem verständnisvollen Blick auf den langen, hageren Herrn, der mit ihm ausgestiegen war. „Schau, da kommen sie wirklich schon!“
Einen Tambour voran, welcher kräftig auf dem Kalbsfell wirbelte, marschierte das kleine Detachement, vom Leutnant kommandiert, aus dem Dorf heraus, begleitet von einer Anzahl leidtragender Dorfjungen, welche den so plötzlichen Abschied der Söhne des Mars nicht gut verwinden konnten.
„Sie wollten einen holen, haben aber statt dessen einen dagelassen“, kicherte der Hagere. „Deine Sorge war ganz ohne allen Grund!“
„Das denkst bloß! Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir sind auf vierzehn Tage sicher, und das auch nur vielleicht, dann aber geht die Hetze wieder los. Es bleibt dabei, ich mache mich davon.“
„Die Bäuerin mit der Tochter ist wohl nicht dabei!“ erkundigte sich eine nähertretende Magd.
„Geht's dich was an? Tu deine Sache und bekümmere dich nicht um ungelegte Eier!“
Sie traten ein, saßen lange in leise geführtem, angelegentlichem Gespräch beieinander und benutzten dann einen unbewachten Augenblick, um nach der Brunnenstube zu gehen. Von hier aus ließen sie sich in den Stollen hinab, in welchen der Bauer unverweilt hineinschritt.
„Willst nicht erst nach den Weibern sehen?“ fragte der andere.
„Fällt mir nicht ein. Morgen geht's fort; dann hole ich sie herauf; jetzt aber habe ich keine Zeit, auf ihr Lamentieren zu achten.“
In der Niederlage angekommen, öffnete er den Schrank und zog die Bücher hervor, welche von dem anderen einer sorgfältigen Prüfung unterworfen wurden, wobei sie nicht bemerken konnten, daß einige hundert Schritte von ihnen entfernt bewaffnete Gestalten dem unteren Schacht entstiegen.
Frieder befand sich an ihrer Spitze. Er war gleich zurückgeblieben und hatte ihnen jetzt die Strickleiter zugeworfen. Über das, was bevorstand, war er zu Hause allen Erörterungen ausgewichen. Vielleicht hätte der Vater trotz seiner Blindheit gar gewünscht, bei der Affäre gegenwärtig zu sein, ein Verlangen, das Frieder bei der Schwierigkeit des Unternehmens nicht erfüllen konnte.
Jetzt war sowohl die ‚Zeche‘ als auch der Einsturztrichter von Militär und Forst- und Zollbeamten wohl besetzt; auch um den Feldhof hatte man in einigem Abstand eine Kette gezogen, und im Stollen stand eine hinreichende Anzahl Soldaten, um den Paschern gewachsen zu sein. Der Abzug der Soldaten aus dem Dorf war nur eine Finte gewesen.
Frieder schlich leise voran, hinter ihm zunächst der Leutnant und der Amtshauptmann mit dem Assessor.
Es war zehn Uhr, und die Entscheidung nahte. Sie gelangten so weit an den Vorratsraum heran, daß sie jedes Wort der beiden Sprechenden verstanden.
„Nun, machst mit?“ fragte der Feldbauer. „Mich brennt's an den Fersen, und deshalb habe ich dir viel Vorteil gelassen bei dem Handel. Meine Bedingungen kennst.“
„Ja, ich bin dabei; das Geschäft steht gut“, lautete die Antwort.
Sie schlugen ein.
Dann legte der Bauer die Bücher wieder in den Schrank zurück und zog ein Paket hervor.
„Das übrige tun wir
Weitere Kostenlose Bücher