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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werden – er ist tot, hinabgestürzt in den Schacht.“
    Daß der Oheim mit ergriffen worden sei, verschwieg Frieder ihr jetzt noch. Sie legte sich zurück und faltete die Hände.
    „Was Gott tut, das ist wohlgetan, so will ich denken und mich von nun an nur an eurem Glück erfreuen!“ –
    Das Militärkommando verließ, dieses Mal nicht bloß zum Schein, nach einigen Tagen die Gegend. Viele Familien gerieten ins Elend dadurch, daß ihr Ernährer ein Mitglied der Schmugglerbande gewesen war, gegen welche eine außerordentlich verwickelte und langwierige Untersuchung eingeleitet wurde, die mit der Verurteilung aller Beteiligten endete.
    Der Feldhof steht noch; er ist in fremde Hände übergegangen. Die unterirdischen Gänge wurden verschüttet, die Brunnen ausgefüllt und jede Spur von der dunklen Residenz des Waldschwarzen vernichtet; aber sein Andenken bleibt an dem Hof haften und wird niemals von ihm zu trennen sein.
    Wer heute den Bachhof besucht, darf versichert sein, alle Zeichen eines rechten Glücks vorzufinden. Der Goliath lebt noch als ein rüstiger Greis, den der Verlust des Augenlichts nicht hindert, fröhlich mit den Seinigen zu sein. Auch die Bäuerin ist noch derselbe milde, freundliche Charakter wie früher, und ihrem Einfluß ist es zum größten Teil zuzuschreiben, daß Marthas Mutter die Tage des schwersten Leidens glücklich überstanden hat. Frieder ist der tüchtigste und angesehenste Mann der Umgebung und seine Frau ein Engel für jeden Hilfsbedürftigen. Das kleine Töchterchen, welches an ihrer Hand durch das Gras des Gartens zappelt, ist bis auf die großen, blauen Augen ganz ihr Ebenbild, und der Junge, welcher, auf dem Baum sitzend, beide mit Kirschen bombardiert, gibt alle Hoffnung, daß das Geschlecht der Riesen vom Bachhof auch ferner gedeihen werde.
    In der Wohnstube hängt unter Glas und Rahmen der Lebensbaumzweig, den Frieder am Grab seines Bruders an den Hut gesteckt und erst nach vollendetem Werk wieder heruntergenommen hatte.
    Der Buschwebel hat den Abschied nehmen müssen und ist mit seinem Erbteil in die Fremde gegangen. Niemand weiß etwas Näheres über ihn.

Das Geldmännle
    Es war ein ganz, ganz, ganz kleines Bergle. An dem lag ein ganz, ganz, ganz kleines Gärtle. Und obendrauf stand ein ganz, ganz, ganz kleines Häusle. Aber das Kleinsein schadet nichts, denn vor dem Herrgott sind die Allerkleinsten oft die Allergrößten. Das Bergle, das Gärtle und das Häusle hießen das Damenbergle, das Damengärtle und das Damenhäusle, aber nicht etwa, weil Damen darin wohnten, sondern aus einem ganz anderen Grund, den wir schon noch erfahren werden.
    Wie das Bergle entstanden war, das wußten alle Leute. Der Herr Pastor hatte es erzählt. Nämlich als die Erde noch keine Berge hatte, da lebten tief in ihrem Innern, wo das ewige Feuer brennt, zwei Götter, welche Pluto und Vulkan hießen. Wenn es ihnen einmal zu warm wurde, was bei der großen Hitze sehr häufig vorkam, so stiegen sie empor, um sich abzukühlen und frische Luft zu atmen. Das taten sie auch einmal an einem schönen, wolkenlosen Julitag. Sie saßen am niedrigen Strand des Weltmeers und betrachteten die vorweltlichen Rieseneidechsen, welche sich im Schlamm sonnten und dabei vor Vergnügen die Mäuler aufsperrten und die Augen verdrehten. Das ärgerte den Vulkan.
    „Dumme Geschöpfe!“ sagte er. „Die wissen noch nicht das geringste von Reaumur, Fahrenheit und Celsius! Sich in dieser Hitze wohlzufühlen! Das ist hier ja schlimmer als unten bei uns! Diese Sonnenglut! Kein Mensch bringt mich im Juli und August wieder in dieses Nordseebad! Die reinen Hundstage! Wollen wir vielleicht versuchen, ob es am Äquator kühler ist, Bruderherz?“
    Pluto zog sein Taschentuch, wischte sich den Schweiß von der Stirn und antwortete:
    „Äquator? Nein! In dieser Hitze gehe ich keinen Schritt. Ich bleibe einfach bis zum Dezember sitzen. Da wird es kühl. Ich lobe mir den Schnee!“
    Da horchte Vulkan auf.
    „Schnee!“ rief er aus. „Höre, auf den äußeren Planeten soll es sogar im Sommer schneien, nämlich oben auf den Bergen. Ich habe kürzlich zwei Halbgötter bei mir als Tagelöhner angestellt, für monatlich zwölf Taler und fünfundzwanzig Silbergroschen, ohne Kaffee und Weihnachtsgeschenk. Der eine stammt vom Uranus und der andere vom Neptun. Ich selbst habe in den Dienstbüchern nachgeschlagen. Die erzählten mir, daß es da oben Berge gibt, auf denen sogar im Hochsommer das Eis nicht alle wird.“
    „Wirklich?“

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