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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mit einem einzigen Schlag derselben schmetterte er den Hageren zu Boden und sprang dem Waldschwarzen nach. Dieser hörte die Schritte hinter sich; zum Aufgang durch den Brunnen blieb ihm keine Zeit übrig. Er eilte weiter, riß die Fahrt von der Erde auf, zerrte sie zum Schacht und hob sie ein.
    „Steh', Waldschwarzer, der Frieder kommt!“ donnerte es hinter ihm.
    „Schau, ob du mich bekommst, Halunke!“ antwortete jener grimmig.
    Er schwang sich in das Mundloch. Aber der Schreck der Überraschung, die Angst vor den Verfolgern, der Schmerz in den geblendeten Augen und die Heftigkeit der Flucht verwirrten ihn. Sein Fuß glitt von der Sprosse, seine Hände griffen fehl; mit einem fürchterlichen Schrei stürzte der Waldschwarze in den Schlund hinab!
    Frieder vernahm den Schrei und das polternde, dumpfe Geräusch des Falls; er hatte hier nichts mehr zu tun und eilte zurück. Die Pascher hatten die Gefährlichkeit und Nutzlosigkeit eines jeden Widerstands erkannt und sich ergeben. Man war eben daran, sie zu binden. Der Hagere, welcher sich wieder emporgerafft hatte, sträubte sich dagegen am längsten. Er schrie:
    „Ich protestiere gegen diese Behandlung. Ich gehöre nicht zu diesem Volk, sondern bin unschuldig hereingebracht worden.“
    „Versuchen Sie keine Verteidigung; sie nützt Ihnen nichts!“ gab der Amtshauptmann zur Antwort. „Wir waren ungesehene Zeugen Ihrer Verhandlung mit dem Feldbauern. Der neue Waldschwarze darf nicht auf Nachsicht rechnen, und Ihre Bücher werden uns wohl vollständig Auskunft geben über das ‚Geschäft‘.“
    „Wo ist der Feldbauer?“ rief der Leutnant, welcher die Fesselung der Gefangenen überwachte, Frieder entgegen.
    „In den Schacht gestürzt! Das Gericht Gottes hat ihn ereilt. Er hat sich selber geblendet und liegt nun zerschellt da unten, wo er die Frauen hinabgezwungen hatte.“
    Die Bande des Feldwebels wurden nun auch beseitigt. Frieder war so rücksichtsvoll gewesen, den Entschluß des früheren Gegners, in den Dienst des Waldschwarzen zu treten, zu verschweigen.
    Die Pascher wand man einzeln durch den Brunnen empor; sie wurden sofort unter Militärbegleitung an das Gerichtsamt abgeliefert. Der Amtshauptmann blieb mit dem Assessor zurück, um seinen Pflichten vollauf Genüge zu tun.
    Die Nachricht von dem Geschehen brachte eine ungeheure Aufregung im Dorf hervor. Trotz der späten Stunde versammelte sich alt und jung, groß und klein auf der Gemeindewiese, um die Gefangenen abziehen zu sehen.
    Die Nachricht, wer der Waldschwarze gewesen sei, steigerte die bisher gegen den Feldbauern gerichtete unfreundliche Gesinnung zum vollsten Grimm, und hätte er sich bei den Gefangenen befunden, er wäre sicherlich gelyncht worden. Ganz anders allerdings klang es, als Frieder aus dem Feldhof trat, um sich nach Hause zu begeben. Er war der große Held des Ereignisses und wurde beinahe auf den Händen nach dem Bachgut getragen.
    „Endlich bist du wieder da!“ empfing ihn der Vater. „Das war eine entsetzliche Ewigkeit, seit du fortgegangen bist. Draußen hat der Lärm gewährt schon über eine Stunde, und ich sehe nichts, ich weiß nichts und möchte doch vor Erwartung und Angst um dich an der Wand emporlaufen! Wie ist's gegangen?“
    „Gut. Nicht ein Tropfen Blut ist geflossen, und wir haben sie alle bekommen. Hört!“
    Er stattete den atemlos lauschenden Eltern seinen Bericht ab.
    „Hätte ich nur eine Viertelstunde zu sehen vermocht“, rief der Blinde am Schluß desselben, „ich gäbe fünf Jahre vom Leben dafür hin! So aber muß ich alles versäumen, worauf meine Sehnsucht ging so lange Zeit. Doch eines muß ich haben! Wo liegt der Waldschwarze?“
    „Im Feldhof. Man hat ihn herauf geschafft; er ist zerschellt und zerschmettert, daß man sich vor ihm graut.“
    „So führ mich hin zu ihm. Die Rache ist zu Ende; der Herrgott hat's geschafft. Aber meine Hand muß es fühlen, ob's auch wahr ist. Dann will ich seiner gedenken als eines Toten, dem man verzeiht um der Seinen willen.“
    Frieder suchte nun Martha auf. Sie befand sich bei der Mutter und sprang bei seinem Erscheinen empor, um sich an seine Brust zu werfen.
    „Gott sei Dank, daß du lebst! Oh, was habe ich gelitten, seit du fort bist! Ich habe dich nicht anders gesehen als tot, gemordet vom – von dem, den du fangen willst!“
    Die Kranke richtete sich langsam empor.
    „Ist's vorüber, Frieder?“ fragte sie.
    „Ja. Besser als zu vermuten war. Er wird nicht mit Verhör und Gefangenschaft gemartert

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