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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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später ab; jetzt müssen wir zu den Leuten, die schon längst gewartet haben. Hier hast alles, was wir brauchen!“
    Sie legten Perücken und Bärte an, banden Larven vor und hüllten sich in unkenntlich machende Kleidungsstücke. Dann schob der Waldschwarze den Riegel zurück, blies die Laterne aus, welche ihnen bis jetzt geleuchtet hatte, und schlüpfte zwischen der sich bewegenden Mauer und der Stollenwand hindurch. Der andere folgte.
    Die bereits vollständig versammelten Pascher erhoben sich bei ihrem Erscheinen. Ihre Gesichter waren nicht zu sehen, aber ihren Bewegungen konnte man die Befremdung darüber entnehmen, daß ihr Oberhaupt in Begleitung erschien. Da sprach der Schwarze:
    „Ich habe euch bestellt, Leute, nicht um der gewöhnlichen Ursache willen, sondern aus einem anderen Grund. Ich trete heute zurück vom Geschäft und gebe euch an meiner Stelle einen anderen Anführer. Hier steht er. Er wird euch stets so unbekannt bleiben wie ich, aber stets auch so gut auf euren Vorteil sehen wie ich. Die Änderung kann nicht leicht und schnell geschehen; sie muß zuvor gar reiflich von uns besprochen werden. Darum wird heute ein Rat abgehalten, bei dem ein jeder seine Meinung sagt.“
    Die Schmuggler steckten überrascht die Köpfe zusammen; die Nachricht schien keinen guten Eindruck auf sie gemacht zu haben. Nach längerem Flüstern trat einer vor und sagte:
    „Waldschwarzer, denkst etwa, du kannst uns verhandeln wie eine Herde Schafe oder Rinder, die sich's ruhig gefallen läßt, wenn man ihr einen anderen Hirten gibt? Wir wollen …“
    „Was ihr wollt, könnt ihr nachher sagen. Vielleicht trete ich nicht vollständig aus und gebe euch diesen nur als Stellvertreter. Ich habe euch doch gesagt, daß euer Vorteil garantiert werden soll, und ihr könnt versichert sein, daß ich nicht anders als mit eurer Zustimmung handeln werde.“
    Das schien sie einigermaßen zu beruhigen.
    „Und was wird mit dem Feldwebel?“ fragte einer.
    „Der kommt zunächst dran; aber es wird anders, als es ausgedacht war. Solange das Kommando hier war, konnte er nützen; jetzt ist's weg, und er kann uns nur Schaden bringen. Er kennt den Stein und den Stollen; er merkt vielleicht auch, wer ihn herbeigelockt hat; er muß sterben, sonst sind wir von jetzt an keine Stunde mehr sicher. Seid ihr's zufrieden?“
    „Ja“, klang es dumpf und hohl wie zu schaurigem Gericht.
    „Holt ihn heraus!“
    Er gab den Schlüssel zu der Gefängnistür aus der Tasche; der Feldwebel wurde herbeigebracht.
    „Buschwebel, wie hast du dich entschieden?“ fragte ihn der Schwarze.
    „Ich kann nicht auf eure Wünsche eingehen.“
    „Gut, das verkürzt die Sache. Paß auf, wenn ich drei sage, drücke ich los.“
    Er zog die Pistole aus dem Gürtel und erhob den Arm. Zwei der Pascher hielten den Gefesselten.
    „Eins – zwei …“

„Halt – ergebt euch!“ erscholl es da im Hintergrund des Raums, und in demselben Augenblicke wurde der Waldschwarze von zwei eisernen Armen gepackt. Frieder war herbeigesprungen und hielt ihn fest, daß er sich nicht zu rühren vermochte. An seiner Seite stand der Leutnant, den gezogenen Degen in der Hand, und über die ganze Breite des Raumes starrten den Versammelten drohende Gewehrläufe entgegen.
    „Fort durch das Loch!“ brüllte der Feldbauer, indem er sich unter dem Griff Frieders wand.
    Die Pascher gehorchten dem Ruf. Sie stürzten, einer immer den andern drängend und hindernd, der Trichteröffnung zu. Der vorderste riß den Stein zurück und warf sich auf den Boden, um hindurchzukriechen.
    „Halt, sonst schieße ich!“ schallte es ihm entgegen.
    Er fuhr zurück.
    „Draußen steht der Kessel voll Grenzer!“ rief er erschrocken.
    „Laß los, sonst schieß' ich!“ schäumte der Feldbauer.
    Er rang den einen Arm empor und richtete den Lauf der Pistole über die Achsel hinweg auf Frieder; dieser riß den drohenden Arm zurück. Der Schuß krachte, die Kugel flog hart an dem Gesicht des Waldschwarzen vorüber, und der Blitz des Pulvers zuckte ihm in die Augen.
    Einen fürchterlichen Schmerzensschrei ausstoßend, vereinigte der Feldbauer seine ganzen Kräfte zu einem gewaltigen Ruck. Der Hagere faßte in diesem Augenblick nach Frieder; dieser mußte sich gegen ihn wenden; der Feldbauer kam frei und stürzte sich, halbgeblendet, mitten unter die Gegner. Der gewaltige Anprall warf diese auseinander; er erreichte die offenstehende Wand und schnellte den Stollen entlang dem Brunnen zu. Frieder erhob die Faust.

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