Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
unter Polizeiaufsicht. Es ist ihm verboten, in einer Stadt zu wohnen. Darum wohnt er in Radebeul.
    Ich bin ein großes forensisches Talent. Wenn ich anfange zu sprechen, sind die Richter alle mein!
    Wenn man in einem Prozeß steckt und man schreibt eine solche Broschüre, das wirkt ungeheuer bei den Richtern!
    Die Frau May hat mich mit Tränen in den Augen um Gnade für ihren Mann gebeten.
    May muß durch die Broschüre totgemacht werden. Alles übrige ist Beiwerk, um den wahren Zweck zu verschleiern!
    Die Folge von diesen und ähnlichen sonderbaren Expektorationen war, daß Kahl beschloß, sich von dieser Sache zurückzuziehen. Er verbot Lebius, etwas von ihm zu drucken oder gar etwa seinen Namen für diese Broschüre zu mißbrauchen. Er richtete ganz dasselbe Verbot auch an den Verleger. Er glaubte, damit ganz sicher aus diesem Sumpf wieder herausgestiegen zu sein. Aber er kannte Lebius und dessen Unverfrorenheit noch nicht. Die Broschüre erschien, und zwar genau am ersten April.
    Ihr Titel war:
    Karl May,
ein Verderber der deutschen Jugend
von
F.W. Kahl – Basel
    Kahl erfuhr erst durch eine Schweizer Zeitung, daß die Broschüre doch noch erschienen sei, und zwar unter seinem Namen. Er tat sofort die geeigneten Schritte. Der von Lebius gefürchtete Termin, an dem ich als Zeuge vernommen werden sollte, hat nicht stattgefunden. Ob er den Herren Richtern die Broschüre dennoch vorgelegt hat oder nicht, ist mir unbekannt. Aber an die Zeitungen versandt hat er sie schleunigst, und zwar mit Waschzetteln, Begleitworten usw. von deren verleumderischer Natur man eine Ahnung bekommt, wenn man nur folgende Zeilen liest, die er an die ‚Neue Züricher Zeitung‘ schickte:
    „Herr May hat sich an mir dadurch gerächt, daß er durch Verleumdungen meine wirtschaftliche Stellung untergrub und mich in den Bankrott trieb. Sobald ich in einer andern Stadt festen Fuß gefaßt hatte, erschien er wieder auf der Bildfläche, um dasselbe Manöver zu wiederholen. Dabei liebt er es, bevor er zu einem neuen Schlag gegen mich ausholt, mich jeweils in meiner Wohnung aufzusuchen und mit tränenden Augen um Frieden zu bitten.“
    Über den Inhalt dieser Broschüre habe ich hier nicht zu sprechen. Ganz selbstverständlich waren meine Vorstrafen aufgezählt und auch noch etwas mehr dazu. Das schickte er in alle Welt hinaus, um mich nach Münchmeyerschem Rezept ‚kaputt‘ zu machen. Ich erlangte eine einstweilige Verfügung gegen sie. Sie durfte nicht weitergedruckt und weiterverarbeitet werden. Und ich erhob Privatanklage wegen Beleidigung gegen ihn. Diese Privatklage konnte nicht zur Verhandlung kommen, weil mein Rechtsanwalt alle meine Beweise, und deren waren weit über hundert, verloren hatte. Sie fanden sich erst dann, als es zu spät war, bei ihm wieder. Ich war also gezwungen, auf die Vergleichsvorschläge, welche der Vorsitzende machte, einzugehen. Lebius nahm alle seine Anwürfe gegen mich, materielle wie formelle, zurück, drückte sein Bedauern aus, mich angegriffen zu haben, und versprach, mich von nun an in Ruhe zu lassen. Das tat er durch seine Unterschrift. Es war mir unmöglich, einem solchen, vor Gericht gegebenen Versprechen nicht zu glauben. Und doch war es eine Untreue und Gewissenlosigkeit sondergleichen, daß er mir dieses Versprechen gab, denn er konnte es mir nicht anders geben, als in der Absicht, es nicht zu halten. Er hatte sich nämlich mit meiner geschiedenen Frau in Verbindung gesetzt. Sie fühlte, wie meist alle geschiedenen Frauen, eine unverständige Schärfe gegen ihren geschiedenen Mann; die trachtete er für sich auszunutzen. Er suchte sie in Weimar auf, wo sie wohnte. Sie lebte da ruhig und zufrieden von einer Rente von 3.000 Mark, die ich ihr gab, obgleich ich ihr nichts zu geben brauchte, weil sie die Alleinschuldige war. Auch hatte ich sie in jeder Weise reichlich ausgestattet. Da kam dieser Mann zu ihr und entlockte ihr alle ihre Selbsterbitterung, um daraus mit Hilfe seiner eigenen Hinzufügungen und Verdrehungen einen Strick für mich zu fertigen. Er versprach ihr ebenso heilig und teuer, wie damals mir, daß nichts, gar nichts veröffentlicht werde, ging aber sofort hin und schrieb für seinen ‚Bund‘ vom 28. März 1909 einen Aufsatz unter der Überschrift ‚Ein spiritistisches Schreibmedium als Hauptzeuge der ‚Vorwärts‘-Redaktion‘. Mit diesen angeblichen Schreibmedium war meine jetzige Frau gemeint.
    Es ist ein geradezu unglaublicher Schmutz, der da über mich und meine jetzige Frau

Weitere Kostenlose Bücher