760 Minuten Angst
fertig.
Geschwächt ließ er sich zurück in den Stuhl fallen und die Situation zusammen mit den Spielern sacken. Er hatte alles gesagt. Nun blieben allein die dritte Prüfung und das große Finale.
»Dann war‘s das also?«, fragte Jake fast gleichgültig. »Ich meine, okay, laut deiner Aussage haben wir deine Freundin umgebracht und nun müssen wir durch die Hölle, um die zu retten, die uns am Wichtigsten sind, aber was ändert das? Was bringt dir dieses kranke Spiel?«
»Vergeltung«, antwortete Constantin ehrlich. »Nicht mehr, nicht weniger. Linda ist tot und daran wird sich nichts ändern, so verrückt bin ich nun auch wieder nicht, aber nichtsdestotrotz kann ich nicht weitermachen, ohne euch in etwa den gleichen Schmerz zu Teil werden zu lassen wie ihr mir.
Ich brauchte fast ein halbes Jahr, bis ich wieder so etwas wie ein Leben begann. Doch schnell begriff ich, dass ich bereits tot war, innerlich. Ich konnte nicht mehr zurück. Vor allem, nachdem ich erfahren habe, dass ihr Linda hättet retten können. Und was habt ihr als Strafe dafür bekommen? Nichts … rein gar nichts. Ich verstand die Welt nicht mehr, nein, sie war mir gleichgültig. Es gab nur noch euch … und mich.«
»Und dann hast du die Schnitzeljagd geplant?«, wollte Jake wissen.
»Nein, natürlich nicht. Sie kam viel später. Zuerst wollte ich euch nur töten, aber dafür musste ich euer Leben studieren. Ich durfte ja nicht gefasst werden, bis ich nicht alle von euch umgebracht habe. Doch je länger ich euch beobachtet habe, je mehr ich über euer Leben herausfand, desto mehr verstand ich, dass auch ihr etwas habt, dass ihr nicht verlieren wollt.
So entstand die Schnitzeljagd und heute, nach genau zwei Jahren, fand sie ihren Anfang.«
»Du hast schon einmal von fünf gesprochen. Doch wo sind die anderen?«
»Tot«, antwortete Constantin gefühllos. »Sie haben es nicht bis zur dritten Prüfung geschafft. Das ist alles.«
»Und was passiert mit uns?«
»Ich werde euch nun eure Liebsten zeigen und dann werde ich euch die Regeln der dritten und letzten Prüfung mitteilen. Der Sieger erhält den Preis. So einfach ist das.«
»So einfach ist das«, wiederholte Rick sarkastisch. »Du bist einfach nur verrückt. Nichts weiter. Und egal wie viel du noch erzählst und wie sehr du noch über deine beschissene Vergangenheit jammerst, es wird nichts daran ändern, dass wir eben keine Mörder sind. Du allein bist es, der Menschen umbringt. Du allein!«
»Ich habe nie behauptet, dass ich stolz darauf bin, was aus mir geworden ist. Doch ich bin, was ihr aus mir gemacht habt. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
Constantin machte eine kurze Verschnaufpause.
»Dann lasst uns fortfahren.«
Erneut drückte er einen Knopf auf der Fernbedienung und der Bildschirm färbte sich schwarz, ehe eine neue Übertragung eingeblendet wurde.
Die Spieler betrachteten einen Raum von schräg oben, der sehr viel Ähnlichkeit mit ihrem hatte. Auch dort befanden sich Sofas, drei an der Zahl und ein niedriger Tisch. Sie waren als U angeordnet und so aufgestellt, dass sie eine gute Sicht auf die Personen hatten, die auf den Möbelstücken lagen. Jeder der Spieler erkannte eine Person auf Anhieb.
Links lag Barbara, Stellas Großmutter und größte Bezugsperson. In der Mitte hatte sich Mira in eine Fötushaltung zusammengezogen. Jake hätte seine Tochter am liebsten in die Arme geschlossen und nie wieder losgelassen. Auf dem letzten, rechten Sofa lag Karoline, Ricks Nichte und auf ihrem Bauch Klara, seine geliebte Perserkatze.
»Betty …«, schluchzte Stella unter den unzähligen Bandagen ihres Gesichts und auch Jake kämpfte mit den Tränen.
Allein Rick gab sich der Wut hin und stürmte auf den Fernseher zu. Er packte ihn an beiden schmalen Enden und schüttelte ihn, als könnte er damit die Personen aus dem Bildschirm in ihr Zimmer fallen lassen. Erst dann fing er an zu fluchen und zu schreien.
»Verdammtes Arschloch! Wichser! Hurensohn! Reicht es dir noch nicht, dass du mir Rocko genommen hast?! Jetzt hast du auch noch meine Nichte entführt?! Was hat bitteschön Karo mit all dem Scheiß zu tun?!«
»Nichts«, antwortete Constantin, der wieder auf dem Bildschirm erschien, als wäre nichts geschehen. »Sie hat nur das Glück, von dir über alles geliebt zu werden. Das ist alles.«
»Du und deine merkwürdige Art von Glück. Ich scheiß auf dich!«
»Wenn es dich beruhigt. Ändern wird es nichts, das weißt du ganz genau. Es gibt nur einen Ausweg.«
»Die
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